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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faber Dietrich
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vorsichtig.
    «Keine Ahnung. Zwei Stunden?»
    Dann giggelt sie und geht ins Wohnzimmer, in dem sich Laurin via Fernsehen von hysterischen Zeichentrickserien nervös machen lässt. Er ist zwar erst fünf, findet die «Kinder von Bullerbü», die ich für ihn auf DVD gekauft habe, aber trotzdem langweilig. Ich folge Melina ins Wohnzimmer, stelle mich seitlich neben den Fernseher und verkünde in euphorischem Tonfall:
    «Hey, Kinder. Nun wird alles besser. Ich habe jetzt wieder mehr Zeit für euch.»
    Ich weiß nicht, welche Reaktion ich genau erhofft hatte. Ich ernte jedenfalls gar keine. Laurin befindet sich mit starren Augen und offenem Mund in Super-RTL-Trance, die bezweifeln lässt, dass er momentan eine Atombombenexplosion beim Nachbarn wahrnähme, und Melina macht «Hmm».
    Ich versuche es trotzdem weiter: «Tja, ihr Lieben, euer Vater hat den Mordfall gelöst, nun ist der Stress erst mal vorbei, und ich werde mehr zu Hause sein können. Super, ne?»
    Wieder schwappt mir nicht unbedingt eine Welle der Begeisterung entgegen. Stattdessen verzieht meine Tochter leicht mürrisch das Gesicht und murmelt: «Echt?»
    «Ja … echt», sage ich, zwänge mich mit der linken Arschbacke auf die neben den herumlümmelnden Kinder verbliebene Sofaecke und schaue mit ihnen an, wie Johannes B. Kerner mit seiner sportlichen Frau im Werbefernsehen Fahrrad fährt und von gesunder Wurst erzählt.
    Nach ein paar Minuten erwäge ich die Frage, ob wir nicht einmal ein Spiel spielen wollen, so wie früher. Da ich mir allerdings die Antwort ausmalen kann und mir zudem einfällt, dass ich Gesellschaftsspiele hasse, lasse ich es. Stattdessen hole ich Cola, Schokolade und Chips. Da beginnt auch Laurin sich wieder aus seiner Fernsehstarre herauszubewegen. Ich bin erleichtert, dass er lebt.
    Irgendwann nuschelt Melina, ohne mich anzusehen, in den Raum:
    «Werwarsn?»
    «Was?»
    «Ei, wer’s wahar?»
    «Ach so. Es war der Sohn. Er hat seinen Vater erschlagen und sich gestern deswegen umgebracht.»
    «Waruuum?», schaltet sich plötzlich Laurin ein. Ich mache den Fernseher leiser und antworte: «Weil es ihm dann wohl doch leidtat, was er da gemacht hat. Und mit so viel Schuldgefühlen wollte er nicht weiterleben.»
    «Hat er sich in den Kopf geschossen?», hakt mein Sohn nach, hält sich dabei einen Korkenzieher an die Schläfe, macht «Bommm» und schmeißt sich vom Sofa.
    «Nein, er hat Gift getrunken.»
    «Krass», sagt Melina. «Und warum hat er seinen Vater umgebracht?»
    Gute Frage.
    «So genau wissen wir das auch nicht. Er muss seinen Vater sehr gehasst haben. Vermutlich hat er sehr unter ihm gelitten. Schon als Kind.»
    «Krass», sagt Melina wieder.
    «Mamawiedalauta», kommt es aus Laurins Ecke.
    Ich merke plötzlich, wie sehr mir der Anblick des toten jungen Drossmann in den Kleidern hängt. Wie er so dasaß, mit verzerrtem Gesicht und mit Kopf auf dem Küchentisch. Ich muss an den Zettel denken, der neben ihm lag. Die Worte haben sich mir eingebrannt:
    «Mein Vater hat es verdient und ich auch.»
    Mehr nicht. Was für eine Tragik. Pflanzenschutzmittel mit Bier. Prost!
    Und doch ist es eine Befreiung, dass der Fall sich so aufgeklärt hat. Natürlich wird noch überprüft, ob es tatsächlich ein Selbstmord war. Alles deutete am Tatort darauf hin. Es gab keine Einbruchsspuren, keine Anzeichen von Gewalt an Drossmanns Körper. Ich gebe zu, natürlich hoffe ich sehr, dass es so bleibt. Dass weder die Spusi, wie wir Profis sagen, also die Spurensicherung, noch die Gerichtsmedizin irgendetwas findet, das einen Selbstmord zweifelhaft macht. Ich verdränge die immer wieder aufkeimenden Gedanken, warum wohl Frank Drossmann unbedingt herausbekommen wollte, was sein Vater mit Herr Bärt zu tun hatte. Und eigentlich ist auch gar nicht erwiesen, ob der Junior überhaupt auf dem Umzug war. Und wenn ja, warum erschlägt er ihn dann bei so einer Veranstaltung? Da kann es doch nur einen Streit gegeben haben. Das kann nicht geplant gewesen sein. Es muss aus dem Affekt heraus passiert sein. Hmm. Wie dem auch sei, ich will, dass es Selbstmord war. So bitter das alles ist.
    Dann ist immer noch völlig unklar, wo sich Klaus Drossmanns Videokamera befindet. Wir haben sie nicht gefunden. Frank Drossmann hat sie auch gesucht, sagte er jedenfalls. Und nicht nur das, er hat nach mehr gesucht. Er hat Computer, Videos und Akten aus dem Probenraum seines Vaters mitgehen lassen. Vermutlich hat er Hinweise auf sein Mordmotiv vernichtet.
    Ich bin mir eigentlich

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