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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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der U-Haft, und in der nächsten Nacht hat er vor Micha sein Geständnis abgelegt.«
    »Micha hat ihn stundenlang vernommen«, sagte Fischer. »Ohne Anwalt, ohne Essen. Jockel hätte ihm alles erzählt.«
    Valerie und Nick warfen sich einen Blick zu.
    »Jockel hätte zugegeben, das Attentat auf Kennedy begangen zu haben, wenn man ihn lang genug danach gefragt hätte. Man kann Menschen mit der Art unserer Vernehmungen manipulieren. Du erinnerst dich an Jockel.« Nick nickte schnell.
    »Der Jockel war unsere Spur Nummer eins. Aber es gab keinen einzigen Moment, in dem wir gedacht haben, er wars. Keinen einzigen«, sagte Fischer.
    Nick nickte noch einmal, auch diesmal verrutschte seine Mütze keinen Millimeter.
    »Nur Micha«, sagte Fischer. »Er war immer von Jockels Schuld überzeugt. Der Kollege Koburg auch. Sie haben gewonnen. Was mir und Weningstedt in der ersten Soko nicht gelang, schaffte Micha in der zweiten unter neuer Führung. Wir haben nicht viel darüber gesprochen. Der Staatsanwalt machte das Geständnis und das psychiatrische Gutachten zur Basis seiner Anklage. Jockel hat sein Geständnis nie erneuert. Der Rest ist bekannt.«
    Jeder Schluck brannte in seinem Magen. Aber der Kaffee wärmte ihn auch, machte ihn ruhiger. Zumindest bildete Fischer sich das ein.
    »Ich glaub bis heute nicht an Jockels Schuld«, sagte Sigi Nick. »Trotzdem glaub ich an das Urteilsvermögen des Gerichts.« Er nahm seine Tasse und trank.
    »Und ich habe Neuigkeiten.« Fischer umklammerte diebauchige Tasse. »Und ich lass mich kein zweites Mal abservieren.«
    Sie konnte nicht anders. Liz stand auf, ging zu Fischer und strich ihm über die Wange. Und er neigte den Kopf ein wenig zu ihr hin. Seine Bartstoppeln fand sie fehl am Platz.

15
»So eine Mutter ist eine Schande«
    Er schmiegte seine Wange ans Weißbierglas. Schaum tropfte ihm vom Mund, sein Blick schweifte andächtig ins Nichts.
    Fischer wartete. Luggi hatte Fischers Mantel an und sämtliche Knöpfe bis zum Kinn geschlossen.
    An den meisten Tischen im Torbräu saßen Männer, sie tranken Bier und lasen die Sonntagszeitung. Aus den Lautsprechern tönte Schlagermusik der Achtzigerjahre.
    »Bist du blöd?«
    Luggi hatte sein Bierglas vor sich hingestellt und fixierte es bedrohlich. Vielleicht meinte er gar nicht den Kommissar. »Ich wart hier seit gestern, und? Wo ist mein Mantel, du Depp?«
    »Gefällt dir meiner nicht mehr? Hast du gefroren?«
    »Wo ist mein Mantel?«
    Fischer zog ihn aus der Plastiktüte, klopfte ihn ab und hielt ihn hoch. »Er ist unversehrt.«
    »Her damit.«
    »Dann möchte ich meinen Mantel wiederhaben.«
    »Was trinken?« Plötzlich stand der Wirt hinter Fischer.
    »Nein, danke.«
    »Mir bringst noch eins, Charly«, sagte Luggi. Er grapschte nach dem Mantel, betrachtete ihn und warf ihn auf die Bank neben sich. Dann verfiel er in Schweigen.
    »Gib mir meinen Mantel, Luggi«, sagte Fischer.
    »Hast du’s eilig? Bist im Stress? Bist du depressiv? Brauchst eine Frau?«
    »Ich brauche keine Frau«, sagte Fischer.
    Vom Kommissariat aus hatte er im Krankenhaus angerufen und nichts Neues erfahren. Es gibt nichts Neues, sagte die Schwester, und das kam ihm merkwürdig vor, da er seit gestern überzeugt war, er müsste bei jedem Gespräch, jeder Begegnung mit etwas Neuem, Unerwartetem rechnen. Dieser Gedanke trieb ihn voran, bildete er sich ein.
    Luggi trank sein Glas leer, rülpste in sich hinein und roch an seinem ausgestreckten Zeigefinger. Mit aufgerissenen Augen starrte er zur Wand, ehe es ihm gelang, den Kopf zu drehen. »Fischer, wo warst du so lang?«
    »Die Untersuchungen haben länger gedauert.«
    »Ist er jetzt wieder xund, mein Mantel?« Er pfriemelte die Knöpfe aus den Ösen, schälte sich mit komplizierten Verrenkungen aus dem Mantel und reichte ihn Fischer. Zur Feier des Tages trug Luggi ein sauberes schwarzes Hemd mit roten Punkten, Bügelfalten und gestärktem Kragen.
    Fischer zog seinen Mantel an und roch einen fremden Geruch, der ihn nicht störte.
    »Ist was?«, sagte Luggi, als habe er den Kommissar schnuppern hören.
    »Danke, dass du mir deinen Mantel geliehen hast, das war sehr hilfsbereit von dir.«
    »Gibts eine Belohnung?«
    Darüber hatte Fischer mit Liz und Sigi Nick gesprochen.
    Er wartete, bis der Wirt das frische Weißbierglas hingestellt hatte und wieder gegangen war. »Vermutlich zweitausend Euro«, sagte Fischer. »Das muss noch genehmigt werden, es wird aber klappen. Ein Kollege von mir wird dich demnächst ins Dezernat

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