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Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Titel: Totgeschwiegen (Bellosguardo) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Reiter
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suchen hatte.
    Zögernd ging sie hinter Isabelle her ins Wohnzimmer. Der Weihnachtsbaum stand vor der großen Terrassentür und erstrahlte in einem Lichtermeer aus Lichterketten und echten Kerzen. Auf dem Couchtisch standen zwei große Windlichter, die mit Pinienzapfen und dicken roten Kerzen dekoriert waren. Der Esstisch war weihnachtlich und sehr festlich gedeckt. Isabelle hatte auf der weißen Tischdecke unendlich viele goldene Sterne verteilt und die großen silbernen Kerzenleuchter aus ihrem Haus in München waren ebenso mit goldenen Kerzen bestückt. Der Raum funkelte und glitzerte festlich. Die Dekoration war Isabelle wirklich gelungen. Anna ging einen Schritt auf den Baum zu. Sie konnte keine alten Kugeln und Weihnachtsbaumanhänger erkennen. Offensichtlich hatte Isabelle ihren eigenen Baumschmuck mitgebracht. Anna merkte, wie sie darüber erleichtert war. Es hätte sie gestört, wenn Isabelle in den alten Weihnachtskisten ihrer Mutter gekramt hätte.
    „Gefällt dir der Baum , Anna?“ Isabelle sah erwartungsvoll zu ihr herüber. Anna kam es so vor, als ob Isabelle fast ein wenig Angst vor ihrer Reaktion hatte.
    „Ganz schön“, brachte Anna so unbeteiligt wie möglich hervor.
    Isabelle wirkte ein wenig verletzt. War es das, was sie erreichen wollte? Wollte sie Isabelle zeigen, dass sie keine Chance gegen das Weihnachten ihrer Mutter hatte? Warum hatte sie nicht einfach gesagt „der Baum ist echt toll geworden?“ Anna tat ihre Reaktion ein wenig leid und auch irgendwie wieder nicht. Was hatte Isabelle denn auch erwartet? Dass Anna glückstrahlend um den Weihnachtsbaum tanzen würde? Wäre das nicht ein Betrug an ihrer Mutter?
     
    Heute Vormittag war sie mit ihrem Vater auch noch auf dem Friedhof gewesen. Sie hatten einen wunderschönen Tannenkranz mit Weihnachtskugeln auf das Grab gelegt. Die Kugeln waren die gleichen wie die am Baum. Den Kranz musste Isabelle geschmückt haben, da ihr Vater für Dekoration nicht gerade ein Händchen hatte. Auf jeden Fall hatte sie noch nie gesehen, dass er sich mit so etwas beschäftigt hatte.
    I hr Vater und sie hatten minutenlang schweigend vor dem Grab gestanden. Anna hatte ihrer Mutter lautlos frohe Weihnachten gewünscht und ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet.
     
    Oh, wie vermisste sie ihre Mutter gerade heute. Zum Glück hatte sie das alles Domenik erzählen können. Er war so verständnisvoll gewesen, hatte sie mit seinen Liebesbekundungen getröstet und ihr viel Kraft für den Abend unter den Fremden gewünscht.
    Anna hörte das Getrappel und Geflüster auf der Treppe. Die kleine Sophia war im Anmarsch. Fast stürzte sie in das Wohnzimmer und wurde gerade noch von Isabelle aufgehalten, bevor sie auf den Baum mit den vielen Geschenken zu rennen konnte.
    In dem fröhlichen Gesicht der Kleinen kamen ihre eigenen Erinnerungen an die Weihnachtsfeste ihrer Kindheit hoch. Wieder machte sich der Kloß in Annas Hals breit.
    Mama, du fehlst mir . Anna musste schlucken.
    Als dann „Stille Nacht“ aus dem CD-Spieler das Wohnzimmer beschallte, kämpfte sie gegen die aufsteigenden Tränen an.
    Sie presste die Lippen fest aufeinander und versuchte krampfhaft ihr, im Internat angeeignetes, cooles Gesicht aufzusetzen. Sie wagte nicht, die anderen anzusehen, die andächtig nebeneinander den Baum betrachteten.
    Hoffentlich bleiben wir hier noch ein paar Lieder lang so stehen. Dann habe ich es wieder im Griff.
     
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Isabelle das stille Mädchen. Sie konnte sehen , wie Anna mit den Tränen zu kämpfen hatte.
    Das erste wirklich gefeierte Weihnachtsfest nach dem Tod von Katharina. Für Anna musste es schwer sein. Hatte sie das mit der Dekoration des Baumes richtig gemacht? Sie hatte lange überlegt , ob sie eine Mischung aus ihren und Alexanders Weihnachtsbeständen nehmen sollte. Anfangs hatte sie den Gedanken gut gefunden, zwei Familientraditionen zu mischen. Aber dann hatte sie sich doch dafür entschieden, einen ganz neuen Baumschmuck auszuprobieren. So hatte sie es ja auch mit Alexander vereinbart. Der geschmückte Baum sollte als Symbol für einen Neuanfang stehen. Genauso hatte sie den Tisch dekoriert und das Essen ausgewählt. Alles war neu. Die Bedingungen waren damit für alle gleich.
    Ein wenig hatte ihr Annas schnöder Kommentar zu dem Baum schon einen Stich versetzt. Aber was hatte sie auch erwartet? Dass Anna in Begeisterung ausbrechen würde? Nein, damit hatte sie nicht gerechnet. Aber über ein Lächeln auf Annas

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