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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Monaten, er hätte sich Kontaktlinsen gekauft.«
    »Wann wollte er kommen?« fragte Tibbs.
    »Ich weiß nicht — ungefähr um diese Zeit. Aber ein bestimmtes Datum hat er nicht genannt. Er schrieb nur, er wollte Bekannte in England besuchen und dann rechtzeitig zur Gesellschafterversammlung hier sein.«
    »Wissen Sie, wann die Versammlung stattfinden sollte?«
    Sie warf einen Blick auf den Kalender am Empfangstisch. »Heute in drei Wochen«, erwiderte sie langsam.
    Die Worte kamen geistesabwesend. Ihr war gerade klargeworden, daß der Polizeibeamte sich über die Sehkraft ihres Onkels erkundigt hatte, und das war ein ausgesprochen persönliches Detail. Sie zwang sich, die Frage zu stellen, die sie fürchtete, denn die Antwort konnte entsetzlich sein.
    »Ist ihm etwas zugestoßen?«
    »Haben Sie zufällig ein Foto von ihm da?« fragte Tibbs zurück.
    Es entging ihr nicht, daß er ihrer Frage auswich. »Nur einen Schnappschuß, der vor Jahren aufgenommen wurde.«
    Sie starrte ihn ängstlich an.
    Tibbs nickte. Das Mädchen drehte sich rasch um und ging. Sie brauchte nicht zu suchen, in ihrem Zimmer lag alles an seinem Platz. Kaum eine Minute später war sie zurück, einige Glanzfotos in der Hand. Ihre Finger zitterten, als sie sie dem Mann reichte.
    Tibbs warf einen Blick auf das oberste. »Setzen wir uns doch«, schlug er vor.
    Mechanisch kam das Mädchen hinter dem Empfangstisch hervor und ließ sich in einen Sessel im Foyer nieder.
    Tibbs nahm in einiger Entfernung von ihr Platz. Mit ausdruckslosem Gesicht sah er sich die Fotos an. Sie waren klar und gut. Als er fertig war, legte er sie nieder, und in diesem Moment wußte sie plötzlich die Wahrheit. Aus irgendeiner unbekannten Quelle der Kraft wurde ihr ein Gefühl innerer Ruhe zuteil und bereitete sie auf den Schlag vor, der sie erwartete.
    Sie wollte sich schrittweise damit vertraut machen.
    »Er kommt nicht«, sagte sie beinahe gelassen.
    Tibbs verstand. Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube nicht«, sagte er. Dann wartete er.
    Sie holte Atem und schloß die Augen. »Er ist tot.« Sie stellte die Tatsache fest, um das Schlimmste rasch hinter sich zu bringen. Als Tibbs stumm blieb, wußte sie, daß es stimmte.
    Noch immer fehlte ihr die Kraft, die Wirklichkeit voll zu begreifen. Aber sie spürte die Teilnahme und das Verständnis, das der Mann, der still vor ihr saß, ihr entgegenbrachte. Sie wußte, daß er den Arm ausstrecken und ihr seine Hand anbieten wollte, um ihr Kraft zu verleihen, und daß er es nicht tat, weil er sich seiner oder ihrer Hautfarbe bewußt war.
    Als er fühlte, daß der richtige Moment gekommen war, sprach Tibbs wieder. »Ich muß Ihnen noch etwas sagen, und es wird nicht leicht für Sie sein. Soll ich es jetzt tun oder später?«
    Sie blickte ihm gerade ins Gesicht. »Jetzt«, sagte sie.
    Er sah sie ebenso unverwandt an. »Ich kann mich irren, aber ich glaube es nicht. Ihr Onkel wurde ermordet.«
    Jetzt verstand sie. »Deswegen sind Sie also hier.«
    Tibbs nickte.
    »Wissen Sie, wer es getan hat?« fragte sie ruhig.
    »Noch nicht«, bekannte er. »Aber wenn Sie mir helfen, dann werde ich den Täter finden.«

8

    Nach einer Weile stand Tibbs auf. »Kann ich bei Ihnen telefonieren?« fragte er.
    Sie nickte stumm. Er trat zu dem Apparat auf dem Empfangstisch, wählte und ließ sich mit Bob Nakamura verbinden.
    »Es war die richtige Spur«, berichtete er. »Ich kläre hier noch verschiedene Einzelheiten, dann komme ich zurück.«
    Als er aufgelegt hatte, wandte er sich Ellen zu. »Miss Boardman, ich kann verstehen, was in Ihnen vorgeht, und möchte Sie nicht belästigen. Doch es ist sehr wichtig, daß wir einiges besprechen, sobald Sie sich dem gewachsen fühlen. Sie verstehen gewiß, weshalb.«
    Ellen Boardman starrte zum Fenster hinaus, ohne etwas zu sehen. Dann blickte sie aus feuchten Augen, doch völlig beherrscht zu Tibbs auf. »Lassen Sie mir nur ein paar Minuten Zeit. Ich möchte meinen Vater anrufen, damit er Mutter die Nachricht beibringen kann. Und ich möchte gern ... ein bißchen nachdenken. Dann stehe ich ganz zu Ihrer Verfügung.«
    »Vielleicht sollten Sie Ihre Eltern erst nach der amtlichen Identifizierung verständigen. Es kann sein, daß ich mich irre.«
    Ellen musterte ihn einen Moment. »Ja?«
    Er durfte ihr keine falsche Hoffnung machen. »Ich glaube es nicht«, antwortete er und stand auf.
    »Bitte, bleiben Sie sitzen. Ich bin gleich wieder da.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben«, versetzte Tibbs, »möchte

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