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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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peinlich und egal. Miriam lächelt wieder. In meine Richtung. Ich werde ein bisschen nervös und schaue woandershin.
    «Henning», sagt sie dann. «Ich bewundere das.»
    «Was?», frage ich.
    «Wie du so entspannt mit Laurin umgehst.»
    «Was? Ich?»
    «Ja, du machst nicht so’n Gedöns drum. Lässt ihn hier rumrennen, Erdnüsse klauen und nörgelst nicht ständig wie andere Eltern an ihm rum. Ich find das cool.»
    Für einen kurzen Moment frage ich mich, ob das ironisch zu verstehen war, stelle dann aber fest, dass sie es durchaus ernst meint, und sage dann so lässig wie möglich:
    «Ist halt eher so mein Erziehungsstyle. Muss halt jeder für sich wissen, wie er das …»
    «Ist das Ihr Sohn?», höre ich plötzlich eine schrille Damenstimme drei Tische weiter entfernt rufen.
    «Ja», sage ich. «Wieso?»
    «Er hat mir gerade meinen Keks von der Cappuccinotasse geklaut.»
    In diesem Moment betritt Herr Bärt die Hotelbar.
    «Servus zusamme», knödelt er viel zu laut in den Raum. «So, da simmer. Macht ihr mir mal ein kühles Blondes fertisch», ruft er dann in Richtung Bar.
    Begleitet wird er von einer überschminkten jungen Dame, die nach uns Ausschau hält. Herr Bärt stellt sie wenig später als «Mei Meedsche, wo uff misch uffpasse tut» vor. Für welche Aufgaben sie konkret zuständig ist, erfahre ich nicht, und ich möchte es auch nicht wissen. Herr Bärt trägt Bierbauch mit buntem Hemd, eine silberne Brille im Carrerastil. Seine Resthaupthaare hat er konsequent von links nach rechts quer über den geröteten Schädel gepappt. Die Gesichtshaut ist rissig, fettig und von diversen Solariumsbesuchen angebräunt. Seine porös anmutende Nase erzählt Geschichten, die keiner hören will, von viel zu viel getrunkenen Bieren.
    «Ei guggemado, des klaane Bröhmännsche», sagt Herr Bärt, nachdem ich mich mit Namen und Dienstgrad vorgestellt habe.
    «Mensch, disch tu isch ja noch kenne, als du noch so warst», sagt Herr Bärt und hält seine Hand auf Höhe seines Hüftspecks.
    Oh Gott, daran hatte ich nicht gedacht. Das habe ich nicht in Erwägung gezogen, dass so etwas passieren kann.
    Herr Bärt kennt mich also. Mein Vater war von 1970 bis 1988 Vorsitzender des Rudingshainer Karnevalvereins. Zu dieser Zeit trieb Herr Bärt auch schon in Schotten sein närrisches Unwesen. Rudingshain ist ein Schottener Vorort, wenn man so will. Da kennt man sich in der Szene. Da sieht man sich auf Umzügen oder Sitzungen. Und da ich meine unschuldigen Kindesjahre mitunter im Musikcorps oder in ähnlich unschönen Institutionen verbracht habe, bin ich als Sohn meines Vaters für Herr Bärt natürlich ein Begriff.
    «Und jetzt ist der Bub aach bei de Bullerei … Unn, wann wirst du de Präsi?»
    Ich bin unsicher, ob er nun den Karnevalsverein oder die Osthessische Polizei meint. Eins aber weiß ich: dass ich vermutlich für das anstehende Verhör in meiner Funktion als Hauptkommissar ein verdammtes Autoritätsproblem haben könnte. Ich fühle mich, als wäre ich elf.
    Während ich nach Worten suche, hat Herr Bärt bereits sein erstes Bier geleert. Er hebt das leere Glas mit Blick zur Bar in die Höhe und zeigt mit dem Zeigefinger der anderen Hand auf das selbige. Seine Begleitung fürchtet offenbar, dass die Dame an der Bar dieses Zeichen nicht als Bestellung eines neuen Bieres interpretiert haben könnte. Sie übernimmt daraufhin selbst für Herr Bärt die Bestellung, indem sie zur Bar stöckelt und die Order dort noch einmal verbal erteilt. Das also scheint eine ihrer Aufgaben zu sein. Für Bier zu sorgen. Ich frage mich, ob sie auch fürs Fummeln zuständig ist. Vermutlich nein, denn sie ist kein Pummel. Glücklicherweise greift nun meine Kollegin Miriam Meisler ins Geschehen ein.
    «So, Herr … äh … Herr Bärt …, wir haben nun fast eine Stunde auf Sie gewartet und möchten nun jetzt unsere Fragen an Sie stellen. Soll Ihre Begleitung mithören, oder ist es Ihnen lieber, wenn sie nicht dabei ist?»
    «Na, schau mal einer gugg», erwidert Herr Bärt sinnfrei und ohne Miriams Frage zu beantworten.
    «Respekt, mein Fräulein, Sie tun ja rischtisch forsch zu Werke gehe.»
    Miriam lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Meine Augen suchen Laurin und finden ihn in der Nähe der Rezeption.
    «Sie wissen, warum wir hier sind und über was wir mit Ihnen sprechen wollen?», fährt Miriam zügig fort. Die Sorge ist groß, dass Herr Bärt auch gleich das zweite Halbliterbierglas weggesoffen hat.
    «Isch weiß nur, dass da in Nidda

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