Totes Zebra zugelaufen
allerdings nichts dagegen«, stellte Bob fest. »Einige meiner besten Freunde sind Weiße.«
Gelassen hob Virgil den Hörer seines Telefons ab und wählte die Nummer des Camps aus dem Gedächtnis. Nach einer Weile meldete sich Linda.
»Guten Tag, Linda«, sagte Tibbs mit leichter Betonung ihres Namens. »Hier ist Virgil.«
Schnell hob Bob Nakamura seinen Hörer ab und drückte auf den Knopf, um sich in das Gespräch einzuschalten.
»Hallo, Virgil«, hörte er das Mädchen sagen. »Kommen Sie heute raus?«
»Nein, aber ich wollte Ihnen und Ihren Eltern mitteilen, daß wir den Toten identifiziert haben.«
»Oh? Wer ist es?«
»Sie kennen ihn bestimmt nicht. Er war ein amerikanischer Wissenschaftler, der in Frankreich lebte.«
»Sie hatten also recht«, rief sie. »Alles, was Sie sagten, stimmte.«
Tibbs stellte mich leichter Mißbilligung fest, daß Bob mithörte.
»Linda, wie ist das Wetter bei Ihnen?« fragte er.
»Wunderbar. Ich war gerade im Wasser. Jetzt gehe ich auf die Liegewiese. Kommen Sie doch raus zum Baden.«
Bob verzog den Mund und verdrehte die Augen.
»Danke für die Einladung. Ich habe eine Bitte an Sie«, fuhr Tibbs ruhig fort. »Ein guter Freund von mir möchte sich gern um die Mitgliedschaft bewerben. Mr. Robert Nakamura. Würden Sie ihm ein entsprechendes Formular an die Polizei in Pasadena schicken?«
»Ist er unverheiratet?« fragte Linda.
»Nein, er hat eine reizende Frau. Sie gefällt Ihnen sicher.« In Tibbs' Gesicht zuckte kein Muskel. »Und außerdem einen sechsjährigen Sohn und eine vierjährige Tochter.«
»Gut, Virgil. Wenn es Ihre Freunde sind, dann versteht es sich von selbst, daß sie uns willkommen sind. Ich schicke auch Ihnen ein Formular.«
Tibbs merkte sofort, daß sie ihn auf den Arm nehmen wollte. »Danke«, sagte er hastig und legte auf. »Du bist willkommen«, verkündete er Bob.
»Du auch.«
Tibbs schüttelte den Kopf. »Das glaube ich kaum. Sie nehmen keine Junggesellen, du hast es selbst gehört. Außerdem . . .« Er brach ab.
Die lustige Stimmung war verflogen.
Bob wählte seine Worte vorsichtig. »Sie hat dich eingeladen, du brauchtest nicht einmal darum zu bitten. Und sie nennt dich Virgil.«
»Sie nennen jeden beim Vornamen«, erklärte Tibbs fast zu rasch. »Das ist dort so Sitte.«
Auf der Fahrt nach Beverly Hills und Bel Air ärgerte sich Tibbs über sich selbst. Linda hatte ihn zum besten gehalten, genau wie er sie. Doch trotz ihrer Freundlichkeit und des Entgegenkommens ihrer Familie hatte er das Gefühl, daß auch dieser Ort ihm wegen seiner Hautfarbe versperrt war. In der Umgebung hatte man sich offenbar mit dem Nudistencamp abgefunden, doch wie würde man es aufnehmen, wenn plötzlich Neger dort ein und aus gingen? Er erinnerte sich an den Mann, dem er bei seinem ersten Besuch begegnet war. Wenn eine Negerfamilie in der Vereinigung aufgenommen wurde, wie viele andere würden dann aus Protest austreten?
Er warf einen Blick auf den Zettel mit der Adresse, den er neben sich liegen hatte, und durchfuhr dann das imposante Tor zu dem distinguierten Wohnviertel. Die gewundene Straße stieg langsam an, führte vorbei an den Prachtvillen von Angehörigen der Film- oder der elektro-technischen Industrie.
Die Villa von Mrs. Joyce Pratt war ein wenig kleiner als manche der Nachbarhäuser. Sie mußte zwischen achtzig- und hunderttausend Dollar gekostet haben. Eine asphaltierte Einfahrt führte sanft ansteigend zu einer großen Garage und einem kleinen Parkplatz neben dem Haus. Einen Moment lang überlegte Tibbs, ob er seinen Wagen am Straßenrand stehenlassen und zu Fuß hinaufgehen sollte. Doch dann beschloß er hineinzufahren wie jeder andere Besucher auch.
Er beachtete das Schild nicht, das den Weg zum Lieferanteneingang wies, sondern klingelte an der Haupttür. Ein Negermädchen öffnete. Ihr Gesicht verzog sich zu einem erfreuten Lächeln, als sie Tibbs sah. »Bitte, Sir?« fragte sie.
Tibbs reichte ihr seine Visitenkarte. Das Mädchen warf einen Blick darauf, hob leicht die Brauen und öffnete die Tür noch ein Stück. »Bitte, treten Sie ein, Sir«, sagte sie. »Ich werde nach- sehen, ob Mrs. Pratt zu sprechen ist.«
Sie verschwand mit der Karte, und Tibbs stellte angenehm überrascht fest, daß sie nicht mit den Hüften wackelte und sich kerzengerade hielt.
Gleich darauf hörte er Stimmen aus einem Nebenzimmer. Er erhaschte die Worte: »Dieser Herr möchte Sie sprechen, gnädige Frau.«
Er stellte sich Mrs. Pratt als eine eindrucksvolle
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