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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Beate. Und richtig, es klingelte aus Schwester Beate. Ich riss hektisch die Klettverschlüsse des Leichensacks auf. Es dauerte länger als eine Schrecksekunde, bis ich begriff, dass das Handy in der Tasche ihrer Strickjacke war. Ungeschickt tasteten meine klammen Finger an ihrem kalten Arm vorbei. Endlich kriegte ich das Handy zu fassen. In dem Moment hörte das Klingeln auf.
    Jetzt keine Panik, Maggie. Anruflisten aufrufen. Na endlich. Beim dritten Versuch, dieses kleine Teufelsding zu bändigen, hatte ich den passenden Knopf gefunden. Nicht angenommene Anrufe aufrufen. Wiederwahl. Ja! Ich hörte ein Freizeichen. Geh ran, geh ran, egal, wer du bist. Jemand hob am anderen Ende ab. Ich hätte vor Glück schreien können. Es war Kajo, ganz leise. Kaum Empfang. Ich kletterte mit zitternden Knien auf die Leichenbahre. Ich schrie immer wieder: »Nicht auflegen, nicht auflegen!«
    Mit einer Hand stützte ich mich am Chemikalienschrank ab und versuchte, eine menschliche Antenne zu bilden. Jetzt hatte ich einen Strich mehr Empfang. Durch sämtliche Funklöcher der Welt schrie ich um Hilfe. Als Kajo endlich verstanden hatte, wo ich war, war ich so erschöpft, dass ich von der Bahre rutschte.
    Ich schaute auf die Uhr im Handy-Display. Insgesamt waren jetzt vier Stunden vergangen, seit ich samt Kostnitz durch die Tür geschubst worden war. Gefühlter Blasendruck: 22 Atu. Und ich, Maggie Abendroth, 37 Jahre alt, vermutlich gerade dabei, mein letztes Weihnachten zu verbringen, habe nichts Besseres im Sinn, als nach Zigaretten zu schmachten. Wurde ich jetzt verrückt? Vermutlich das Beste, was mir in so einer Situation passieren konnte.
    Ich hämmerte wieder gegen die Tür, aber nichts tat sich. Kostnitz hatte aufgehört zu blubbern. Ich kroch zu ihm hin und tastete seine Taschen ab. Warum kam ich auf das Naheliegendste immer zuletzt? Natürlich hatte er Zigarren und ein Feuerzeug in der Tasche. Meine Freude währte nicht lange. Von draußen hörte ich plötzlich einen markerschütternden Schrei.
    Oh nein, Matti war doch noch da. Offensichtlich begann jetzt erst Bartholomaes qualvoller Tod, den er bei vollem Bewusstsein erleben durfte. Wahrscheinlich hatte Matti extra so lange gewartet, bis Bartholomae wieder zu sich gekommen war, damit er auch wirklich mitkriegte, dass er sterben musste. Mit meiner Rechten umklammerte ich die Zigarren und das Feuerzeug.
    Ich wusste nicht mehr, was ich tun, denken oder glauben sollte, als sich die Tür des Kühlhauses langsam öffnete und Herr Matti mit hängenden Schultern vor mir stand. Das Schreien von Bartholomae war in ein leises Wimmern übergegangen.
    »Frau Margret, ich kann das nicht tun. Ich kann das nicht.«
    Ich rappelte mich hoch, wollte Matti am liebsten zu seiner Schwäche gratulieren und gleichzeitig aus dem Kühlhaus fliehen, aber meine Beine spielten nicht mit, und so fiel ich ihm taumelnd in die Arme. Matti fing mich auf und führte mich aus dem Kühlraum. Ich sah Bartholomae auf dem Stahltisch liegen. Er zerrte an den Gurten. Ich wich seinem Blick aus, so gut ich konnte. Da keine andere Sitzgelegenheit vorhanden war als ein offener Sarg auf einem Rollwagen, hob Matti mich hoch und setzte mich sanft hinein. Ich ließ die Beine über den Rand hängen.
    »Herr Matti, ich bin froh, ich bin so froh …«, stammelte ich.
    »Dieser Irre will mich umbringen, tun Sie doch endlich was!«, schrie Bartholomae dazwischen.
    Matti drehte sich um und schaute den Mann auf der Bahre an. Ich griff nach Mattis Hand und zog sanft, aber bestimmt an seinem Arm. Er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, es doch zu tun.
    »Matti, Herr Matti«, flüsterte ich, »helfen Sie mir bitte mal hoch. Bitte.«
    Er schlug die Hände vor sein Gesicht und setzte sich neben mich in den Sarg.
    »Frau Margret, Sommer ist tot. Wissen Sie das? Das war ich. Und den Weizmann, den habe ich nicht … gefunden. Und jetzt kann ich nicht mehr … Frau Margret, was soll ich …?«
    »Binden Sie mich verdammt noch mal los! Hilfe! Hilfe!«, schrie Bartholomae.
    »Ja, Herr Matti. Das mit Sommer war bestimmt ein Unfall. Und jetzt ist es vorbei. Sie müssen nichts mehr tun.«
    Ich strengte mich an, Bartholomae zu ignorieren.
    »Nein, war es nicht. Kein Unfall«, sagte Matti
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »He, alte Schlampe, worauf wartest du noch?«
    Bartholomae ging mir langsam gehörig auf die Nerven.
    »Halten Sie die Klappe, Bartholomae. Halten Sie einfach die Klappe, oder ich mache aus Ihnen eine Leiche! Und ich bin sehr

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