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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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wir mehrere Betonklötze gefunden. Am Rand der Klippen banden wir Legion und Andrew an diese Brocken – dann stießen wir beide Leichen über die Kante. Sie drehten sich in der Luft und verschwanden in der Gischt. Wir sahen sie noch einmal, als sie in die Tiefen der See eintauchten und versanken. Legion als Zweiter, so als wollte er sich an seiner Existenz festklammern, obwohl das Leben längst aus seinem Körper gewichen war.
    Endlich waren sie beide von der Dunkelheit verschluckt.
    Wir kehrten zum Haus zurück und teilten der Gruppe mit, dass sie nun alles überstanden hätten. Sie betrachteten uns voller Misstrauen. Schließlich waren sie in Räumen, die nach Tod rochen, an Ringe gefesselt gewesen; sie waren von einem Mörder, der sie aus der Dunkelheit heraus beobachtete, in Angst und Schrecken versetzt worden; und man hatte sie an ein Kreuz genagelt. Vielleicht hatten sie ihre Erinnerungen verloren, doch das hieß nicht, dass sie dumm waren. Sie begriffen, dass ihre neue Existenz nicht so großartig sein würde wie die, die Michael, Zack, Jade und all die anderen ihnen versprochen hatten.
    Als wir mit allem fertig waren, verließen wir die Farm durch das Haupttor und gingen zu meinem Wagen. Alex fuhr, während ich mich auf dem Beifahrersitz möglichst aufrecht hielt, um jeden Druck auf meinen Rücken zu vermeiden.

    Nach zehn Minuten hielten wir an einer Telefonzelle und benachrichtigten anonym die Polizei.

46
    Wir hielten an einer Tankstelle außerhalb von Manchester. Laut einer Temperaturanzeige im Gebäude herrschten draußen drei Grad minus. Wir setzten uns an einen Tisch am Fenster mit Blick auf einen Kinderspielplatz. Beide wärmten wir uns an einem Kaffee. Die Finger meiner linken Hand waren immer noch mit Plastikfolie umwickelt. Als der Adrenalinspiegel meines Körpers langsam sank, kehrten die Empfindungen stärker zurück: der dumpfe Schmerz zusammengepresster Knochen, überempfindliche Nerven, das Brennen aufgeplatzten Fleisches.
    Durch das Fensterglas bemerkte ich, dass wir angestarrt wurden. Kein Wunder. Einer von uns war beinahe bis zur Unkenntlichkeit von Blutergüssen entstellt, und der andere sah aus, als hätte er während der vergangenen fünf Jahre jeden Tag auf der Straße gehaust. In der Scheibe konnte ich meine Verletzungen sehen – mein Gesicht, meine Finger, die Zahnlücken. Ich fragte mich, wie ich all das erklären sollte, wenn ich ins Krankenhaus ging. Falls ich ins Krankenhaus ging. Nachdem wir unseren Kaffee getrunken hatten, setzten wir uns in den Wagen, drehten die Heizung voll auf und verschwanden wieder auf der Autobahn.
     
    Zwanzig Minuten später begann Schnee aus dem blassen nachmittäglichen Himmel zu fallen. Ich drehte mich zu Alex herum. Er saß noch immer am Steuer, und ein weiterer heißer Kaffee dampfte in der Halterung.
    »Wie hast du eigentlich von mir erfahren?«

    Er warf mir einen kurzen Blick zu, ehe er sich wieder auf die Straße konzentrierte.
    »Ich bin ins Haus von Mum und Dad eingebrochen und hab Ihren Namen und Ihre Adresse gefunden«, erklärte er. »Ich war zu einer Art Flüchtling geworden. Damals, an jenem Tag in London, wollte ich, dass Mum mich sieht. Ich sorgte dafür, dass sie mir so lange folgen konnte, bis sie glaubte, was sie gesehen hatte. Dann betete ich, dass sie sich an irgendwen wenden würde. Ich beobachtete sie jedes Mal, wenn sie nach London hineinfuhr. Ich folgte ihr von dem Zug, der sie zur Arbeit brachte, und hoffte, dass sie eines Tages einen anderen Weg einschlagen würde, um jemanden um Hilfe zu bitten. Was sie ja schließlich auch tat. Sie suchte Ihr Büro auf. Ich wusste nichts über Sie und konnte Sie auch in den Gelben Seiten nicht finden. Deshalb kehrte ich zum Haus von Mum und Dad zurück, um herauszufinden, wer Sie waren.«
    »Wie bist du von der Farm entkommen?«
    »Eines Nachts – später fand ich heraus, dass neun Monate vergangen waren, seit Mat mich überredet hatte, die Farm aufzusuchen – hörte ich auf dem Gang vor meinem Zimmer eine Stimme, die ich kannte. Ich ging zur Tür und schaute hinaus. Es war Simon.«
    »Dein Freund Simon?«
    Er nickte. »Ich konnte es kaum glauben.«
    »Aber er war es.«
    »Ja«, bekräftigte er. »Er war es. Sie behandelten ihn … Ich hatte nie gesehen, dass sie derart mit jemandem umgegangen waren. Sie hatten ihm eine Leine angelegt und zogen ihn hinter sich her wie ein Tier. Jedenfalls folgte ich ihnen und rechnete damit, aufgehalten zu werden. Aber ich kam bis ans Ende des Gangs,

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