Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Neuigkeit. Courtney Purviance ist unauffindbar.«
»Ferris’ Sekretärin ist verschwunden?«
»Als Kaplan uns zum ersten Mal von dem Masada-Skelett erzählte, fragten wir ihn, warum Ferris beschlossen hatte, das Ding jetzt zu verkaufen, nachdem er es mehr als dreißig Jahre lang versteckt hatte.«
Das hatte ich mich selbst auch schon gefragt.
»Kaplan behauptete, Ferris’ Geschäfte wären in letzter Zeit nicht mehr so gut gelaufen.«
»Das ist aber nicht das, was Purviance dir gesagt hat.«
»Ganz und gar nicht. Irgendjemand lügt also. Deshalb wollten wir Purviance ja noch ein paar Fragen stellen. Ich habe eine Anfrage nach Kanada geschickt. Ein Typ namens Birch bearbeitet die Sache mit mir.«
»Der blonde Detective, den ich bei der Ferris-Autopsie gesehen habe?«
Ryan nickte. »Birch versucht seit einigen Tagen, mit Purviance in Kontakt zu treten. Sie ist nicht in Ferris’ Lagerhaus. Sie ist nicht zu Hause. Die Dame scheint verschwunden zu sein.«
»Hat ihr irgendjemand gesagt, dass sie die Stadt nicht verlassen darf?«
»Sie ist keine Verdächtige. Ich konnte ihr nicht befehlen, auf ihrem Hintern sitzen zu bleiben. Ich habe zwar angedeutet, es könnte hilfreich sein, wenn sie jederzeit zu erreichen wäre, aber ich vermute, Purviance hält sich an keine Regeln außer an die eigenen.«
»Irgendein Hinweis auf eine geplante Reise?«
Ryan schüttelte den Kopf.
»Das ist nicht gut«, sagte ich.
»Nein. Ist es nicht. Aber Birch ist dran.«
Ryan kam zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern.
»Friedman und ich hängen uns an Kaplan dran wie die Kletten. Wir werden genau wissen, was dieser Penner macht, wohin er geht, wen er trifft.«
»Friedmans lange Leine.«
»Wir wetten, dass Kaplan sich eine Schlinge daraus knüpft.«
Ryan zog mich an sich.
»Du wirst eine Weile auf dich selbst gestellt sein.«
»Ich komm schon zurecht.«
»Du hast ja meine Handy-Nummer.«
Ich löste mich und strahlte Ryan mit gespielt fröhlichem Lächeln an. »Lass dich nicht aufhalten, mein Hübscher. Ich gehe heute Abend mit einem großen, charmanten Mann zum Essen.«
»Ein bisschen kahl.«
»Kahl ist das neue Schönheitsideal.«
Ryan lächelte. »Ich hasse es, wenn du mir immer so nachtrauerst.«
»Verschwinde.« Ich drehte Ryan zur Tür. »Eine pulsbeschleunigende Überwachung erwartet dich.«
Als Ryan gegangen war, rief ich Jake an, um ein Restaurant auszumachen. Keine Antwort.
Meine Uhr zeigte fünf. Ich war seit Sonnenaufgang wach, und allmählich wurde ich etwas müde.
Ein schnelles Nickerchen? Warum nicht. Jake würde in der nächsten Stunde anrufen.
Sekunden später weckte mich ein Geräusch an der Tür.
Ein Schlüssel? Ein Rütteln an der Klinke?
Desorientiert schaute ich auf die Uhr. 19:32.
Ich stürzte durchs Zimmer.
»Jake?«
Keine Antwort.
»Ryan?«
Etwas knisterte auf den Fliesen vor meinen Füßen. Als ich den Kopf senkte, sah ich, dass ein zusammengefaltetes Blatt Papier durch den Schlitz geschoben wurde.
Ich öffnete die Tür.
Eine junge Frau lief den Korridor hinunter. Sie trug hijab , ein dunkles Kleid und Halbschuhe.
»Miss?«
Ohne sich umzudrehen, rief die Frau über die Schulter: »Dieser Mann hat Ihr Zimmer verwüstet.«
Damit verschwand die Frau um eine Ecke, und ihre Schritte verklangen auf der Steintreppe.
Ich schloss die Tür und verriegelte sie. Draußen brummte der Verkehr. Im Zimmer kreischte die Stille.
Ich bückte mich, hob das Blatt auf und faltete es auf. Darauf stand noch einmal der Satz, den die Frau mir zugerufen hatte. Und ein Name. Hossam al-Ahmed.
War die Frau ein Zimmermädchen? Hatte sie den Einbruch in mein Zimmer mitbekommen? Warum meldete sie sich gerade jetzt? Warum auf diese Art?
Ich griff zum Telefon und fragte nach Mrs. Hanani. Man sagte mir, die Geschäftsführerin habe bereits Feierabend gemacht. Ich hinterließ die Nachricht, dass sie mich zurückrufen solle.
Ich steckte den Zettel in meine Handtasche und wählte Jakes Nummer. Noch immer keine Antwort. War er noch immer unterwegs? Hatte er versucht, mich zu erreichen? Hatte ich seinen Anruf verschlafen?
Um Viertel vor acht versuchte ich es noch einmal, dann um acht und um Viertel nach. Um halb neun gab ich es auf und ging in die Kellerbar.
Das Essen war gut, aber ich war zu aufgeregt, um die Bemühungen des Kochs würdigen zu können. Mich ließ die Frage nicht mehr los, warum Jake meine Anrufe nicht erwidert hatte.
Konnte es sein, dass er noch immer im Rockefeller war?
Aber hatte
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