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Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Totgeschwiegen (Bellosguardo)

Titel: Totgeschwiegen (Bellosguardo) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Reiter
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keine Luft mehr.“ Anna wimmerte und flehte.
    Sein Griff lockerte sich. Zärtlich glitt sein Daumen ihren Hals entlang, den Rücken hinunter, zum Po. Dann hielt er in seiner Bewegung inne und entfernte seine Hand.
    Schweigend saßen sie nebeneinander auf seinem Bett.
    Anna merkte, wie sie zitterte. Sie hatte Angst. Sie wusste nur zu gut, dass nach einer zärtlichen Berührung auch ganz plötzlich ein härterer Schlag folgen konnte.
    Es ging ganz schnell. Domenik packte sie urplötzlich, drehte ihren Arm auf den Rücken schlug ihr mit der Faust mitten ins Gesicht. Völlig perplex schnappte sie nach Luft. Ihr wurde schwindelig. Schützend riss sie ihren freien Arm vor das Gesicht. Ein stechender Schmerz durchflutete ihre linke Gesichtshälfte. Ihr Auge. Sie sah nur noch verschwommen. Alles drehte sich. Sie sackte in sich zusammen.
    „Anna, Anna! Hörst du mich?“
    Sie hörte hin. Vorsichtig öffnete sie die Augen. Ihr linkes Auge - sie konnte es nicht aufmachen. Ihr ganzes Gesicht pochte vor Schmerz. Sie bekam Panik. Sie blinzelte mit dem anderen Auge. Er war dicht über sie gebeugt. Ihr war schlecht vor Angst und Schmerz.
    Sie wagte es nicht , einen Laut von sich zu geben.
    „Anna , dein Auge, es tut mir so leid. Wir müssen das irgendwie kühlen. Ich wollte das nicht ... ehrlich ... Ich liebe dich doch so.“
    Aus seiner Stimme hörte sie die pure Verzweiflung. Hatte e r jetzt auch Angst? Wie schlimm war ihre Verletzung? Was war mit ihrem Auge?
    Anna wimmerte.
    „Warte, ich gehe in die Küche und sehe nach, ob wir Eiswürfel im Kühlschrank haben. Und dann müssen wir hier weg. Keiner darf dich so sehen. Ich werde Pauls Autoschlüssel holen. Sein Auto steht im Dorf hinter dem Bäcker.“
    Anna wimmerte wieder und zitterte. Sie schloss das gesunde Auge.
    „Es wird alles gut, ich bring dich in Sicherheit.“
    Sie hörte , wie Domenik durch das dunkle Zimmer ging, die Tür öffnete und sie leise hinter sich schloss.
    Die Gemeinschaftsküche lag a uf der anderen Seite des Ganges und dort war auch Pauls Zimmer. Wenn er wusste, wo Paul den Schlüssel zu seinem illegal mitgebrachten Wagen hatte, würde er nicht mehr als ein paar Minuten brauchen, um Eiswürfel und Autoschlüssel zu holen.
    Wo wollte er mit ihr hin? Unwillkürlich musste sie daran denken, was er damals im Auto auf dem Weg vom Flughafen zu ihr gesagt hatte: „Ich würde dich am liebsten einsperren, damit ich dich ganz für mich allein haben kann.“
    Wohin wollte Domenik sie bringen? Nach Hamburg in seine Wohnung? Aber da war Chloe. Anna konnte sich nicht vorstellen, dass er sie in diesem Zustand seiner Mutter präsentieren würde. Wohin dann? Domenik hatte genügend Geld und war volljährig. Er konnte irgendwo ein Zimmer mieten und sie dort gefangen halten. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    Jetzt oder nie. Anna rollte sich aus dem Bett , schlüpfte in ihre Turnschuhe und tastete nach der Daunenjacke. Sie kroch auf allen Vieren durch das Zimmer. Ihr war so schwindelig und schlecht. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, richtete sie sich auf und öffnete das Fenster.
    Aus der Küche hörte sie Geräusche. Domenik musste die Eiswürfel gefunden haben. Ihr blieb keine Zeit. Gleich würde er zurück sein. Sie schwang ihr Bein über das Fensterbrett und zog mit letzter Kraft ihren Körper nach. Dumpf fiel sie auf den matschigen Rasen. Die Daunenjacke hielt sie fest mit einer Hand umklammert. Panisch rappelte sie sich auf und versuchte zu rennen. Es ging nicht. Sie stolperte vor sich hin auf einen Busch zu und kauerte sich dahinter. Hier konnte sie nicht bleiben. Domenik würde sie suchen. Der Gedanke daran machte ihr soviel Angst, dass sie aufsprang und losrannte. Jetzt spürte sie keinen Schmerz mehr, sie rannte um ihr Leben.
    Nur noch ein paar Meter. Dann würde sie auf dem Weg sein, der die Schülerhäuser miteinander verband. In welche Richtung sollte sie laufen? In ihr Haus? Er würde ihr bestimmt dorthin folgen. Niemals würde sie es schaffen, dort zu sein, bevor er sie einholte. Und wenn er sie einholte, was würde dann passieren?
    So schnell sie konnte, rannte sie in die andere Richtung. Weg von den Schülerhäusern Richtung Wald. Im Wald würde er sie nicht finden. Von dort aus konnte sie die Landstraße erreichen. Aber sie durfte nicht ins Dorf. Domenik würde den Wagen holen gehen und sie dann damit suchen. Sie musste Hilfe holen. Aber wo und wie?
    Plötzlich hörte sie ein Geräusch aus der Richtung von Domeniks Haus. Er musste ihr

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