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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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keine Spuren zu hinterlassen. Als ich fertig war, schaute der Typ auf das Formular, ohne zu checken, dass dort ein anderer Name und eine andere Adresse standen. Wahrscheinlich wusste ich im tiefsten Inneren, dass es an dem Abend Ärger geben würde.«
    Er gönnte sich eine kurze Pause.
    »Jedenfalls verließ ich die Bar und ging zurück zum Wagen. Al kam hinter mir her. Er war so betrunken, dass er kaum stehen konnte, geschweige denn geradeaus gehen. Trotzdem stürmte er mir irgendwie hinterher und zeigte mit dem Finger auf mich. Dann erzählte er mir, was für ein Stück Scheiße mein Dad wäre. Vor der Bar standen mehrere Leute. Sobald sie hineingegangen waren, schlug ich ihn. Er war so betrunken, dass er es nicht kommen sah. Als er am Boden lag … brach ich ihm die Nase mit dem Absatz meines Schuhs.«
    Die Lichter der Autobahn reflektierten in seinen Augen. Er war in Gedanken versunken und sagte eine Weile nichts. Schließlich wandte er sich mir wieder zu.
    »Als er endlich auf die Beine kam, war er übel zugerichtet und konnte kaum noch sprechen. Trotzdem schaute er mir geradewegs in die Augen und sagte: ›Du hast einen beschissenen Fehler gemacht, Alex. Ich hab versucht, dir zu helfen. Ich hab versucht, deiner Mum zu helfen. Du bist für deinen Dad gekommen, stimmt’s? Deinen fantastischen Dad. Warum
gehst du nicht einfach hin und fragst ihn nach seinem schmutzigen kleinen Geheimnis in Wembley?‹«
    »Was meinte er damit?«
    Ein Glanz legte sich über seine Augen.
    »Ich stieg in den Wagen und versuchte, mich zu beruhigen. Dann fing er wieder von vorn an. Er spuckte Blut über die Motorhaube und sagte, ich sollte mich selbst ficken. Und dass er eine Vergnügungsreise machen wollte, um dabei zu sein, wenn man meinen Dad auf die Straße setzte. Dann schaute er mich an und sagte: ›Geh und frag deinen Dad nach deinem Bruder.‹«
    »Deinem Bruder ?«
    Er nickte. Tränen liefen ihm übers Gesicht.
    »Ich drückte das Gaspedal bis zum Boden durch und hielt genau auf ihn zu. Der Wagen erwischte ihn frontal. Wahrscheinlich hatte ich siebzig Stundenkilometer drauf. Vielleicht sogar mehr. Er prallte nicht gegen die Windschutzscheibe, sondern wurde einfach seitlich weggeschleudert. Und ich ließ ihn liegen. Als ich noch einmal in den Spiegel schaute, lag er mitten in einer Pfütze. Und er bewegte sich nicht mehr. Kein bisschen mehr.«

47
    »Wo bist du danach hingegangen?«, fragte ich. Es war dunkel, fast neun Uhr, und wir steckten rund fünfzehn Kilometer von meinem Haus entfernt im Stau am Londoner Stadtrand fest.
    »Nach Frankreich«, erwiderte er. »Nach meiner Flucht von zu Hause nahm ich meine Kreditkarte und ließ mir den Betrag auszahlen, den man pro Tag maximal abheben kann. Dann fuhr ich nach Dover. Ich ließ den Wagen stehen und
trieb einen Trawler auf, der mich über den Kanal brachte. Da ich keinen Pass hatte, ließen sich die Seeleute den Transport und ihr Stillschweigen teuer bezahlen.«
    »Und was hast du in Frankreich gemacht?«
    »Miese Jobs angenommen. Toiletten geputzt und in Cafés gekellnert. Ich wollte nicht auffallen. Nie hab ich länger als drei Monate im selben Job gearbeitet, weil ich keine Ahnung hatte, ob die Polizei mir auf den Fersen war.«
    »Warum bist du zurückgekommen?«
    »Ich bekam Heimweh, und irgendwann hasste ich Frankreich. Die Jobs waren furchtbar und die Wohnungen, in denen ich hauste, noch schlimmer. Fünf Jahre hab ich so verbracht, und jeder einzelne Tag war zermürbend. Also trieb ich ein Boot auf, das mich zurückbrachte. Und dann ging ich zu Michael.«
    »Kanntest du ihn von früher?«
    »Ja«, sagte Alex, »er war ein Freund gewesen. Ein guter Freund. Als ich noch bei Mum und Dad wohnte, arbeitete er in unserer Pfarrgemeinde. Damals nannte er sich Mat. Michael Anthony Tilton. Später ging er auf Reisen. Als er zurückkam, übernahm er die Stelle in East London, und ich bemerkte die Veränderungen an ihm. Dass er zum Beispiel nicht mehr über seine Familie sprach und dass er sich unbehaglich fühlte, wenn ich ihn Mat nannte. Wahrscheinlich war es Andrews Einfluss, der ihn veränderte, nicht nur wegen der Drogen, der Folter und der Angst. Ehe ich verschwand, besuchte ich ihn mehrmals in seiner Kirche. Das letzte Mal unmittelbar vor der Sache mit Al.«
    »Hast du damals die Geburtstagskarte gekauft, die ich in der Dose gefunden habe?«
    Er nickte.
    »Und warum hast du dich nach der Rückkehr aus Frankreich wieder an Michael gewandt?«

    »Ich dachte, er wüsste, was

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