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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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hatte, der Kälte ausgeliefert, ohne Hilfe für Kostnitz. Plötzlich wurde es ganz still. Nichts rührte sich mehr an der Tür.
    Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum ich plötzlich tat, was ich tat. Nennen wir es eine Eingebung zur richtigen Zeit. Ich sprang auf, so schnell es meine steifen Glieder zuließen, löschte das Licht, krabbelte auf allen Vieren in der Finsternis zu Kostnitz’ Leiche zurück und setzte mich, so gut es ging, in seinen Windschatten, auch wenn mir das äußerst unangenehm war.
    Die Tür öffnete sich langsam. Ich wusste sofort, dass es nicht Matti war. Der hätte gerufen oder meinen Namen gesagt. Ein bisschen Licht fiel durch den Türspalt, und ich erkannte die Statur von Bartholomae. Er tastete nach dem Lichtschalter.
    Was sollte ich denn jetzt bloß machen? Um Himmels Willen! Mein Herz raste vor Angst im Galopp. Der kleine Keilriemen eierte ganz gewaltig, und ich befürchtete, dass Bartholomae das Bum Bum Bum und das quietschige Schleifgeräusch hören könnte. Ich versuchte, ganz flach zu atmen und die Augen halb geschlossen zu halten. Was suchte Bartholomae hier? Und wo um alles in der Welt war Matti abgeblieben? Der müsste doch eigentlich hinter ihm her sein.
    Da Bartholomae den Lichtschalter auf Anhieb nicht finden konnte, öffnete er die Tür ganz. Das war gut für mich, die ich neben Kostnitz kauerte, denn wir saßen sozusagen im Schatten der Tür. Bartholomae warf keinen einzigen Blick in unsere Richtung oder auf die Leiche von Schwester Beate, sondern rollte zielstrebig ihre Bahre einfach beiseite und fing an, den Schrank, in dem verschiedene Chemikalien lagerten, an die Seite zu schieben. Der alte Metallschrank war schwer, und seine Füße machten auf den Fliesen ein kreischendes Geräusch wie Kreide auf einer Schiefertafel. Er schob den Schrank gut einen Meter von der Wand weg und tastete dann die Wand ab. Ich hörte eine Kachel zu Boden scheppern.
    Im ungünstigsten aller Momente meldete sich meine Blase. Ich wäre am liebsten hinausgerannt aufs Klo, und nach mir die Sintflut. Die bahnte sich sowieso schon in meinem Unterleib an. Dass ich Todesangst hatte, machte es nur noch schlimmer. Bartholomae kam wieder hinter dem Schrank hervor. Er griff in die Innentasche seines Mantels, zog einen Umschlag hervor, öffnete ihn und holte einen dicken Packen Geldscheine heraus.
    Meine Beine zitterten, und ich konnte das Geschlotter nicht unter Kontrolle bringen. Der Stoff meiner Jacke raschelte. Ertappt und erschrocken guckte er in unsere Richtung. Ich schloss die Augen und hoffte inständig, unheimlich tot auszusehen. Jetzt kamen seine Schritte auf mich zu. Ich konnte schon sein Rasierwasser riechen. Meine Nase identifizierte den Duft von Jil Sander for Men. Auf was man alles achtet, wenn man den Tod vor Augen hat! Nicht atmen, Margret, nicht atmen. Ich spürte, wie er Kostnitz anschubste. Dann schlug er mir ins Gesicht. Ich war mit den Nerven am Ende und machte die Augen auf.
    »Ah, sieh an, Frau Abendroth«, sprach er mit dieser lang nachhallenden, sonoren Stimme. Ich brachte kein Wort heraus. Unsanft packte er den Kragen meiner Jacke und zog mich daran hoch.
    »Was wird das denn hier für ’ne Totenwache?«
    »Herr Matti kommt gleich wieder«, stammelte ich, so wie wir früher auf dem Schulhof gedroht hatten, mein großer Bruder kommt gleich, und dann verhaut er Dich!
    »Oho! Herr Matti kommt gleich wieder«, ahmte er mich höhnisch nach. »Und dann passiert was?«
    Ich wusste vor Angst nicht mehr, was ich tun oder sagen sollte und stotterte: »Noch ein Mord.«
    Er riss mich so brutal hoch, dass unsere Nasen sich fast berührten. Ich konnte seinen Atem riechen und auf seinem Gesicht ablesen, dass er soeben dabei war zu verstehen, um was es hier ging. Er schubste mich plötzlich so heftig von sich, dass ich neben der Leiche von Kostnitz auf dem harten Fliesenboden aufschlug. Dann setzte er sofort nach. »Was? Was haben Sie …«, schrie er und fing wieder an, mich zu schütteln.
    »Wir wissen alles«, stammelte ich, »Lassen Sie mich los!«
    Ich fühlte, wie über meine eigene schlechte Vorstellung rasende Wut in mir hochstieg, zog meine Knie an und trat zu. Angst hin oder her, anstatt hier rumzueiern, sollte ich mich lieber wehren. Falls Bartholomae die alten Leute umgebracht hatte, dann würde er auch keine Skrupel haben, mich umzubringen. Ob er wohl schon das Fax aus Kathmandu bekommen hatte?
    Ich erwischte ihn leider nur am Knie und nicht zwischen den Beinen. Er ließ sich

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