totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)
nichts dafür. Blödmann Blaschke und sein Beweismaterial! In meine Füße kroch langsam so etwas wie Leben zurück, meine Nase lief. Ich bediente mich schamlos an Sommers Trauer-Kleenex.
Das Telefon klingelte. Wilma war am Apparat. Ich hatte sie schon wieder vergessen. Oh Mann, jetzt war sie wirklich wütend auf mich, und das zu Recht. Ich flüsterte ins Telefon, dass ich sie dringend wegen eines großen Geheimnisses sprechen müsse. Ich versprach, noch am selben Abend vorbeizukommen. Sie versprach mir, mich umzubringen, sollte das Geheimnis nichts taugen.
Aber vorher hatte ich noch was zu erledigen. Blaschke konnte mich mal, und zwar kreuzweise. Ich hatte Bartholomae zwar aus Zeitgründen etwas aus den Augen verloren, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Also, der Besuch bei B & B musste geplant werden. Aus den Gelben Seiten suchte ich mir die Adresse heraus.
Wilma würde ab morgen eine alte, pflegebedürftige Tante fünften Grades haben. Ich musste ihr das nur noch schmackhaft machen. Nach der zweiten Flasche Rotwein würde sie fest daran glauben, tatsächlich eine Tante zu haben.
Der Abend mit Wilma gestaltete sich dann auch ganz gemütlich. Bei Kerzenschein und Rotwein erzählte ich ihr die ganze Geschichte. Eine Beschreibung des arroganten Kommissars mit den passenden Socken inklusive. Bis dahin war sie hellauf begeistert und öffnete noch eine weitere Flasche. Ab und zu warf sie ein, dass das doch sicherlich nur schon wieder die neueste Idee für eines meiner beknackten Drehbücher sei. Sie empfahl mir enthusiastisch, den Kommissar etwas grobschlächtiger zu gestalten, so wie Schimanski eben.
Manchmal konnte ich ihr nicht ganz folgen.
Solange ich noch halbwegs nüchtern war, musste ich sie davon überzeugen, dass sie selbst ab morgen in diesem Drehbuch eine wichtige Rolle zu spielen hatte.
Eine weitere Flasche Rotwein später wankte ich aus der Tür. Im Gepäck Wilmas Versprechen, bei B & B die traurige Geschichte der pflegebedürftigen Tante zum Besten zu geben.
»Du wirst besser sein als die Flickenschildt«, versprach ich, als ich schwankend im Türrahmen stand. Wilma flötete mir noch hinterher, dass sie es doch lieber sähe, wenn der Kommissar aussehen würde wie George Clooney. Egal, Hauptsache, sie machte ihre Sache gut.
Während ich mit meinem Wagen ganz langsam in Richtung Stadtpark schlingerte, dachte ich über Blaschke nach. Er sah doch schon aus wie George Clooney für Arme, mit rotblondem Haar und mindestens stattliche 25 Zentimeter größer als George. Nur hatte ich das Wilma noch gar nicht auf die Nase gebunden. Das blieb mein Geheimnis. Ein rothaariger George Clooney mit Sommersprossen, und das im Winter, in einem echten Kamelhaarmantel mit passendem Schal und passenden Socken und passenden Handschuhen. Ob es da wohl eine geschniegelte Frau Blaschke gab, die ihm die Sächelchen ausgesucht hatte? Ich würde das recherchieren müssen. Bald!
Kaum hatte ich das gedacht, rutschte ich aus und schlug vor meiner Haustür lang hin. Da hatte ich unter Einsatz meiner gesamten Konzentration und in sehr angeheitertem Zustand mein Auto sicher bis vor die Haustür gebracht, dabei gegen so ziemlich alle Gesetze der Straßenverkehrsordnung verstoßen, und jetzt das!
Ich lag im Schnee wie ein toter Käfer, und mein Hintern schmerzte. In meiner Straße war niemand mehr wach, also hatte auch niemand meinen peinlichen Stunt gesehen. Als ich mich endlich auf allen Vieren durch den Schnee bis zum Mäuerchen geschleppt und daran hochgestemmt hatte, sah ich, dass Dr. Thoma vor meinem Fenster saß und mir einen tödlich beleidigten Blick zuwarf.
»Du bist eben mit einer haltlosen Person befreundet. Gewöhn dich dran.«
Aufreizend langsam setzte er sich in meine Richtung in Bewegung und wartete dann ungeduldig maunzend, bis ich die Haustür geöffnet hatte. Dann sauste er vor mir her die Kellertreppe hinunter und landete noch vor meiner Tasche auf dem Bett. Komplett angezogen fiel ich in die Kissen. Morgen werde ich dem Schnöselkommissar aber mal zeigen, was eine Harke ist. Investigativer Journalismus bleibt nicht auf dem Arsch sitzen. Investigativer Journalismus fährt mit einigen Promille sicher Auto und noch vieles mehr. Mehr als Sie sich vorstellen können, Herr Blaschke!
Diese Tirade fiel für meine Verhältnisse sehr kurz aus; während ich noch vor mich hin brabbelte, schlief ich ein.
16
Plötzlich fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Jemand lag in meinem Bett. Ein Gewicht lastete schwer auf meiner
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