Totgeschwiegen (Bellosguardo)
Portemonnaie von Prada wirklich eine Freude gemacht hatte.
Wie affig, jetzt so eine gezwungen fröhliche Tischunterhaltung zu beginnen. Nur um sich besser kennenzulernen. Was sollte sie auch schon groß dazu beitragen? Ihr schönster Ort? Früher war es dieses Haus gewesen. Und jetzt war er es das nicht mehr. War es jetzt der schrecklichste Ort auf Erden? Anna biss sich auf die Unterlippe. Wenn sie damit rausplatzen würde, dann würde sie Isabelles Versuche des Kennenlernens im Keim ersticken, das war ihr durchaus bewusst. Und es wäre echt unfair. Sie sah in Richtung Weihnachtsbaum, wo Sophia versunken mit ihrer neuen Babyborn Puppe spielte.
Wie gerne wäre sie auch so unbeschwert und klein. Ihr Vater und ihre Mutter würden sich weiter am Tisch unt erhalten und Maya und sie würden ihre neuen Spielsachen ausprobieren. Aber leider war sie aus dem Spielalter raus, ihre Mutter war nicht mehr da und Maya weit weg.
Das Handy in der Innentasche ihres Blazer s vibrierte. Sie zog es heraus und hielt es unter dem Tisch. Vorsichtig lugte sie nach der Nachricht von Domenik. Aber es war Maya. Als ob sie ihre Gedanken lesen könnte.
Wünsche euch auch frohe Weihnachten. Denke gerade an das Weihnachten, an dem wir das Barbie Haus bekommen haben. Weißt du noch?
Anna musste lächeln.
Und dann kam auch schon gleich die nächste Nachricht.
Anna! Schick doch mal bitte ein paar Fotos, vor allem von Constantin ...!!
Anna musste erneut lächeln. Sie hatte Maya geschrieben, dass Constantin starke Ähnlichkeiten mit ihrem Schwarm, Stefan Salvatore, hatte. Maya war nicht wie alle anderen, in Damon aus der Vampire Diaries Serie verschossen, nein, sie war noch nie Mainstream gewesen.
„Papa, Maya hat gerade frohe Weihnachten gewünscht. Sie hätte gerne ein paar Fotos von uns allen.“
„D as ist eine gute Idee. Anna, kannst du welche mit deinem Handy machen und ihr schicken?“
„Klar.“ Anna war froh , nicht mit dem schönsten Ort dran sein zu müssen und erhob sich vom Tisch. Sie begann, Schnappschüsse von Sophia zu machen, die glücklich strahlend unter dem Baum spielte. Von ihrem Vater, der dazu ein Stück näher an Isabelle heranrückte und natürlich von Constantin.
Sie begann , die Bilder eins nach dem anderen über WhatsApp zu verschicken.
Mittendrin summte ihr Handy erneut und eine Nachricht von Domenik erschien.
Wie ist es dir bis jetzt ergangen? Ist es sehr schlimm?
Schlimm? Nein, schlimm wäre übertrieben. Und es wäre Isabelle gegenüber auch ungerecht, das zu behaupten. Irgendetwas störte sie an der Nachricht. Warum konnte er nicht einfach mal schreiben „Hoffe du hast einen schönen Abend“?
Sie drückte WhatsApp weg.
„Anna , komm, ich mache auch ein Foto von dir“, sagte gerade ihr Vater. „Rück doch mal etwas näher an Constantin.“
Anna tat wie geheißen und gab ihrem Vater das Handy.
„Und jetzt beide mal lächeln.“
Und Anna lächelte so gut wie sie konnte. Maya sollte keinen Trauerkloß per WhatsApp zu sehen bekommen.
„Das ist wirklich ein schönes Bild.“ Ihr Vater zeigte Isabelle das Foto, die zustimmend lächelte.
„Ich schicke es gleich an Maya.“ Umgehend drückte er ein paar Mal auf Annas Handy herum und gab es ihr zurück.
Mit einem Mal wurde Anna heiß und kalt zugleich.
War der Account von Domenik noch offen gewesen? Hatte ihr Vater das Bild an ihn geschickt?
In Wi ndeseile öffnete sie das WhatsApp Programm. Tatsächlich. Das Bild von ihr und Constantin hatte ihr Vater nicht an Maya, sondern an Domenik geschickt.
Anna drückte auf das Bild und ihr wurde übel. Von d em Bild strahlte sie mit Constantin um die Wette. Er hatte den Arm um sie gelegt und sie sahen aus wie ein glückliches Paar.
„Anna, ist dir nicht gut? Warum bist du auf einmal so blass?“
„Ähm Papa, du hast das Bild nicht an Maya geschickt, sondern an meinen Freund.“
„Oh, das tut mir leid. Aber du hattest doch gerade Maya die ganzen Bilder geschickt. Ich wusste nicht ...“
Anna begann , am ganzen Körper zu zittern. Domenik würde ausrasten, wenn er das Bild sah. Nein, nicht sah , er musste es schon gesehen haben. Er war mit Sicherheit gerade online.
„Anna, Mäuschen , jetzt hör doch mal auf zu zittern. Komm, wir gehen mal kurz an die frische Luft.“ Ihr Vater war aufgesprungen und hastete um den Tisch. Widerstandslos ließ sie sich aufhelfen und von ihm aus dem Wohnzimmer führen. Ihre Beine fühlten sich an wie Gummi.
Jetzt wird e r wieder
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