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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Brust. Ich wurde sogar unsanft bedrängt. In totaler Finsternis kämpfte ich mit meinem Mantel, dem Kissen, meinem Schal und meiner Wollmütze, die mir über die Augen gerutscht war.
    Als ich endlich die Mütze von meinen Augen gezerrt hatte, sah ich Dr. Thoma. Er saß auf meiner Brust und starrte mir mit Augen, groß wie Mühlsteine, ins Gesicht.
    »Was?!«, herrschte ich ihn an.
    »Maaoooo.«
    »Und?«
    »Maaaoooo.«
    Ich schaute auf die Uhr. Kurz vor drei, aber ziemlich verschwommen. Und ich hellwach. Ich hatte bei meiner Ankunft das Rollo nicht heruntergelassen. Von draußen stach mir jetzt das Licht der Straßenlaterne unangenehm in die Augen. Meine durch die Kälte etwas angeschlagene Blase rebellierte, nicht zuletzt, weil der dicke Dr. Thoma auf meinem Bauch mit seiner Milchtritt-Massage angefangen hatte. Ich schob ihn zur Seite und ächzte aus dem Bett, machte das Licht an und ließ endlich das Rollo herunter. Draußen fuhr ein Streifenwagen vorbei. Ob der Herr Oberkommissar Blaschke wohl wieder auf der Suche nach der islamistischen Front durch Bochums Nobelstraßen kutschierte? Während mein Düsenjet-Wasserkocher aufheulte, zog ich mich endlich aus und ging ins Bad.
    Es gestaltete sich sehr schwierig, den blauen Fleck an meinem Hintern zu begutachten. Der Alibert hing definitiv zu hoch für Erkundungen im Bereich des verlängerten Rückens. Ich versuchte es mit dem Spiegelchen in meinem Make-up-Döschen. Dr. Thoma schaute sich meine Verrenkungen an und maunzte mehrfach ungeduldig. Meine Version der Venus von Milo konnte ihm kein Interesse entlocken. Der Kater verlangte nach seinem Schmackofatz.
    Nach mehreren hilflosen Verrenkungen gab ich es auf. Meine Verletzungen waren definitiv nicht lebensbedrohlich. Durch mehrere Kissen gut gepolstert, saß ich wieder in meinem Bett und schlürfte meinen heißen Diätkakao. Dr. Thoma hatte ein rohes Ei bekommen und war endlich zufrieden.
    Mehrmals löschte ich das Licht, machte es wieder an, löschte es wieder, aber an Schlaf war nicht zu denken. Zu guter Letzt gab ich auf und hangelte nach meiner Handtasche. Wie gesagt war meine Wohnung sehr klein, eigentlich so klein und handlich wie ein Einhandsegler. Thor Heyerdahl hätte seine reine Freude daran gehabt, mit meiner Wohnung über den Pazifik zu segeln. Alles in Griffweite. Ich fischte mein Notizbüchlein hervor und trug laut vor:
    »Eine Menge alter, hilfloser Menschen stirbt eines vermeintlich natürlichen Todes. Wem, verdammt noch mal, nützt das? Dr. Thoma, was sagst du dazu?«
    Aber Dr. Thoma hatte sich am Fußende zusammengerollt und schlief den Schlaf der Gerechten.
    »Maus«, flüsterte ich. Sein linkes Ohr zuckte ein wenig. »Brühwürstchen«, steigerte ich den Einsatz. Jetzt drehte sich sein linkes Ohr wie ein kleiner Parabolspiegel in meine Richtung. »Reingefallen!«
    Jetzt legte der Kater beide Ohren an. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er eine Kralle ausgefahren, aber ich war schneller. Bevor er mir seine Pranke in den Fuß rammen konnte, hatte ich ihn weggezogen. Dr. Thoma tat so, als sei nichts geschehen und rollte sich ganz eng zusammen.
    Na gut, dann eben nicht. Denke ich eben alleine weiter: Also, wenn ich kriminelle Energie hätte, was würde ich dann tun? Wenn ich ein Verbrechen aufklären will, muss ich denken wie ein Verbrecher. Wie denkt ein Verbrecher denn? Tja. Gute Frage.
    Ich drehte und wendete meine kriminelle Kompetenz und blieb bei Schwester Beate hängen. Sie hatte Mittel, Gelegenheit und Sachkenntnis. Aber das Motiv blieb im Dunkeln. In Prusselieses Haus hatte nichts gefehlt. Kostnitz hätte es trotz Alkoholabusus gemerkt, wenn das Familiensilber nicht mehr da gewesen wäre. Also Hass – der kommt auch als Motiv infrage. Hasst Schwester Beate die alten Leute so sehr? Hasst sie ihren Job? Ich hasse meinen Job. Bringe ich deswegen gleich alle Bestatter um? Den Eindruck, den Schwester Beate bei der Beerdigung gemacht hatte … nee, also ehrlich. Nach Hass sah das nicht aus. Aber was weiß ich schon, was unter so einem weißen Kittel und dem adretten Haarknoten alles brodelt? So kam ich nicht weiter.
    Wenn es doch um Geld geht, dann bleiben nur die Bestattungsverfügungen oder die Versicherungen. Dann arbeitet Schwester Beate vielleicht mit diesem Bartholomae zusammen?
    Aber wie? Wie macht man damit Geld? Irgendwie klang alles nach einem Taschenspielertrick vom »Großen Mumpitz«. Die Vorstellung einer komplett durchgeknallten Pflegekraft, die als Todesengel von Bochum fleißig

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