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Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Stück versuche ich, das Rätsel, das ich mir bin, zu entschlüsseln.
    Zum Beispiel, warum ich mich jetzt im Augenblick nach einem Bauch voller Merlot sehnte.
    Die AA drückt einem einen Stempel auf: Einmal Alkoholiker, immer Alkoholiker. Andere nennen uns, naiverweise, genesen. Letztere irren sich. Den Korken in die Flasche zu stecken, heißt nicht, den alkoholischen Tanz zu beenden. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Es ist in der Doppelhelix angelegt.
    An einem Tag fühlt man sich wie eine Königin. Am nächsten hat man keinen Grund mehr aufzustehen. In einer Nacht schläft man wie ein Neugeborenes. In der nächsten liegt man wach und wirft sich ängstlich und besorgt herum und weiß gar nicht so recht, weshalb.
    Diese Nacht war so eine. Stunde um Stunde lag ich da, starrte durch mein dunkles Fenster das Minarett an und fragte mich, nach wem dieser Turm sich wohl ausstreckte. Nach dem Gott des Korans? Der Bibel? Der Tora? Der Flasche?
    Warum war ich Ryan gegenüber so barsch gewesen? Sicher, wir hatten Stunden investiert und so gut wie nichts erfahren. Sicher, ich hätte lieber das Geheimnis um Max gelüftet. Aber warum hatte ich meinen Frust an Ryan ausgelassen?
    Warum sehnte ich mich so sehr nach Alkohol?
    Und warum war ich nur so ein Tollpatsch mit dieser Coke gewesen? Ryan würde mich deswegen noch lange aufziehen.
    Nach Mitternacht döste ich ein und träumte wirres Zeug. Telefone. Kalender. Körperlose Nummern, Namen und Datumsangaben. Ryan auf einer Harley. Jake, der Schakale aus einer Höhle verscheuchte.
    Um zwei stand ich auf, um mir ein Glas Wasser zu holen, und saß dann müde auf der Bettkante. Was hatten die Träume zu bedeuten? Waren sie einfach nur eine Wiederholung, ausgelöst von den Kopfschmerzen und der ermüdenden Arbeit des Nachmittags? Versuchte mein Unterbewusstsein, mir eine Botschaft zu schicken?
    Schließlich schlief ich ein.
    Doch noch mehr als einmal wachte ich auf und hatte die Fäuste in die Bettdecke gekrallt.

33
    Ich kann nicht behaupten, ich wäre mit dem Muezzin aufgestanden. Aber sehr viel später war es nicht.
    Die Sonne ging eben auf. Die Vögel sangen. Die Kopfschmerzen waren verschwunden.
    Die Dämonen waren verschwunden.
    Nachdem ich die Papiere vom Badezimmerboden geklaubt hatte, duschte ich und gab mir besonders viel Mühe mit Rouge und Maskara. Um sieben rief ich Ryan an.
    »Tut mir Leid wegen gestern.«
    »Vielleicht bringen wir dich ja in einer Ballettschule unter.«
    »Ich meine nicht die Coke. Ich meine mich.«
    »Du bist eine sanfte Blüte, eine fröhliche Elfe, ein Wesen voller Liebreiz und …«
    »Wie hältst du es nur mit mir aus?«
    »Bin ich nicht das Galanteste und Wunderbarste in deiner Welt?«
    »Ja ja.«
    »Und sexy.«
    »Ich kann eine ziemliche Nervensäge sein.«
    »Ja. Aber du bist meine Nervensäge.«
    »Ich mache es wieder gut.«
    »Tap Pants?«
    Man muss den Kerl bewundern. Er gibt nie auf.
    Beim Frühstück rief Friedman an. Kaplan wollte über Ferris reden. Friedman bot an, Ryan abzuholen und mir den Tempo zu überlassen. Ich nahm das Angebot an.
    Als ich wieder in meinem Zimmer war, rief ich Jake an, erhielt aber keine Antwort. Ich vermutete, dass er noch schlief.
    Warten? Nein. Ich wartete bereits zwei Tage.
    Die Jerusalem Post hat ihr Hauptgebäude an der Yirmeyahu Street, eine Hauptdurchgangsstraße, die an der Autobahn nach Tel Aviv beginnt, in einem Bogen zu den religiösen Vierteln im Norden Jerusalems führt und dann in die Rabbi Meir Bar Ilan Street übergeht, die berüchtigt ist für ihre Hardcore-Steinewerfer am shabbat. Ob man nun jüdischer Autofahrer ist oder nicht, diese Jungs wollen einfach nicht, dass man an ihrem heiligen Tag fährt. Ironischerweise war ich bei meiner Irrfahrt am Freitag in nur einem Block Abstand an der Jerusalem Post vorbeigekommen.
    Ich stellte mein Auto ab und ging zu dem Gebäude, immer auf der Hut vor Militanten jeglicher Couleur. Dank Friedmans Kartenskizze wusste ich, dass ich mich in Romena befand, einem Viertel am äußersten westlichen Rand von West-Jerusalem. Das quartier war eindeutig kein Touristenmagnet. Und das ist sogar noch eine wohlwollende Beschreibung. Das quartier war hässlich wie die Hölle, nur Werkstätten und eingezäunte Grundstücke voller Reifenstapel und rostender Autoteile.
    Ich betrat ein langes, niederes Rechteck, an dessen Seitenwand der Schriftzug Jerusalem Post eingemeißelt war. Architektonisch hatte der Bau den Charme eines Flugzeughangars.
    Nach vielen Sicherheitskontrollen

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