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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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versucht, einigen von ihnen zu schreiben und auch Antworten bekommen – hin und wieder eine Weihnachtskarte oder Fotos ihrer Kinder. Aber im Laufe der Jahre haben wir alle den Kontakt verloren. Wahrscheinlich wussten wir nicht mehr, worüber wir reden sollten. Anscheinend haben wir nie etwas anderes getan, als Erinnerungen an die alten Tage auszutauschen. Als das Schifffahrtsmuseum mich als Kurator und Tourguide einstellte, hatte ich viel Zeit, an sie zu denken. Auf diesem Schiff hat es gespukt. Ich habe an jeder Ecke Geister gesehen.«
    »Geister?«, hakte Malik nach und setzte sich wieder.
    Chief Maxey wischte sich die Augen. »Keine richtigen Geister, Malik. Nicht die von der gruseligen Sorte.
Eher Geister, die in meiner Erinnerung existierten. Niemand kannte dieses Schiff besser als ich. Wir waren jeder ein Teil des anderen. Aber als sie sie vor dem Schrottplatz retteten, hätte ich nie gedacht, dass es mal so enden würde. Nicht nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben. Ich hätte nie gedacht, dass sie einmal sterben würde.«
    »Sie müssen die positive Seite sehen«, sagte ich.
    »Und die wäre, Mr. Reed?«
    »Die Spratling ist vielleicht tot, aber wenigstens wird sie es auch bleiben. Sie muss nicht zurückkehren.«
    »Guter Punkt.«
    Er lenkte uns weiter durch den Sturm. Carol und die Kinder kuschelten sich unter einer Plastikplane aneinander, um möglichst warm zu bleiben. Ich rieb mir die müden Augen und versuchte, wachsam zu bleiben. Runkle sank auf seiner Bank zusammen und schloss die Augen.
    Über uns zuckten Blitze, begleitet von dröhnendem Donner. Unter den Wellen lauerte der Tod. Wir glitten in die Dunkelheit.

ZWÖLF
    S obald wir uns weit genug vom Wrack entfernt hatten, stellte der Chief den Motor ab. Er sagte, er wolle Sprit sparen, aber mir schien der wahre Grund darin zu liegen, dass das Geräusch des Motors Meeresräuber anlocken konnte. Hin und wieder piepste das GPS und verriet uns, dass wir auf dem richtigen Kurs waren.
    Es war eine furchtbare Nacht. Wir waren nass und durchgefroren. Erschöpft. Carol und die Kinder hockten immer noch unter der Plastikplane, klammerten sich aneinander und versuchten, warm zu bleiben. Ich lächelte ihnen zu und sagte, dass alles gut werden würde, sobald wir die Ölplattform erreichten. Sie antworteten nicht. Ich konnte ihnen keinen Vorwurf machen. Ich wusste, dass ich Scheiße redete, und sie wussten es auch. Sicher, vielleicht wäre auf der Plattform alles in Ordnung. Aber die Chancen standen gut, dass wir sie nie erreichen würden. Nicht mit einem Ozean voller toter Viecher.
    Der Chief öffnete irgendwann eine Kiste und holte ein Paar Plastikruder heraus. Er schraubte sie auf die Metallhalterungen und reichte mir eines. Er und ich ruderten, während Runkle Wache stand. Der ehemalige
Polizist sah noch schlimmer aus als wir anderen. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er zitterte unkontrolliert, trotz des schweren Mantels. Er sprach wenig, sondern saß einfach da und starrte aufs Wasser.
    Ich bemerkte, dass die Vorräte, die wir aus der Küche der Sprailing gerettet hatten, nass wurden, und schob sie zum Chief hinüber, damit er sie in der Kiste verstauen konnte. Am Boden der Staukiste fand er ein paar Leuchtstangen. Eine davon knickte er in der Mitte, und ein fluoreszierendes grünes Glühen breitete sich aus. Es leuchtete nicht besonders weit, aber ich glaube, wir fühlten uns alle dadurch besser. Das Licht drängte die Dunkelheit zurück, zumindest für eine Weile. Der Chief hatte Tasha Mitchs Gewehr abgenommen und es neben sich gelegt. Er legte eine Plane über die Waffe, um sie trockenzuhalten, und beschwerte die Plane mit ein paar Leuchtraketen. Ich stellte mein Gewehr neben mein Bein. Ich wusste nicht, ob der Regen ihm etwas anhaben konnte oder nicht, aber ich hatte keine Möglichkeit, es zu schützen. Der Chief hatte die letzte Plane für das andere Gewehr benutzt.
    Falls wir unter der Oberfläche von Zombie-Fischen verfolgt wurden, sahen wir sie nicht. Vielleicht war das Meer zu aufgewühlt. Alle paar Minuten brach eine Welle über uns und ließ zentimeterhoch Wasser im Boot zurück. Dann mussten die Kinder aus ihrer Höhle kriechen und mit den beiden Eimern, die der Chief in der Kiste gefunden hatte, abschöpfen. Hin und wieder schwamm Treibgut von der Sprailing vorbei,
das nicht in die Tiefe gezogen worden war und jetzt auf den Wellen tanzte. Holzkisten, ein Deckstuhl aus Aluminium, Sitzkissen, eine Matratze, ein

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