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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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muss ich mich hier duellieren.«
    »Gern geschehen. Die Flusen sind natürlich im Büro, besser gesagt im Kühlhaus. Sie können ja mitkommen.«
    »Fahren wir doch einfach zusammen. Ich nehme Sie mit.«
    »Im Polizeiauto?«
    »Ist das nicht der Traum eines jeden Bürgers, einmal mit dem Polizeiauto zu fahren?«
    »Aber mit Blaulicht; ich bin spät dran.«
    »Ohne Blaulicht!«
    »Ich laufe Gefahr, zu spät zur Arbeit zu kommen. Das nennt man wohl Gefahr im Verzug, oder?«
    »Das hab ich nicht gehört.«
    Streifenwagen ohne Blaulicht – wie unspannend. Ich versuchte noch mal, und nur aus purem Trotz, die Tür meines Autos aufzustemmen. Aber der Schlüssel drehte sich kein bisschen. Mit voller Wucht riss ich sinnlos am Türgriff. Meine Handschuhe rutschten ab, ich glitt aus und wäre wieder auf meinem Steißbein gelandet, wenn Blaschke nicht netterweise hinter mir gestanden hätte. Er fing mich auf. Dann hing ich da, wie ein Sack nasser Wäsche. Meine Schuhe fanden keinen Halt auf dem eisigen Untergrund.
    »Was haben Sie gegen das Polizeiauto?«
    »Nichts, Hauptsache, es fährt.«
    Ich versuchte wieder, auf dem vereisten Boden Halt zu finden.
    »Es fährt, das kann ich versprechen.«
    Endlich hob er mich hoch und schob mich in die Senkrechte zurück.
    »Dann liegt es wohl an mir?«
    »Kann ich nicht beantworten. Ich bin restbetrunken.«
    Blaschkes Augenbrauen wanderten nach oben. Ich schaffte es, ohne erneuten Stunt in den Streifenwagen zu steigen und ließ mich zum Büro fahren. Im Streifenwagen roch es entsetzlich gut nach seinem Aftershave. Obwohl mir flau im Magen war, hätte ich mich jetzt gerne mit meiner Nase an seinem Nacken festgesaugt.
    Aber in jeder Kurve schwappte ein Rest Rotwein durch mein Hirn, und mein Magen verlangte dringend nach festem Untergrund. Blaschke konzentrierte sich darauf, das Auto heil durch die Schneeverwehungen zu bugsieren und ich mich darauf, dass mein Mageninhalt blieb, wo er hingehörte. Ich war erleichtert, als wir endlich bei Pietät Sommer vor der Tür standen.
    »Sie kommen besser nicht mit rein.«
    »Oh, ich denke, ich komme besser mit rein.«
    »Wie Sie wollen. Nur, wenn Sommer da ist, halten Sie den Mund und mimen Trauer. Er könnte immerhin zum Verdächtigenkreis gehören.«
    »Verstehe – wir haben einen Verdächtigenkreis.«
    Wir standen immer noch vor dem Büro in der Kälte herum, und immer noch grinste Blaschke in die Gegend wie ein Fünfjähriger. Dann beugten sich seine 1,95 Meter zu meinen 1,63 Metern herunter.
    »Übrigens, ich habe die Dreißig weit überschritten, Miss Marple.«
    »Und ich, Monsieur Maigret, schon lange«, gab ich zurück.
    Abgesehen von Schneeballschlachten und Restalkohol-Geständnissen tat ich noch etwas, was ich morgens sonst nie tat: Ich war noch nie durch den Lieferanteneingang ins Haus gegangen. Diesmal wählte ich allerdings bewusst den Weg über den Hof. Sollte der Herr Kommissar zur Strafe doch gleich was zu sehen kriegen.
    Ich schob die Stahltür auf und rief nach Matti. Dieser kam auch prompt aus dem Kühlraum geschlurft. Er trug seine grüne OP-Kluft, eine riesige Plastikschürze und Handschuhe, die ihm bis zu den Ellenbogen gingen. In jeder Hand hielt er einen vollen blauen Müllsack.
    »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen, Matti. Das ist übrigens Kommissar Blaschke. Kann ich mal ins Kühlhaus?«
    »Jetzt ja.«
    Zu meiner Verblüffung legte er die beiden Müllsäcke in einen mit Trauerdecke und Kissen vorbereiteten Sarg. In den Säcken gluckerte es.
    »Was machen Sie da, Matti?«
    »Einbetten. Selbstmord. S-Bahn.«
    »Oh, ja. Das war … 3.38 Uhr heute morgen«, gab Kommissar Blaschke wie aus der Pistole geschossen zu Protokoll. Fassungslos starrte ich auf die beiden blauen Müllsäcke, die offensichtlich die Überreste eines Menschen enthielten.
    »Der ist da drin?!«, japste ich.
    » Die ist da drin. Soeben von der Rechtsmedizin freigegeben. Ein tragischer Selbstmord, Mutter von zwei kleinen Kindern«, korrigierte Matti.
    Obwohl es sich um besonders dicke Spezialplastiksäcke zur Leichenentsorgung handelte, sah ich – ich schwör’s – ein Gesicht, das sich von innen gegen das Plastik drückte. Außerdem schwappte in dem einen Sack irgendetwas verdächtig hin und her.
    Ich konnte gar nicht so schnell rennen, wie die zwei Tassen Espresso, die heute mein Frühstück gewesen waren, mich wieder verlassen wollten.
    Ich spurtete die Wendeltreppe hinauf, an einem verblüfften Kugelfisch vorbei zur Toilette und übergab mich

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