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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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von der Flachheit und Unregelmäßigkeit erkennen, die man bei Flachs erwarten würde.«
    »Wolle?«, fragte Jake.
    »Ausgehend von dem, was ich bis jetzt gesehen habe, würde ich sagen: Ja.«
    Getz bewegte das Fragment hin und her. »Keine Webfehler. Keine Löcher. Keine Ausbesserungen.« Pause. »Merkwürdig.«
    »Was?« Jakes Faust löste sich.
    »Dieses Garn ist genau entgegengesetzt gesponnen wie eins, das für Israel im ersten Jahrhundert typisch wäre.«
    »Das heißt?«
    »Dass es importiert wurde.«
    »Woher?«
    »Ich würde vermuten, Italien oder Griechenland.«
    Nach einer weiteren halben Stunde legte Getz das kleinere Fragment unter das Mikroskop.
    »Leinen.« Getz richtete sich auf. »Warum wurden die beiden Fragmente separat verpackt?«
    Jake wandte sich mir zu.
    Ich übernahm die Frage.
    »Das kleinere Teilstück lag zusammen mit Schädelfragmenten im hinteren Teil des Loculus. Das größere lag zusammen mit postkranialen Fragmenten näher an der Öffnung.«
    »Eine Umhüllung für den Kopf, eine zweite für den Körper«, sagte Jake. »Genau so, wie Simon Petrus es in Johannes 20,6-7 beschrieb: ›Und er sieht die Binden daliegen und das Schweißtuch, das auf seinem Haupte gewesen war, nicht bei den Binden liegen, sondern an einem Ort für sich zusammengewickelt.‹«
    Getz schaute auf die Uhr.
    »Ihnen ist natürlich bewusst, dass die IAA das Material in Verwahrung nehmen muss. Sie können die Proben gleich bei mir lassen.« Nicht sehr feinfühlig.
    »Natürlich. Unser Fund ist vollständig dokumentiert.« Betonung auf »unser«. Auch Jake bemühte sich nicht um Feinfühligkeit. »Ich habe vor, eine C-14-Untersuchung zu beantragen.« Jake strahlte Getz nun mit seinem gewinnendsten Lächeln an. »Unterdessen werde ich wie auf Kohlen sitzen und Ihren Bericht erwarten.«
    Auch wenn das höchst unwahrscheinlich war, schaffte Getz es doch, Jakes Charme zu widerstehen.
    »Tun das nicht alle«, erwiderte sie und deutete zur Tür. Wir waren entlassen.
    Als ich Jake auf den Korridor folgte, war ich mir einer Sache ganz sicher: Esther Getz war nie zum Spaß Getzi genannt worden. Diese Dame gestattete keine Spitznamen.
    Nächster Halt, Tovya Blotnik.
    Das Büro des IAA-Direktors lag vier Nischen weiter hinten. Blotnik stand auf, als wir eintraten, kam aber nicht hinter seinem Schreibtisch hervor.
    Es ist schon komisch. Stimmen am Telefon beschwören Bilder herauf. Manchmal entsprechen diese Bilder genau der Wirklichkeit, manchmal liegen sie völlig daneben.
    Der IAA-Direktor war ein kleiner, drahtiger Mann mit grauem Kinnbart und Haaren, die in schütteren Büscheln unter einer blauen Seiden-Yarmulke hervorlugten. Ich hatte mir den Weihnachtsmann vorgestellt. Es sah eher aus wie ein jüdischer Kobold.
    Jake stellte mich vor.
    Blotnik schaute überrascht, fasste sich dann wieder und beugte sich vor, um uns die Hand zu geben.
    »Shabbat shalom«. Fahriges Lächeln. Weihnachtsmannstimme. »Bitte setzen Sie sich.«
    Die Auswahl war beschränkt, da alle Sitzgelegenheiten bis auf zwei Stühle mit Papieren belegt waren. Jake und ich hielten uns an die beiden.
    Blotnik setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Er machte den Eindruck, als würde er nun zum ersten Mal mein Gesicht bemerken.
    »Hatten Sie einen Unfall?« Amerikanischer Akzent. Vielleicht New York.
    »Nichts Schlimmes«, sagte ich.
    Blotnik öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als wüsste er nicht so recht, was er sagen sollte. Dann: »Aber Ihren Jetlag haben Sie überwunden?«
    »Ja«, sagte ich. »Danke der Nachfrage.«
    Blotnik nickte und legte beide Hände flach auf den Schreibtisch. Alle seine Bewegungen waren präzise und schnell wie die eines Kolibris.
    »Das ist außerordentlich freundlich von Ihnen, dass Sie mir das Skelett persönlich bringen. Wirklich ganz außerordentlich.« Ein ausgewachsenes Koboldsgrinsen. »Haben Sie es dabei?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Jake.
    Blotnik schaute ihn an.
    Jake berichtete von dem Vorfall mit den Hevrat Kadisha, ohne auf die genaue Lage des Grabs einzugehen.
    Blotnik macht ein langes Gesicht. »Das ist absurd.«
    »Allerdings.« Eisig. »Aber Sie kennen die Hevrat Kadisha ja.«
    »Nicht wirklich.«
    Jake kniff kurz die Augen zusammen, sagte aber nichts.
    »Wo ist dieses Grab?« Blotnik hob die Hände und legte die Fingerspitzen aneinander. Auf der Schreibunterlage bleiben zwei perfekte Handflächenabdrücke zurück.
    »Im Kidron-Tal.«
    »Und von dort stammen die Textilien, die Esther

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