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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Kostnitz war mitten im Satz weggedämmert. Ich hatte einfach keine Kraft mehr, dem Alten Vorwürfe zu machen. Sollte er doch reden, was er wollte. Hauptsache, er redete überhaupt.
    »Herr Kostnitz. Bitte nicht sterben.«
    Er machte die Augen wieder auf.
    »Warum nicht? Ich habe alles aufgeschrieben, steckt unter meinem Nierenwärmer. Können Sie dann nehmen, wenn ich gestorben bin.«
    Während er sprach, quoll ein ganzer Schwall Blut aus seinem Mund hervor.
    »He, lassen Sie das«, würgte ich. »Sie machen mich wahnsinnig.«
    »Ihr beiden werdet gut zusammenpassen. Ich schlafe ein bisschen. Cognac gibt’s ja keinen. Grüßen Sie Kajo von mir. Mein guter Junge.«
    Kostnitz hustete und spuckte wieder Blut. Selbst ich, absoluter medizinischer Laie, wusste, dass es zu Ende ging. Seine Leber hatte ihre Arbeit für immer niedergelegt. Wie es aussah, war seine Blutgerinnung auf null, und ich würde in wenigen Minuten mutterseelenallein sein.
    »Er spielt so gut. Das erzähl’ ich meiner Prusseliese«, flüsterte er. Er atmete noch dreimal und dann ganz lange aus und dann gar nicht mehr.
    So ging also Sterben. Obwohl ich es mit eigenen Augen sah, wollte ich es nicht glauben. Ich wollte ihm gut zureden und flüsterte: »Kostnitz, wachen Sie bitte, bitte wieder auf. Bitte.«
    Aber der alte Kostnitz hatte alles gesagt, was es zu sagen gab und schwebte jetzt wahrscheinlich schon durch einen langen Tunnel dem Licht entgegen, an dessen Ende die Prusseliese in Knallorange an der Himmelsorgel saß und ihn mit einem schmissigen Tango empfing. Adios Noniño – Gute Reise, Kostnitz.
    Da saß ich nun mit zwei Leichen im Kühlraum. Auch dies ein echtes Weihnachtswunder. Gut, ich kannte die beiden Toten, sie würden mir zombietechnisch nichts tun. Ich rückte keinen Millimeter von Kostnitz weg. Noch war er halbwegs warm. Ob er die Prusseliese schon sehen konnte?
    Ich hatte keine Uhr dabei und konnte nicht mal ahnen, wie lange ich da an eine Leiche gekuschelt vor mich hin geflennt hatte. Gefühlte Temperatur: minus 80 Grad. Meine Hände waren schon blau angelaufen. Das, was mal der Fänger Kostnitz gewesen war, gab jetzt blubbernde Geräusche von sich. Es hatte den Anschein, als ob sich sein Körper von innen her schon zu Lebzeiten aufgelöst hatte. Genau so, wie Schwester Beate es mir an Weihnachten vorausgesagt hatte.
    Das war gruselig. Ich wollte das nicht sehen, und hören wollte ich es schon gar nicht. Aber das Licht auszumachen, wäre noch gruseliger gewesen. Alles Jammern half nichts. Ich schickte ein Stoßgebet in Richtung Oma. Dann pellte ich unter großer Anstrengung Kostnitz’ Leiche aus meiner blutverschmierten Jacke und zog sie mir wieder an. Wenn ich die letzte Überlebende in diesem Kühlhaus war, dann wollte ich das noch eine Weile lang, bis zu meiner hoffentlich baldigen Rettung, auch bleiben. Ich drückte ihm ganz vorsichtig die Augen zu. Obwohl ich versuchte, auf die Augenlider so wenig Druck wie nur möglich auszuüben, konnte ich nicht verhindern, dass zwei Rinnsale Blut aus seinen Augen quollen und ihm die Wangen herunter liefen. Angeekelt wischte ich mir die Hände an meiner Jacke ab. Da ich nichts anderes finden konnte, löste ich zitternd seine Krawatte und band ihm damit das Kinn hoch. Dabei schlotterte ich dermaßen, dass ich Minuten brauchte, um einen Knoten zu binden.
    Jetzt lehnte Kostnitz da an der Kühlhauswand und sah mit der Schleife auf dem Kopf absurd albern aus. Schwester Beate blubberte nicht, was ich ihr sehr zugute hielt. Ich schnürte mir die Kapuze meiner Jacke zu und bildete mir ein, nichts mehr zu hören. Was hätte ich jetzt für die Flippers gegeben!
    Als ich in den Jackentaschen nach meinen Handschuhen suchte, fand ich in einer der vielen Innentaschen Streichhölzer und eine uralte Packung Camel ohne Filter. Ein letzter Gruß von meinem Ex. Unter diesen Umständen wollte ich nicht wählerisch sein.
    Vielleicht sollte ich ein Feuer machen? Ich könnte versuchen, Kostnitz zu flambieren. Er war ja praktisch in Cognac getränkt. Aber dann würde ich ersticken. Nicht gut. Kraftlos rutschte ich an der Wand herunter in die Hocke. Ich rauchte meine letzten drei Zigaretten nacheinander weg. Dann muss ich wohl eingeschlafen sein.
    Ich wachte plötzlich auf, weil ich von draußen ein dumpfes Geräusch hörte. Jemand machte sich an der Tür zum Kühlhaus zu schaffen. Herr Matti, endlich! Was wollte ich gleich noch mal? Genau, den Kerl umbringen, weil er mich hier einfach hilflos zurückgelassen

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