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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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Küstenwachen-Rettungsgürtel und ein Besen. Wir schnappten uns die Dinge, die uns nützlich erschienen und in Reichweite waren, den Rest ließen wir treiben. Nachdem wir den Besen geborgen hatten, schraubte Malik den langen Stiel ab und zog Mitchs Bajonett hervor. Das grüne Licht des Leuchtstabs schimmerte auf der gezahnten Klinge. Beim Anblick der Waffe musste ich an Mitch denken. Ich spürte einen Kloß in der Kehle. Aber ich konnte ihn später noch betrauern, falls es ein Später gab.
    »Meine Güte«, stöhnte der Chief. »Es ist lange her, dass ich so rudern musste. Ziemlich anstrengend.«
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte ich.
    Er nickte, aber mir fiel auf, dass er langsamer wurde. Meine Gelenke taten langsam auch weh. Der Sturm schleuderte uns hin und her, und jedes Mal, wenn wir ein Stück vorankamen, zwangen uns die Wellen wieder zurück.
    »Sind wir bald da?«, fragte Tasha den Chief.
    Er kicherte. »Klingt wie bei einem Familienausflug, nicht wahr? Als der ganze Ärger angefangen hat, habe ich unsere Geschwindigkeit erhöht, Tasha. Solange wir nicht noch auf weitere Hindernisse stoßen und der Sturm nicht schlimmer wird, sollten wir vor Sonnenaufgang da sein.«
    Niemand von uns antwortete. Sonnenaufgang. Das war noch eine Ewigkeit.

    Malik fing an, ein Ende des Besenstiels anzuspitzen und ihn so in einen improvisierten Speer zu verwandeln. Er sprach nicht, sondern konzentrierte sich völlig auf diese Arbeit. Ich beobachtete ihn mit stiller Bewunderung. Es war kein Wunder, dass dieses Kind so lange überlebt hatte. Er hatte eine Menge Mut. Ich war zwar nicht sein Vater, aber trotzdem extrem stolz auf ihn. Ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung – sie lag erst ein paar Tage zurück, aber mir kam es vor wie ein ganzes Leben. Ich bin kein Penner, hatte Malik gesagt, während er mich abschätzend gemustert hatte. Ich bin Hardcore, Mann. Versuch irgendwelchen Mist mit meiner Schwester, und ich mische dich auf. Damals hatte ich darüber gelacht, trotz der Entschlossenheit und Wildheit in seiner Stimme. Jetzt hatte ich keine Zweifel mehr, dass er seine Drohung wahrgemacht hätte. Malik war ein Kind dieser neuen Welt – der perfekte Erbe. Er hatte einen untrüglichen Überlebensinstinkt. Er fragte nicht nach dem Warum. Er handelte einfach.
    In einer der Kisten, die wir geborgen hatten, waren Orangen – ein Rest von unserem unglücklichen Raubzug in der Rettungsstation. Sie waren noch ganz frisch gewesen und in einem Kühlraum gelagert worden und auch während der Zeit auf der Spratling nicht verdorben. Carol verteilte sie. Runkle lehnte mit einem Grunzen ab. In einer anderen Kiste befanden sich Broschüren für die maritime Museumstour auf der Spratling. Chief Maxey nahm mit ernster Miene eine der Broschüren, faltete sie und
steckte sie sich in die Tasche. Dann warf er den Rest über Bord. Alle paar Minuten schaute er zurück auf die Stelle, wo die Sprailing gewesen war, und seufzte, doch das Schiff war verschwunden. Die Wasseroberfläche hatte sich wieder geschlossen und war bis auf den schweren Seegang unberührt. Keine platzenden Blasen oder Strudel mehr. Selbst die Ölfeuer waren durch die Strömung aufgelöst worden. Ohne den Schein der Feuer schien die Dunkelheit immer näher zu rücken, als wollte sie das Rettungsboot verschlingen.
    »Mir ist kalt«, jammerte Tasha. Ihre Zähne klapperten.
    »Wir frieren alle, Liebes«, erwiderte Carol und zog sie enger an sich.
    Malik stach mit seinem Speer in die Luft und schien mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Er legte ihn ab und schälte seine Orange.
    Der Wind heulte, während wir weiter durch die Nacht fuhren. Er schnitt wie Rasierklingen in die Haut. Immer wieder brachen Wellen über das Boot herein. Ich konzentrierte mich aufs Rudern. Meine Schultern und Brustmuskeln begannen zu schmerzen. Chief Maxey hatte offensichtlich ebenfalls Probleme. Er begann zu keuchen, und ich sah, wie er darum kämpfte, sein Ruder aus dem Wasser zu heben. Immer wieder rieb er sich über die Brustmuskeln und zuckte schmerzerfüllt zusammen.
    »Hey, Runkle«, sagte ich schließlich. »Wie wäre es, wenn Sie den Chief für eine Weile ablösen?«

    Runkle antwortete nicht, regte sich nicht. Er saß einfach nur zusammengesunken da.
    »Hey, Runkle! Aufwachen, Mann.«
    »Ist schon okay«, sagte Chief Maxey. »Mir geht es gut. Das ist nur die Arthritis, nicht der Rede wert.«
    »Aber es gibt doch keinen Grund, warum nicht Sie eine Weile Wache schieben und er stattdessen

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