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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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als der mit Grace rumgemacht hat … Nein, tue ich nicht … Ja … Macht nichts. Kennedy wird so viel zahlen, wie nötig … Zur Not können wir immer noch morgen oder übermorgen Nacht weitermachen … Das ist gut … Okay … Vergiss die Schaufel nicht.”
    Joe legte auf, griff sich irgendetwas aus der Kommode und ging hinaus.
    Allie begann, sich unter dem Bett hervorzuarbeiten. Sie erstickte fast an all dem Staub und war geschockt von dem, was sie gehört hatte. Aber in derselben Sekunde kam Joe noch einmal zurück, um das Licht auszuknipsen.
    Reverend Portenski ging in seinem Büro auf und ab. Obwohl Evelyn McCormick schon vor Stunden gegangen war, konnte er an nichts anderes als ihren Besuch denken, sosehr er sich auch abzulenken versuchte. Sie, eine so gute Frau, machte sich solche Sorgen um ihre Tochter. Und sie hatte ihn um Rat, Unterstützung und inneren Frieden angefleht.
    Sollte er das tun, was für ihn das Beste war? Oder für sie? Und was war mit all den anderen?
    Irgendwie musste er endlich zu einem Entschluss kommen. Sein langes Schweigen hatte er bisher nur dadurch rechtfertigen können, dass er den Mädchen, die Reverend Barker missbraucht hatte, sowieso nicht mehr helfen konnte. Er kannte sie nicht einmal. Und die Polaroids waren schon alt gewesen, als er sie gefunden hatte. Die darauf festgehaltenen Kinder waren längst erwachsen. Außerdem bezweifelte er, dass sie, mit Ausnahme von Grace, noch in der Gegend wohnten. Und es war nie Anzeige erstattet worden.
    Was geschehen war, war geschehen. Wenn er weiter schwieg, bewahrte er Madeline vor einer furchtbaren Wahrheit, die Kirche vor entsetzlicher Schande und die stolze Familie Vincelli vor der schlimmsten aller denkbaren Demütigungen. Die Vincellis würden mit allen Mitteln verhindern wollen, dass diese Fotos an die Öffentlichkeit gelangten, selbst um den Preis einer lebenslangen Haftstrafe für Clay. Die ganze Stadt hatte Reverend Barker wie einen Heiligen verehrt.
    Und auch die Montgomerys wären sicherlich nicht scharf darauf, die Fotos veröffentlicht zu sehen. Grace war eine zarte Seele, die das, was ihr angetan worden war, nur wie durch ein Wunder verkraftet hatte. Reverend Portenski wollte ihr nicht noch mehr Leid zufügen. Doch nun hatte sie ihn gebeten, ihrem Bruder zu helfen, und das wollte er auch gerne tun. Zwar fühlte er immer ein leichtes Unbehagen in dessen Gegenwart, aber gleichzeitig bewunderte er auch seine Stärke und seine kompromisslosen Entscheidungen.
    Aber wie konnte er die Montgomerys, die Vincellis
und
die McCormicks gleichermaßen vor Unglück schützen und bewahren?
    Portenski zupfte an seiner Unterlippe. Was sollte er tun?
    Mit einem Seufzer kniete er sich nieder und begann zu beten.
    “Vater, erleuchte meinen Geist. Hilf deinem Diener, allen Beteiligten gegenüber gerecht zu sein.”
    Er hielt inne, suchte nach einer Antwort, wartete auf eine Eingebung. Aber in seinem Geist war nichts als Schweigen. Doch dann, plötzlich, begann ein Gedanke in ihm Gestalt anzunehmen.
    “
Die Wahrheit ist das Geheimnis von Beredsamkeit und Tugend, die Grundlage moralischer Autorität. Sie ist der höchste Gipfel der Kunst und des Lebens.”
    Diese Worte stammten von Henri-Frédéric Amiel, einem Schweizer Philosophen des neunzehnten Jahrhunderts. Und natürlich wusste Portenski, dass es nicht Gott war, der sie ihm eingeflüstert hatte. Aber warum erinnerte er sich ausgerechnet jetzt daran, wenn sie nicht als eine Art Antwort auf seine Frage gedacht waren?
    “
Wer darauf besteht, alle Faktoren zu überblicken, bevor er sich entscheidet, wird sich nie entscheiden. Wer das Leben akzeptiert, muss auch das Bedauern akzeptieren.”
    Auch diese Worte stammten aus Amiels Feder. Portenski war sich sicher: Das musste ein Zeichen sein. Ein Zeichen, dass die Zeit des Handelns gekommen war – egal, ob er es später bereute oder nicht.
    Schon halb unter dem Bett hervorgekrochen, erstarrte Allie in Bewegungslosigkeit, voller Panik, dass Joe sie entdeckt hätte. Doch er tat nichts, das darauf hindeutete. Er knipste das Licht aus, sprang die Treppe hinunter, schlug die Autotür zu und ließ den Motor an. Offenbar war er voll und ganz auf sein Vorhaben konzentriert, das, soweit Allie es verstanden hatte, in der Durchsuchung von Clays Farm bestand.
    Lass ihn doch suchen. Er wird nichts finden.
Die Polizei hatte den Ort bereits zweimal durchsucht. Clay war unschuldig.
    Sie stand auf und begann, die restlichen Schubladen durchzusehen. Sie würde die

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