totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Sorge, der kleine Sarg ist in guten Händen. Ich habe nicht vor, noch mal in meinem Leben bei einer Verfolgungsjagd den Kürzeren zu ziehen. Ach, Moment, hier ist die Telefonnummer von den Brenners. Ich glaube, Monika würde sich sehr über einen Anruf von dir freuen.« Ich gab Rudi den Zettel mit der Adresse seiner ehemaligen Pflegefamilie. Er starrte darauf und schluckte. »Echt?«
»Ich habe mir ihr gesprochen, am Telefon. Sie hat immer noch das Foto von dir, Rudi. Sie hat dich nicht vergessen.«
Er stieß einen Jubelschrei aus und rannte aus dem Büro. Ich hörte ihn die Treppe hinaufpoltern – und bevor über meinem Kopf eine Vorstellung von
Lord of the Dance
losgehen würde, verließ ich schnell das Büro.
Kaum zu Hause angekommen, meldete sich mein Handy. Ein Schniefen, ein Schluchzer, dann die brüchige Stimme von Wilma: »Was hab ich getan?«
»Das weiß ich nicht, Wilma.«
»Alles ist fürchterlich. Acki ist nicht der Richtige. Und hier ist alles furchtbar, und Raoul nervt. Und Carmen ist hier und hat das ganze Dorf aufgemischt. Ich stehe den ganzen Tag in einer Art Gemischtwarenladen rum und muss sämtlichen Frauen die Haare machen. Ich wusste noch nicht mal, dass hier so viele Leute wohnen in dem Dorf. Da hätte ich auch zu Hause bleiben können! Und dann spricht Carmen auch noch fließend Spanisch, und ich verstehe kein Wort, was die da bequatscht.«
»Aha.«
»Mein Leben geht den Bach runter … Und der Knipser bringt Grazia mit … davon war nie die Rede! Was soll ich denn jetzt machen? Die sieht bestimmt besser aus als ich … Ich sehe aus wie … wie … und weit und breit kein Spa und kein Klamottenladen. Noch nicht mal die Fingernägel kann man sich hier machen lassen. Und Acki findet alles nur total romantisch und toll und hat nichts anderes im Kopf, als mit den Kerlen aus dem Dorf auf dem Marktplatz Menschenpyramiden zu machen – die sind total bekloppt hier, was soll das für ein Sport sein? Und gestern ist er gestürzt und hat jetzt ein dickes Knie … und er passt nicht mehr in seine Jaggerhose und den rechten Schuh kriegt er auch nicht mehr an. Maggie, hilf mir!«
»Blas es ab. Kommen auch wieder bessere Zeiten.«
»Das ist alles, was du dazu zu sagen hast?« Wilma hörte sich plötzlich wieder ganz normal an, also streitlustig.
»Ja. Was soll ich denn sonst sagen? Wilma will heiraten – Wilma plant Hochzeit. Wilma will nicht mehr heiraten – Wilma sagt Hochzeit ab. Ich war von Anfang dagegen. Wohlgemerkt, ich habe nichts gegen deinen Fahrradfreak, überhaupt nichts, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ihr beide wirklich über die üblichen drei Amüsiermonate hinaus zusammenpasst. Und diese Idee, einfach hier abzuhauen … Aber bitte, es ist dein Leben. Verpfusche es mit allem, wonach dir der Sinn steht. Das mache ich schon seit Jahren so, und es funktioniert total gut. Nimm mich einfach als bestes schlechtes Beispiel.«
»Aber Maggie …«
»Komm, stell dich nicht so an, wasch dir die Haare, feile dir die Fingernägel, klatsch dir Eiswasser ins Gesicht und hol dir für eine Gesichtsmaske Gurken und Quark aus Raouls Küche – und morgen sind alle Freunde bei dir, dann geht’s dir wieder besser. Schöner als bei Raoul kann die Hochzeit nicht werden.«
»Du kommst nicht?« Ihre Stimme überschlug sich.
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Darum nicht.«
»Kannst du nicht einmal über deinen Schatten springen? Oder hast du kein Geld fürs Ticket?«
»Es geht nicht ums Ticket, es geht ums Prinzip. Und Grazia ist noch ein Grund obendrauf. Und ich komme nicht, weil ich nicht will. Und ach … Winnie kommt wahrscheinlich auch nicht, weil er hier noch in einem Mordfall zu tun hat.«
»Und das sagst du mir jetzt erst? Mein Brautführer kommt nicht? Warum kann er mir das nicht selber sagen?« Ihre Stimme war bereits ganz in der Nähe der Königin der Nacht, und ich muss zugeben, dass ich ein wenig grinste. Aber nur ein ganz klein wenig.
»Nimm Matti als Brautführer. Der ist ein würdiger Ersatz. Und jetzt muss ich leider aufhören. Das wird zu teuer. Ich wünsche dir alles Gute, Wilma. Du wirst eine tolle Braut sein. Und Grüße an den Bräutigam und an Raoul. Sag ihm, die Garnelen haben Wunder gewirkt.«
»Ja, dann … was denn für Garnelen?«, sagte Wilma.
Ich legte auf und betrachtete die Pfützen auf dem Hof. Keine echte Alternative zu Sonne, Dorfleben, Menschenpyramiden und Raouls Küche … Ich hatte die Wahl gehabt und zu dem einen Ja und dem anderen Nein gesagt. Das
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