Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
gesprochen?«
»Nein, aber sie hat diesen Namen nie erwähnt. Die Geschäfte meines Mannes brachten ihn in Kontakt mit vielen Leuten.«
»Jemand aus diesem Kreis könnte ihm zwei Kugeln in den Kopf gejagt haben.«
»Wollen Sie mich schockieren, Detective?«
»Wussten Sie, dass Ihr Mann mit Antiquitäten handelte?«
Miriam zog fast unmerklich die Brauen zusammen. Dann: »Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Courtney Purviance.«
»Verstehe.«
»Entspricht diese Behauptung nicht der Wahrheit?«
»Ms. Purviance neigt dazu, ihre Rolle bei den Geschäften meines Mannes übertrieben darzustellen.« Miriams Stimme war scharf wie eine Sichel.
»Wollen Sie damit andeuten, dass sie lügt?«
»Ich will damit andeuten, dass diese Frau außer der Arbeit in ihrem Leben kaum etwas hat.«
»Ms. Purviance meinte, das Verhalten Ihres Mannes habe sich kurz vor seinem Tod verändert.«
»Das ist lächerlich. Wenn Avram Sorgen gehabt hätte, hätte ich das mit Sicherheit bemerkt.«
Ryan kehrt zu seiner Ausgangstrage zurück.
»Stimmt es nun nicht, dass Ihr Gatte mit Antiquitäten handelte?«
»Antiquitäten machten nur einen sehr kleinen Teil seines Geschäfts aus.«
»Das wissen Sie?«
»Das weiß ich.«
»Sie haben mir gesagt, er hätte Ihnen über Geschäftliches kaum etwas erzählt.«
»Aber soviel weiß ich.«
Es war ein klarer Tag, die Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt.
»Könnten zu diesen Antiquitäten auch menschliche Überreste gehört haben?«
Die Lavendel-Augen wurden groß. »O Gott, nein.«
Die meisten Menschen kommen mit Lücken in einem Gespräch nur schlecht zurecht. Wenn Schweigen entsteht, fühlen sie sich gezwungen, es zu füllen. Ryan nutzt diesen Impuls häufig aus. Das tat er auch jetzt. Er wartete. Und es funktionierte.
»Das wäre chet «, führte Miriam aus.
Ryan wartete immer noch.
Miriam öffnete den Mund, um weiterzureden, doch die Stimme aus der Wohnung meldete sich wieder. Sie drehte den Kopf und sprach über die Schulter.
»Ich muss meiner Schwiegermutter bei den Vorbereitungen für den shabbat helfen.«
Ryan gab Miriam seine Karte.
»Wenn mir noch irgendetwas einfällt, rufe ich Sie an.« Wieder die aufgerissenen Augen. »Ich will wirklich, dass Avrams Mörder zur Rechenschaft gezogen wird.«
»Einen schönen Tag noch«, sagte Ryan.
»Shabbat shalom« , sagte ich.
Als wir uns zum Gehen wandten, legte Miriam die rechte Hand auf Ryans Arm.
»Egal, was Sie denken, Detective, ich habe meinen Mann wirklich geliebt.« Eine bedrückende Kälte lag in ihrer Stimme.
Ryan und ich schwiegen, bis wir wieder im Auto saßen.
»Und?«, fragte Ryan.
»Ich weiß auch nicht«, sagte ich.
Wir dachten beide darüber nach.
»Chet?« , fragte Ryan.
»So was wie ’ne Sünde.«
»Mit ihren Geschlechtsgenossinnen kann die Dame wohl nicht so.«
»Sie hat sich verhalten, als wäre ich nicht da«, stimmte ich ihm zu.
»Warst du aber«, sagte Ryan.
»Das dachte ich auch«, sagte ich.
»Ein Fan von Purviance ist sie auf jeden Fall nicht.«
»Nein.«
Ryan ließ den Motor an und fuhr los.
»Ich würde sagen, ich habe eine ziemlich gute Menschenkenntnis«, sagte er.
»Ich würde sagen, das ist eine korrekte Einschätzung«, entgegnete ich.
»Aber aus Miriam werde ich nicht schlau. Erst ist sie die trauernde Hinterbliebene. Und im nächsten Augenblick legt sie diese Leck-mich-Haltung an den Tag. Hat sie was zu verbergen?«
»Sie hat geschwitzt«, bemerkte ich.
»An einem kalten Tag.«
An der Kreuzung hielten wir an.
»Und jetzt?«, fragte Ryan.
»Du bist der Detective«, sagte ich.
»Die Waffe war eine Waise. Nirgendwo registriert. Meine Überprüfung von Ferris’ Nachbarn im Gewerbegebiet hat rein gar nichts ergeben. Dasselbe gilt für die Aussagen von Familienangehörigen und Geschäftspartnern. Ich warte noch auf die Steuerunterlagen und die Telefondaten für das Lagerhaus. Und ich habe mich in jeder Synagoge der Stadt nach Kessler umgehört.«
»Klingt, als hättest du richtig ernsthaft ermittelt.«
»Ich habe ermittelt wie der Teufel, aber es geht irgendwie nicht vorwärts«, sagte Ryan.
»Was jetzt?«
»Die SIJ bearbeitet noch immer den Tatort. Purviance prüft immer noch nach, ob etwas gestohlen wurde. Bleibt nur Mittagessen.«
Ich hatte mich kaum mit meinem Whopper an den Tisch gesetzt, als mein Handy bimmelte. Es war Jake Drum. Diesmal war die Verbindung gut.
»Bist du wirklich nach Paris geflogen?«, fragte ich und formte dann, zu Ryan gewandt, mit den Lippen den
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