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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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allerdings hatten diese sieben Zentimeter hohe Pfennigabsätze. Wie sie überhaupt die zwei Straßen vom Salon bis hierher ohne schweren Sturz und Genickbruch geschafft hatte, war mir ein Rätsel. Vor allem müssten ihre Füße, wenn sie denn den allgemeinen Naturgesetzen folgen würden, schon total eingefroren und gefühllos sein. Wie kriegte sie überhaupt mit, dass sie auf dem Pflaster stand? Vermutlich gar nicht – brauchte sie auch nicht. Wilma schwebte einfach so dahin.
    »Na los, gehen wir rein. Du hast doch einen Termin gemacht, oder?«
    »Ja!«, gab sie beleidigt zurück.
    »Wilma, du weißt, was du zu sagen hast?«
    »Jaa-haa! Glaubst du, ich bin meschugge?«
    »Nein, glaube ich nicht. Aber wir waren gestern bei der Planung sehr betrunken.«
    »Sonst hätte ich wohl nie ja gesagt. Mir ist nicht wohl dabei, ehrlich. Du immer mit deinen komischen Storys. Das letzte Mal, als du den investigativen Journalismus neu erfunden hast, hatten wir einen libanesischen Mädchenhändlerring aus Mönchengladbach am Hals. Erinnere dich!«
    »Ja, ja.«
    Es war höchste Eisenbahn, Wilma vom Weiterdenken abzuhalten, sonst würde sie mir die Geschichte mit den Fahndern vom LKA und der Bundesfinanzbehörde noch mal erzählen. Die kannte ich aber schon auswendig. Ich war schließlich dabei gewesen. Dafür hatte ich nicht den Pulitzer-Preis bekommen.
    Sanft schob ich sie vor mir her durch die Tür. Das satte Ding-Dong der Türglocke erfüllte den Raum.
    »Hallo, nehmen Sie bitte einstweilen Platz, ich komme sofort«, ließ sich eine angenehme Stimme aus dem Off vernehmen. Hinter der Stimme, die, wie das satte Ding-Dong, gehaltvoll in der Luft hängen blieb, kam ein agiler Mittvierziger durch einen Vorhang geweht.
    »Bartholomae, mit A und E am Ende. Was kann ich für die Damen tun? Frau Korff, nehme ich an?«, eröffnete er enthusiastisch das Gespräch.
    Bartholomae erkannte mich nicht. Wie auch, mit Wollmütze, Schal und dickem Mantel? So schemenhaft ich ihn bei unserer kurzen Begegnung im Büro von Pietät Sommer wahrgenommen hatte, hoffte ich, dass das umgekehrt auch für ihn galt. Ich machte vorsorglich keine Anstalten abzulegen.
    Wilma öffnete mit einer eleganten Geste ihren Mantel aus sündhaft teurem, silbergrauem Kunstpelz und behielt dabei die gepflegte Erscheinung des smarten Geschäftsmannes im Auge. Bartholomae seinerseits starrte auf ihre Stiefel. Vermutlich fragte er sich auch gerade, ob Wilma schweben konnte. Ich musste ihr einen Knuff in die Seite versetzen, sonst hätte sie ihm mit ihren Blicken noch Löcher in den Maßanzug gebrannt. Endlich erwachte sie aus ihrer Trance, in die der Anblick von Mr. Gehaltvolle-Stimme sie hineinversetzt hatte.
    »Ich … ich … bin Frau Korff. Ich habe eine Tante.«
    Oh, Wilma, blahblah.
    »Frau Korff meint, sie braucht eine Pflegehilfe für ihre kranke Tante«, soufflierte ich. »Eigentlich ist es gar nicht ihre Tante, sie nennt sie nur Tante, und diese Nicht-Tante braucht jetzt Hilfe im Haushalt.«
    Wilma schaute mich an, als wollte sie mich fressen.
    »Danke, Liebes«, stoppte sie meinen Redeschwall, dann wandte sie Bartholomae wieder ihre volle Aufmerksamkeit zu: »Herr Bartholomae, meine Tante«, und jetzt betonte sie meine Tante ganz besonders, »möchte von mir nicht gepflegt werden.«
    Da war sie ja wieder, die alte Flickenschildt. Bravo! Happen hingeworfen und abwarten. Der geschniegelte Herr Bartholomae mit A und E am Ende, dessen breites Lächeln im Raum hing wie das der Edamer Katze aus Alice im Wunderland, nickte wissend und verständnisvoll. Endlich löste sich bei ihm die Wilma-Starre, und er flüchtete sich in seine Routine.
    »Ja, also, die Tante … Ich nehme mal an, sie wohnt in Bochum?«
    »Ja, wo denn sonst? Oder pflegen Sie weltweit?«
    Wilma hatte natürlich sofort gemerkt, dass Bartholomae liebend gerne gewusst hätte, wo genau in Bochum die Tante wohnte. Leider hatten wir uns gestern darüber noch nicht geeinigt. Aber so war es auch gut. Bartholomae war von Wilma auf seinen Platz verwiesen worden, und wie!
    »Ja, ja. Ich meine, im Umkreis von 40 Kilometern wäre das schon möglich. Mit Aufpreis, versteht sich.«
    Wieder sah er uns erwartungsvoll an. Aber Wilma schaute nur zurück, ohne etwas zu sagen. Sie ließ ihre langen Wimpern langsam einmal nach unten klappen. Eine kleine Pantomime der Verstimmung, so als wollte sie sagen: »Herr, schick Hirn vom Himmel, sonst sitzen wir morgen noch hier.«
    »Das Beste ist, ich gebe Ihnen fürs Erste mal unsere

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