Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
Vom Netzwerk:
überraschte sie, ihn darüber so sachlich sprechen zu hören.
    »Und soll ich Ihnen noch etwas sagen?« fragte Tibbs.
    »Bitte.«
    »Als diese Leute Ihren Onkel fanden, taten sie sofort alles, was in ihren Kräften stand, um ihn zu retten. Sie versuchten es sogar mit Mund-zu-Mund-Atmung, und das ist keineswegs angenehm unter solchen Umständen. Wenn auch nur ein Funken Leben in ihm gewesen wäre, dann wäre es ihnen sicher gelungen, ihn wiederzubeleben.«
    »Das wußte ich nicht«, erklärte Ellen.
    »Sie haben einen Sohn, George, der bei den Lebensrettern ausgebildet wurde. Er zog Ihren Onkel aus dem Becken und verhielt sich völlig richtig, bis der Krankenwagen und der Arzt kamen. Er wußte, daß keine Hoffnung bestand, doch er gab nicht auf.«
    »Ich werde schreiben und mich bedanken«, sagte sie.
    Tibbs hielt am Straßenrand vor einem Drive-in. »Wie wäre es mit Kaffee? Ich gehe hinein und hole Ihnen etwas.«
    Ihr war klar, daß er sich bemühte, sie abzulenken und ihr die Sache zu erleichtern. Und sie wußte auch, daß er ein Drive-in ausgesucht hatte, um es ihr zu ersparen, sich mit ihm in der Öffentlichkeit zeigen zu müssen.
    »Können wir nicht hineingehen?« fragte sie.
    Sie war stolz auf sich und ihren Mut. Sie sah die unverschämten Blicke einiger Gammler am Nebentisch und erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Joe, ein Rätsel: Es hat drei Augen, vier Beine und ist schwarz-weiß. Was ist das?« fragte eine Stimme vom Nebentisch absichtlich laut.
    »Keine Ahnung. Was denn?«
    »Mr. und Mrs. Sammy Davis junior.«
    Ellen sah Tibbs an. Er zuckte die Schultern und entschuldigte sich dann, weil er telefonieren wollte. Sie wartete auf ihn, den Kopf hoch erhoben.
    Sobald Tibbs zurückkehrte, gingen sie hinaus. Sie blieb einen Moment auf dem Bürgersteig stehen und holte tief Atem. »Darf ich Sie um einen großen Gefallen bitten?« fragte sie.
    »Natürlich, Miss Boardman.«
    »Wie weit ist es bis zu dem Nudistencamp?«
    Als Antwort öffnete er nur die Wagentür für sie. Sie mußten ein ganzes Stück fahren, bevor ihr einfiel, was sie noch hatte sagen wollen.
    »Haben Sie irgendeinen Hinweis, wer ... wer am Tod meines Onkels schuld ist?«
    »Ja, aber das kann ich Ihnen leider nicht verraten«, versetzte Virgil. »Sie werden dafür Verständnis haben.«
    Sie biß sich auf die Lippen. »Ja, natürlich. Es ist wirklich eine Zumutung für Sie, mich zu diesen Leuten hinausfahren zu müssen.«
    »Keineswegs. Es liegt praktisch auf dem Weg.«
    »Vielleicht sollten wir von unterwegs anrufen und uns anmelden.« Plötzlich schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf. »Ich muß doch nicht ...« Sie brachte es nicht fertig, es auszusprechen. Es war ihr unvorstellbar, in Gegenwart fremder Menschen die Kleider abzulegen. »Das könnte ich nicht«, fügte sie hinzu, in dem Bewußtsein, daß er sie verstand.
    »Das erwartet auch keiner von Ihnen«, versicherte Tibbs. »Sonst würde ich Sie nicht hinfahren. Es sind wirklich nette Leute, ich glaube, sie werden Ihnen gefallen.«
    »Ich bewundere sie ohnehin schon für ihre Hilfsbereitschaft und ihre Bemühungen um Onkel Albert. Sollten wir ihnen nicht Bescheid sagen, daß wir kommen?«
    »Das habe ich vom Restaurant aus schon erledigt.«
    »Ach so.« Ihr fiel ein, daß er telefonieren gegangen war, doch das war gewesen, noch ehe sie ihm den Vorschlag gemacht hatte. Er mußte Gedanken lesen können. Sie wollte lieber auf der Hut sein, solange sie mit ihm zusammen war. Sie hüllte sich in Schweigen, bis sie merkte, daß er die Geschwindigkeit verlangsamte. Dann sah sie das Schild von Sun Valley Lodge, das in den Zeitungen abgebildet gewesen war.
    Virgil passierte das Tor und hielt auf dem Parkplatz. Eingedenk seines letzten Zusammentreffens mit Linda wandte er sich an Ellen. »Sie müssen darauf gefaßt sein, daß die Leute hier vielleicht unbekleidet herumlaufen.« Es war ein Understatement, denn an einem so strahlenden Tag war das praktisch gewiß.
    »Ich bin darauf vorbereitet«, erwiderte Ellen.
    Er blickte ihr forschend ins Gesicht und kam zu dem Schluß, daß sie sich nicht aus der Fassung bringen lassen würde.
    Er betrachtete Ellen so angespannt, daß er nicht hörte, wie Linda über den Rasen auf den Wagen zukam. Erst als sie ihm eine herzliche Begrüßung zurief, wurde er ihrer gewahr. Er drehte sich hastig um und war zum erstenmal in seinem Leben überrascht, eine angezogene junge Frau vor sich zu sehen.
    Linda trug ein hübsches gelbes Kleid, das ihr blendend

Weitere Kostenlose Bücher