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Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
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der kurzen Zeit, die ich Malik und Tasha kannte, waren sie mir ans Herz gewachsen. Sie schienen gute Kinder zu sein. Mutig. Einfallsreich. Sie verdienten die Scheiße nicht, die das Leben ihnen zugespielt hatte. Sie verdienten Besseres. Zumindest eine Chance. Außerdem hatten sie mir das Leben gerettet. Diesen Gefallen sollte ich wohl erwidern.
    Ich meinte, was ich sagte. Ich würde eher sterben, als zuzulassen, dass die Toten sie an sich rissen. Doch mein Versprechen war auch eine Lüge, denn sobald ich tot wäre, gäbe es nichts mehr, was ich tun könnte,
um sie zu beschützen. Stattdessen würde ich Jagd auf sie machen, genau wie die anderen Zombies.
    Malik löste sich von mir und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. Einen Moment später trat Tasha ebenfalls zurück.
    »Wie viel Munition haben wir noch?«
    Resigniert zuckte ich mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Malik. Ich hab den Überblick verloren.«
    »Egal«, sagte er. »Ich hab ja noch meinen Schläger. Wenn sie kommen, mache ich sie nieder, während ihr zwei weglauft.«
    Grinsend stand ich auf.
    »Okay, Folgendes. Wir rennen auf die Straße raus und wenden uns nach rechts. Bleibt auf dem Bürgersteig und dicht zusammen. An der nächsten Kreuzung gehen wir links. So kommen wir zum alten Sylvan Learning Center. Ganz in der Nähe ist ein Hafenbecken – irgendein privater Yachtclub der Reichen. Falls das Tor verschlossen ist, müssen wir drüberklettern. Wenn ich mich richtig erinnere, ist der Zaun ungefähr drei Meter hoch. Habt ihr Höhenangst?«
    Sie schüttelten die Köpfe.
    »Könnt ihr klettern?«
    Sie nickten.
    »Gut.« Ich nickte ebenfalls. »Sobald wir über den Zaun sind, müssten wir freie Bahn haben.«
    »Freie Fahrt?«, fragte Tasha.
    Einen Moment lang realisierte ich nicht, dass sie ein Wortspiel versucht hatte. Beide fingen an zu kichern,
stießen sich mit den Ellbogen an und lachten schließlich. Dann lachte ich mit ihnen – bis ein leises Knurren mein Lachen erstickte.
    Es war ein Zombiehund, ein Pitbull, derselbe, der gerade erst das Baby getötet hatte. Anscheinend war er immer noch hungrig und auf der Suche nach einem Dessert. Er stand im Eingang der Gasse, blockierte den Weg zur Straße und machte damit meine ganze Planerei und meine Aufbaurede hinfällig. Als er sich in unsere Richtung bewegte, klickten seine Krallen auf den Steinen. Er knurrte kein weiteres Mal, sondern starrte uns lediglich mit seinen schwarzen, reglosen Augen an. Eine blasse, weiße Zunge schlängelte sich aus seinem Maul. Aus seinem verwesenden Fleisch stach eine gebrochene Rippe hervor, und seiner von Maden zerfressenen Haut fehlte an einigen Stellen das Fell. Aus seinem aufgerissenen Bauch quollen die Gedärme. Ein großer Namensanhänger aus Metall, den er am Halsband trug, verriet uns, dass der Hund Fred hieß. Trotz meiner Angst hätte ich beinahe aufgelacht. Man nannte einen Pitbull nicht Fred. Die Leute in meinem Viertel nannten ihre Pitbulls Killer oder Butcher oder Satan. Fred nannte man einen lieben, zaghaften, scheuen Hund, der sich Fremden nur zentimeterweise mit eingeklemmtem Schwanz und hängenden Ohren näherte.
    Davon hatte Fred nicht besonders viel. Fred war ein Gebiss auf vier Pfoten. Mit scharfen Zähnen.
    Über uns ertönte ein Knistern, als das Dach des
Hauses nebenan Feuer fing. Die Flammen breiteten sich schnell aus, flogen über die Stromleitungen, die am Dach befestigt waren, und sprangen dann auf das nächste Gebäude über. Die Leitungen fielen herunter. Zum Glück floss kein Strom mehr hindurch. Wieder ertönte ein Schuss.
    Der Hund näherte sich langsam. Hinter ihm, am Eingang der Gasse, erschienen zwei weitere Zombiehunde. Dann noch einer. Und noch einer. Ich hob das Gewehr. Fred, der Pitbull, zögerte, und seine Hinterläufe spannten sich unter dem verklebten Fell. Die anderen vier Rudelmitglieder kamen in die Gasse und stellten sich neben ihm auf.
    Ich spannte mich an. »Kinder...«
    Fred sprang, und seine Gedärme flatterten wie eine Fahne hinter ihm her.
    »Lauft!«
    Ich drückte den Abzug. Nichts passierte – nur ein lautes, metallisches Klicken ertönte. Das Gewehr schoss nicht. Es musste sich verklemmt haben. Mit einem Schrei schlug ich Fred den Lauf in das zuschnappende Maul, während er noch in der Luft hing. Hundeblut und Zähne flogen durch die Gasse. Der Hund landete auf dem Boden. Ich drehte mich um und rannte, schob die Kinder vor mir her, traute mich nicht, über die Schulter zu schauen. Malik ließ seinen

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