Toter geht's nicht
Schild an der Wand: «Kein Schweiß aufs Holz.»
Ich höre Markus zu Herr Bärt flüstern: «Wir hatten einen Termin bei Ihnen zu Hause und haben Sie dort nicht angetroffen. Freundlicherweise hat Ihre Putzfrau uns informiert, dass Sie hier sind.»
«Und jetzt wollt ihr Bursche hier in der Sauna de Molli mache, oder was?», entgegnet Herr Bärt.
«Aber nicht doch. Wir haben nur ein paar Fragen, die können wir aber gerne gleich …»
«Psssst», kommt von hinten.
«Wir können uns gleich gerne an der Saunabar unterhalten. Es wäre toll, wenn Sie uns weiterhelfen könnten», schleimt Markus flüsternd weiter.
«Kerle Kerle, ihr seid mir ’n paar Spezialiste», stöhnt der Schlagerstar. Ich atme tief durch und bemühe mich, mich bei neunzig Grad nicht allzu sehr aufzuregen.
«Bissi kurz, dein Handtuch, hä?», sagt er dann zu mir, lacht kurz auf und rammt mir dabei seine gleichermaßen verschwitzte wie behaarte Schulter in die Seite.
«So mache mer’s», nuschelt er dann zu Markus. «In zehn Minute an der Bar, geht in Ordnung.»
Herr Bärt haucht darauf ein lautes, stöhnendes, lustvolles «Hohhhh» in die Sauna. Ein schmatzendes Geräusch erklingt, als er mit den Händen den Schweiß auf seinem Bauch verteilt und zerreibt. Danach schüttelt er laut ausatmend seine Hände aus. Das meiste geht auf sein Handtuch, ein bisschen trifft mich. Ich schnappe mein Minihandtuch und flüchte, indem ich über einen ganzkörperrasierten, tätowierten Bodybuilder steige, aus der Sauna. Markus Meirich feixt mir hinterher.
Mit dem zu kleinen Handtuch um die Hüften renne ich ungeduscht wieder zurück in den Schwimmbereich, wo ich Ausschau nach den Jungs halte. Ich sehe sie durch eine Wassergymnastikgruppe tauchen. Ertrinken werden sie schon nicht, versuche ich mich zu beruhigen, als mir mit einem Mal schwarz vor Augen wird. Meine Beine werden zu Gummi, ich suche nach Halt und greife torkelnd in die künstliche Hüfte einer alten, einer sehr alten Dame. Ich falle zu Boden, kann mich aber gerade noch so abstützen, dass ich mich beim Sturz nicht verletze, und verliere dann für kurze Zeit Bewusstsein und Handtuch.
Für einen Moment muss ich im Nichttextilfrei-Bereich textilfrei auf dem Boden gelegen haben, denke ich, als ich wieder zu mir komme, ein riesiges geblümtes halbnasses Badehandtuch auf mir liegen sehe und pubertierende Jugendliche kichern höre. Ich blicke um mich herum in drei, vier besorgte Gesichter, die mir Sachen sagen wie: «Trinken, Sie müssen trinken.» Das tu ich und stelle fest, dass meine Haut noch dampft. Ich hätte mich nach dem Saunagang wohl besser kalt abduschen sollen, bevor ich eine Treppe herunterrenne. Mit jedem Schluck Wasser lässt der Schwindel glücklicherweise nach. Laurin und Lucas haben meine Schwächephase nicht bemerkt und vergnügen sich nun im Kinderbecken, wo sie einjährigen Mädchen Wasserbälle wegnehmen.
Ich stehe langsam auf, finde mein eigenes am Boden liegendes Handtuch wieder, tausche es mit dem fremden aus und gebe es der Besitzerin dankend zurück. Dann stelle ich mich unter eine kalte Dusche und lasse meine Körpertemperatur in Regionen zurückkehren, die es für mich angenehmer machen weiterzuleben. Mit langsamen Schritten bewege ich mich zurück in den Saunabereich. Dort finde ich meinen geliehenen Bademantel wieder, ziehe ihn über und suche die Bar auf, an der ich bereits Markus Meirich und Herr Bärt sitzen sehe.
«Ach, da bist du ja», begrüßt mich Markus. «Alles klar? Du bist ja ganz blass …»
«Geht schon», nuschle ich und setze mich mit an den kleinen runden Tisch.
Herr Bärt hat, wie soll es auch anders sein, ein riesiges Weizenbier vor sich stehen und sitzt in seinem Bademantel so breitbeinig da, dass ich unfreiwillig das sehen muss, was ich in diesem Moment und in allen anderen Momenten meines Lebens überhaupt gar nicht sehen will.
Markus scheint seiner Einschleimtaktik treu geblieben zu sein.
«Ich glaube Ihnen das natürlich, dass Sie den Fummel-Song allein geschrieben haben», sagt er. «Trotzdem muss es ihn schon zu der Zeit gegeben haben, als Sie mit Klaus Drossmann im Duo spielten.»
«Isch hab vorneweg über de große Zehennagel gepeilt tausend Songs geschribbe. Isch weiß, dass mein Hit schon ein paar Jahre bei mir in der Schublade laach. Aber im Zusammehang mit dem Drossmannklaus hätte ich den net gebracht», sagt Herr Bärt. Er nimmt einen großen Schluck und rülpst in sich hinein. Danach monologisiert er drei bis vier Minuten über
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