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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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scheiße, wenn man darüber nachdenkt, was man am besten sagt. Das hilft dem anderen doch am wenigsten. Entweder ist es echt oder drauf geschissen», entgegnet Miriam.
    «Lass uns doch bitte bei der nächsten Raststätte mal rausfahren, sonst hat Berlusconi auch gleich wo draufgeschissen», sage ich mit Blick auf die Rückbank etwas bemüht scherzend.
    «Wie kann man seinen Köter nur Berlusconi nennen? Total krank», sagt Miriam, während sie von der linken Spur direkt in die Raststätteneinfahrt brettert.
    «Putin gefiel Franziska halt nicht», bemerke ich und kralle mich wieder mit den Fingern in die Seitentür.
    Dass Autobahnraststätten heute nicht mehr bloß Tankstellen mit Bratwurst und Klo sind, sondern sich zu topmodernen Erlebnisparks für die ganze Familie gemausert haben, wird mir wieder einmal klar, als ich mit zittrigen Beinen aus Miriams Auto steige und meinen Blick auf die Raststättenwohlfühloase werfe.
    Italienische Espressobars und Burger Kings schlummern neben Kinderhüpfburgen und Spielcasinos. Selbstbedienungsrestaurants, Spielwarenkaufhäuser und Drogerien fristen ihr Dasein neben klobrillenselbstreinigenden Toiletten mit Prostata-Tabletten-Werbung an den Wänden. Ich bin sicher, in spätestens zehn Jahren wird man an Raststätten von Animateuren begrüßt werden, vor den Toiletten werden Bands spielen oder Hip-Hopper rappen, der Klomann wird die Pippi-Gäste mit Stand-up-Comedy-Programmen bespaßen, und der Fernfahrerduschbereich wird zur Saunalandschaft umgebaut. Ganze Familien werden ihren kompletten Sommerurlaub auf Autobahnraststätten verbringen, stelle ich mir vor, während ich Berlusconi seine Geschäfte verrichten lasse und mir selber eine Zigarette anzünde
    «Entschuldigen Sie, aber könnten Sie bitte das Rauchen sein lassen?», spricht mich eine Dame höheren Alters an.
    «Warum, bitte?», frage ich höflich nach. «Wir sind doch draußen, und hier ist ja wohl noch Rauchen gestattet, oder?»
    «Ja, aber mein Hund raucht passiv mit.»
     
    Ihr Hund raucht passiv mit. Zuerst halte ich die Bemerkung dieser ihrem Liebling unvorteilhaft ähnlich sehenden Pudelhalterin für einen Scherz. Doch ich täusche mich. Sie meint es ernst. Ihr Hündchen habe Asthma. Aha.
    So werfe ich meine Zigarette direkt neben Berlusconis Scheißhaufen auf den Raststättenhundeklogrünstreifen und trete drauf. Auf die Zigarette.
    Miriam rutscht auf dem Spielplatz im Restschnee die Kinderrutsche runter, und Laurin findet das außerordentlich lustig. Es weht ein eisiger Wind, und doch wird mir seit langem wieder einmal ein klein wenig warm ums Herz.
     
    Am frühen Abend erreichen wir das oberpfälzische Regensburg. Mit dem unvermeidlichen «Grüß Gott» werden wir an der Rezeption des Altstadthotels «Münchner Hof» von zwei feschen netten Damen in Tracht empfangen. Ich spüre, dass sie Miriam für meine Tochter halten, und bin gekränkt. Miriam erhält den Schlüssel für ein Einzelzimmer, Laurin, Berlusconi und ich beziehen ein Doppelzimmer.
    Auf dem Präsidium hatte es gestern mit Onkel Ludwig Körber ein wenig Ärger gegeben. Er hätte es lieber gesehen, wenn ich alleine zu dem Gespräch mit Herr Bärt nach Regensburg gefahren wäre und Miriam den Teichner im Büro unterstützt hätte. Ich aber tat so etwas Ähnliches wie mich durchsetzen und faselte davon, dass es für Miriam doch eine wichtige Schulung sei, diesem Gespräch beizuwohnen. Schließlich sei dies ja auch bisher die einzige Spur. Dass Köter und Kind auch mit von der Partie sein und das Ganze wie einen netten Kurzurlaub aussehen lassen würden, habe ich verschwiegen.
    Wäre mein Leben nur so klar und rein wie dieses Hotelzimmer, denke ich, als ich mit Kind und Hund dasselbige betrete. Wenn etwas in Unordnung gerät, kommt der Zimmerservice und regelt das. Laurin zeigt sich begeistert vom rustikal-spießigen Doppelbett und springt so lange darauf herum, bis zwei Lattenroste aus der Fassung geraten. Ich behalte dieselbige, lasse Laurin mit dem Fernseher und der Fernbedienung alleine und gehe mit Berlusconi zur Begrüßung die historische Altstadt bepinkeln.
     
    Ich habe das Gefühl, ich kenne diese Scherze alle. Witzig fand ich sie nie. Es kommt mir vor, als hätte ich sie in den letzten Jahren immer und immer wieder gehört. Und je öfter ich sie höre, desto schlechter werden sie. Die knapp tausend Zuschauer um mich herum kennen diese Witze auch alle. Sie aber finden sie sehr wohl spaßig und wollen sie immer wieder hören. Immer und immer

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