Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Ehrgeiz.
»Soll ich dich ins Rockefeller begleiten?«
Jake schüttelte den Kopf. »Ich will erst bei meiner Ausgrabung vorbeischauen und meine Leute wegen der Hevrat Kadisha warnen. Die wissen zwar, wie so was abläuft, aber ich will nicht, dass die verdammte Knochenpolizei sie auf dem falschen Fuß erwischt.«
Ich schaute auf meine Uhr.
»Ich soll mich um vier mit Ryan im Hotel treffen. Aber ich könnte das verschieben.«
»Unnötig. Ich ruf dich in ein paar Stunden an.«
»Hast du Lust, mit uns zum Abendessen zu gehen?«
Jake nickte abwesend, er war in Gedanken versunken und hörte nicht mehr zu.
Ryan kam kurz nach mir in mein Zimmer. Anscheinend machte ich einen unglücklichen Eindruck.
»Alles in Ordnung?«
Ich nickte, denn ich hatte keine Lust, über die Kabbelei mit Jake zu reden.
»Wie geht’s deinem Kumpel?«
»Er hat Kopfweh, aber ansonsten ist er okay.« Ich knallte die Tür der Minibar zu. »Aufbrausend, aber okay.«
Ryan beließ es dabei.
»Hast du in der Post irgendwas Nützliches erfahren?«
Ich riss mir eine Diet Coke auf und erzählte Ryan von den Artikeln, in denen Yadin sich selbst widersprach, was die Anwendung der Radiokarbon-Datierung anging.
»Der alte Knabe hat also doch Material außer Landes geschickt. Warum hat er das mit den Masada-Skeletten nicht gemacht?«
»Warum nicht, fürwahr.«
»Aber hör dir das an. Ich habe die DNS-Ergebnisse. Eine Reihe von Individuen im Kidron-Grab hat identische Sequenzierungen.«
»Und das bedeutet, dass sie verwandt sind.«
»Ja. Aber das ist keine große Sache. Es ist ein Familiengrab. Man würde erwarten, dass die Leute, die dort begraben liegen, miteinander verwandt sind. Die große Sache ist die, dass die mitochondriale DNS Max’ fremden Zahn mit dieser Familie in Verbindung bringt.«
»Und das bedeutet, dass jemand, der in Höhle 2001 begraben war, ein Mitglied der Familie war, die im Kidron-Grab begraben war.«
Ich liebte Ryans Auffassungsgabe.
»Genau. Und da Jake überzeugt ist, dass das Kidron-Grab die Mitglieder der Heiligen Familie enthielt, würde das bedeuten, dass es in Masada zur Zeit der Belagerung frühe Christen gab.«
»O Mann.«
»Ja. Den Israelis dürfte eine solche Hypothese ganz und gar nicht gefallen.«
»Jesus-Anhänger in Masada, vielleicht sogar ein Mitglied der Heiligen Familie.«
»Genau. Aber ich habe noch immer keine Ahnung, wer Max ist.« Ich trank einen Schluck. »Seine DNS-Sequenzierung war einzigartig. Wenn er mit denen im Kidron-Grab verwandt war, dann auf jeden Fall nicht über eine der Damen, die Jake geborgen hat.«
»Kaplan hat heute Morgen dieses Thema ebenfalls angeschnitten.«
Ich war sofort ganz Ohr.
»Er behauptete, Ferris sei mit Max quasi per Du gewesen.«
»Er hatte Beweise für seine Identität?«
»Sagt zumindest Kaplan.«
Ein Kribbeln lief mir das Rückgrat hoch. Seit einem Monat versuchte ich jetzt schon, dem Masada-Skelett ein Etikett anzuheften. Es war, als würde ich in einem pechschwarzen Tunnel Rauch nachjagen. Um ehrlich zu sein: Inzwischen war ich so weit, dass ich befürchtete, alle Hoffnungen auf eine Identifikation hätten sich in Luft aufgelöst.
»Um Gottes willen, Ryan. Sag mir, was Kaplan gesagt hat.«
»Kaplan behauptet, er hätte es nie herausgefunden. Aber auf der Straße ging das Gerücht, die Knochen seien eine große Sache.«
»Auf der Straße der illegalen Antiquitäten?«
Ryan nickte. »Und jetzt kommt die schlechte Nachricht. Friedman musste Kaplan laufen lassen.«
»Du machst Witze.«
»Kaplan hat sich einen Anwalt besorgt. Und dieser Rechtsbeistand meinte, natürlich in höflichsten Worten, die Rechte seines Klienten seien insofern verletzt, als er weit über die rechtlich zugelassene Zeit festgehalten worden sei. Ich glaube, der Begriff ›in seinen Grundrechten verletzt‹ wurde direkt an Friedman gerichtet.«
»Was ist mit dem Ladendiebstahl?«
»Litvak hat seine Anzeige zurückgezogen. Und ich habe rein gar nichts, um Kaplan mit dem Ferris-Mord in Verbindung zu bringen.«
»Kaplan hat doch zugegeben, er sei angeheuert worden, um den Kerl zu töten.«
»Aber er sagt, er hätte es nicht getan.«
»Er hatte vor, das Skelett zu verkaufen.« In dem stillen Zimmer klang meine Stimme schrill.
»Die Absicht ist noch kein Verbrechen. Außerdem behauptet er jetzt, er hätte nie wirklich vorgehabt, das Ding zu verhökern. Hätte nur aus Neugier ein paar Anrufe getätigt.«
»Verdammte Scheiße.«
»Hier ist noch eine interessante
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