totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
erinnerte mich fatal an den Friedhofstag.
»Was ’n hier los? Bombenalarm?«, sagte Hassan und stieg aus. »Danke fürs Mitnehmen … sagen wir 19 Uhr? Ey, guck mal, da ist das Love-Mobil von Kai Pflaume.«
»Wo?« Ich stieg ebenfalls aus und ging bis zum großen Gittertor. Aus der Menge löste sich die Gestalt von Danuta. Sie lief auf uns zu, winkte frenetisch und schrie: »Hassan, Hassan, komm mal her … der Kai Pflaume ist da.«
»Warum wird mir jetzt übel, Maggie?«, sagte Hassan.
»Weiß ich nicht. Hoffentlich will der nicht mit dir sprechen.«
Im Hintergrund sah ich einen Aufnahmeleiter mit Headset herumlaufen. Er zeigte mit ausgestrecktem Arm auf uns. Die Kameraleute richteten ihre Objektive aus.
»Wenn du einen Rat von mir haben möchtest – die würden dich nicht filmen, wenn es nicht um dich ginge.«
Mit ausgestreckten Armen stöckelte Danuta auf Hassan zu und raunte: »Hassi, du wirst es nicht glauben … ich darf es ja gar nicht sagen, ich und Walburga, wir haben das für dich eingestielt, weil … also.«
Sie umarmte ihn und flüsterte ihm was ins Ohr. Hassans Teint wechselte von Oliv zu Aschegrau. Er stieß Danuta zur Seite und schrie: »Jemanden in Bagdad gefunden?! Bist du total bescheuert?!«
Kai Pflaume, gefolgt von einem Kamerateam, kam auf das Tor zu und rief: »Danuta?«
Sie zuckte zusammen, machte den Mund auf und zu, aber es kam kein Wort heraus. Jemand rief: »Laufen die Kameras? Das muss alles mit drauf!«
Ich schob Hassan in den Wagen, knallte die Tür zu und warf mich auf den Fahrersitz. Rückwärtsgang einlegen und mit quietschenden Reifen auf die Königsallee preschen war eins.
Hassan hielt sich am Armaturenbrett fest und krächzte: »Ich bring die Tussi um.«
»Kommt davon, wenn man den falschen Leuten herzzerreißende Geschichten aus Tausendundeiner Nacht erzählt.«
»Hinterher ist man immer schlauer«, sagte er und blickte sich in Panik um. »Ich dachte, die Story wäre gut.«
»War sie ja auch – zu gut. Werden wir verfolgt?«
»Ich glaube, nicht.«
Mir dämmerte, wen Kai Pflaume gefunden hatte, und ich sagte: »Und was jetzt? Wenn du Glück hast, sind deine Eltern in einem Hotel in Köln. Aber die werden mittlerweile wissen, wo du wohnst. Du bist am Arsch, Hassan.«
»So was von am Arsch. Ich muss hier weg. Je schneller, desto besser. Du kannst meinen Fernseher haben, wenn du willst.«
»Vielleicht solltest du doch mit deinen Eltern reden? Wo sie schon mal da sind …«
»Willst du meinen Fernseher etwa nicht?!«
»Schon gut.«
Wir parkten in einiger Entfernung zu seiner Wohnung, dann schlichen wir über drei Nebenstraßen zu Fuß zum Haus. Während Hassan seine Sachen packte, schaute ich mich in der Wohnung um. Hier gab es beim besten Willen nichts Billiges. Für einen Studenten ein bisschen zu elegant und teuer. Hassan packte Papiere und zwei Ordner in eine Reisetasche, nahm Pass und ein dickes Geldbündel aus seinem Schreibtisch und drückte sie mir in die Hand.
»Was ist mit Klamotten? Willst du nichts zum Anziehen mitnehmen?«
Er hastete ins Schlafzimmer und kam fünf Minuten später mit einem vollen Rucksack auf den Schultern wieder heraus. Dann nahm er den Flachbildfernseher von der Wand, wankte unter dem Gewicht, und ich musste lachen und sagte: »Lass mal hängen – du bist auf der Flucht.« Er stellte das Ding ab und zuckte die Schultern. »Wenn du meinst.«
»Ja, ich meine. Ich schleppe doch jetzt nicht so ein Riesending durch die Gegend. Der passt auch gar nicht in den Wagen.«
Wie gut, dass niemand von mir verlangte, meinen Schmerz über das zurückgelassene Hightechgerät in Worte zu fassen. Nach kaum zehn Minuten zogen wir die Wohnungstür hinter uns zu. Hassan ließ den Schlüssel von außen stecken.
»Gibt es hier einen Hinterausgang?«
»Ja, sicher. Durch den Keller zu den Mülltonnen und in den Garten. Warum?«, fragte Hassan.
»
You never know
.«
Im Garten hielten wir uns dicht hinter der mannshohen Hecke. Hassan schob ein paar Zweige zur Seite und hielt die Luft an. Zwei silberfarbene Limousinen mit verdunkelten Scheiben fuhren durch die Straße. Sie verlangsamten ihre Fahrt, und auf der uns zugewandten Seite surrten die Scheiben herunter. Ein Mann mit einer Kufiya auf dem Kopf schaute aus dem Fenster und zeigte auf die Haustür, durch die wir gottlob nicht gegangen waren.
»Wer ist das?«, fragte ich.
Hassan warf sein Handy ins Gebüsch und trat mit dem Fuß nach, damit es in der Erde verschwand. »Der Bruder meines
Weitere Kostenlose Bücher