Totgekuesste leben laenger
geschaffen war. Furcht. Und sie hatte sie von mir. Aus meinen Erinnerungen.
»Heiß ich vielleicht Hermes?«, entgegnete sie schnippisch. »Wir gehen auf jeden Fall zu Kairos. Du bist eine Diebin. Eine Lügnerin. Wir brauchen nur deinen Körper, deine Seele und mein Schwert und dann kann er mich wieder zu der machen, die ich war. Dann ist alles wieder wie vorher war. Das hat er mir versprochen.«
Kairos hat meinen Körper also noch. Danke, lieber Gott!
»Du nimmst sie nicht mit«, sagte Barnabas, der nicht verstand, dass Nakita nun hundertmal gefährlicher war als zuvor. Sie hatte die Macht eines Engels, vereint mit der Willenskraft eines Menschen. Die Furcht und das Wissen über den Tod hatten sie dazu gemacht. Ich hatte sie dazu gemacht.
»Sie gehört mir, wie sie da steht!« Nakita kauerte sich zum Angriff und zog ihr neues Schwert. Die Spitze stach in den Boden und ließ das Moos aufklaffen wie eine Wunde.
Ich wich zurück und schüttelte heftig den Kopf. »Nakita, hör mir zu. Ich will doch nur meinen Körper zurückhaben, lebendig und unversehrt. Er muss meine Seele nicht vernichten, um das Amulett wiederzukriegen. Ich kann mich davon lösen.«
Sie richtete sich auf und brach in grausames, schreckliches Lachen aus. Beschützend trat Barnabas näher an mich heran. »Kairos braucht dich tot, damit er mich heilen kann«, zischte sie. »Barnabas, geh mir aus dem Weg oder du stirbst zuerst.«
»Das würdest du nicht tun.« Barnabas stieß mich hinter sich, als Nakita ihr Schwert aus dem Boden zog und die Klinge lässig an ihrer Hose abwischte. »Das würde einen Seraphen herbeirufen. Das riskierst du nicht.«
»Wieso denn nicht?«, schrie Nakita und wich mit weit aufgerissenen Augen zurück. »Ich habe gar nichts mehr, Barnabas!«, schrie sie. »Weißt du, wie das ist, Angst zu haben? Ich würde lachen, wenn ein Seraph mich dafür niederstreckt, dass ich einen ihrer heiligen Orte auf der Erde entweiht habe. Dann wäre wenigstens alles vorbei und ich müsste keine Angst mehr haben!«
Barnabas verstand nicht und runzelte die Stirn »Angst?«
Ein schrecklicher Laut entrang sich Nakitas Kehle, er war tief, fast ein Knurren. Er rieselte in mein Hirn und lähmte mich. Dann griff sie an.
Ich unterdrückte ein Kreischen, als sie sich auf Barnabas stürzte, die weißen Flügel ausgestreckt. Barnabas fiel auf die Knie, seine grauen Flügel weit ausgebreitet, und schoss durch die Luft nach hinten. Ich wich zurück, suchte hektisch nach einer Deckung. Ein heftiger Windstoß peitschte die Blätter vom Waldboden auf. Der Klang aneinanderklirrenden Stahls schmerzte mir in den Ohren. Die Schwerter verschränkt, die Armmuskeln bis zum Äußersten angespannt, standen sie da. Flügelschlagend sammelte Barnabas all seine Kraft, um Nakita zurückzudrängen. »Ich muss sie haben!«, schrie Nakita mit wild schlagenden Flügeln und versuchte Barnabas mit schierer Willenskraft zu Boden zu zwingen. »Ich will nicht so sein! Ich kann nicht!«
Mit einem Tritt stieß Barnabas sie von sich. Graue und weiße Flügel streiften die Bäume. Silber blitzte im Dämmerlicht auf, als Barnabas, der klar im Nachteil war, nach vorn stürmte. Er wollte kein Blut vergießen. Doch Nakita war das egal und sie stürzte sich in all ihrer Wildheit auf Barnabas. Der weiße Engel wehrte jeden Schlag langsamer ab als den vorherigen. Der schwarze Engel kämpfte mit der grimmigen Verzweiflung, die nur Menschen kennen, und das hinterließ bei Barnabas allmählich seine Spuren.
Ich erschrak, als ich etwas Schweres an meinem Hals spürte, und umklammerte mein Amulett mit dem Gefühl, die Erde würde sich unter meinen Füßen auftun. Jemand … jemand versuchte, es zu benutzen! Und als Nakita aufschrie, wusste ich, dass sie es war. Der schwarze Engel versuchte, sich unsichtbar zu machen, so wie ich es getan hatte. Sie war zu weit entfernt, als dass mein Amulett sie davon hätte abhalten können, aber das von Barnabas konnte es. Mit einem wütenden Schrei ließ Nakita ihre Klinge gegen Barnabas' Schwert krachen und es flog ihm aus den Händen. Das Amulett um seinen Hals blitzte auf und verlosch. Er war wehrlos. Den Mund in wildem Geheul geöffnet, stürzte sich Nakita auf ihn. Barnabas wappnete sich für den Aufprall, der jedoch ausblieb, denn Nakita hatte die Verbindung zu ihrem Amulett durchtrennt und sich unsichtbar gemacht. Sie glitt durch ihn hindurch, als wäre er aus Wasser. »Pass auf, Barnabas!«, schrie ich, aber es war schon zu spät. Nakita tauchte
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