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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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verrat dir jetzt mal was. Pass auf.«
    »Ich passe auf.«
    »Pass auf.«
    Die Klappe an der Durchreiche wurde hochgeschoben. Fischer sah zwei weiße, dünne Frauenarme, die eine Terrine auf einen Teller stellten. Auf dem Teller lag eine Semmel. Krumbholz rührte sich nicht von der Stelle.
    »Essen«, sagte eine Frauenstimme aus der Küche.
    Krumbholz stützte sich neben dem Spülbecken ab und schien auf etwas zu warten.
    »Iss erst mal«, sagte Kare. »Wir reden hinterher.«
    »Sags mir gleich.«
    »Essen«, wiederholte die Stimme aus der Küche.
    Krumbholz wuchtete seinen Körper herum, zog die Terrine aus der Durchreiche, knallte die Klappe nach unten und kam um den Tresen herum. »Ich stells Ihnen hin«, sagte er und hatschte zu einem Tisch.
    »Danke«, sagte Fischer, wandte sich an Kare und wartete ab. Er spürte den Alkohol. Das störte ihn nicht.
    Kare inhalierte. »Pass auf. Wenn jemand das Mädchen, die Scarlett, umgebracht hat, dann die Mutter. Ist doch klar. Aber die Mutter … die Michaela … heilige Kuh. Die haben die nicht mal richtig verhört, deine Kollegen, alles Augenwischerei. Verstehst du das?«
    Kare drückte die Kippe im Aschenbecher aus. »Die Typen von der Soko, kennst du die? Die uns alle verhört haben, kurz bevor sie den Jockel erledigt haben. Das hättst du nicht geglaubt. Da hättst was lernen können über deine Kollegen.«
    »Was hätte ich lernen können, Kare?«
    »Da hättst du lernen können, wie man was nicht rausfindet, wenn man was nicht rausfinden will, weil man nämlich nicht will, dass was rauskommt. Verstehst?«
    »Nein«, sagte Fischer.
    »Verstehst du nicht. Weil du bist auch von dem Verein. Die Typen wollten die Michaela nicht verhören, weil die Schiss hatten, dass dann rauskommt, dass die einen von denen kennt, von deinen Kollegen. Verstehst? Das ist die Sache. Deswegen hat der Jockel von Anfang an herhalten müssen. Weil dann die Mutter aus dem Schneider war. Jetzt schaust. Iss deine Suppe, die wird kalt.«
    »Die Michaela Peters kannte einen Polizisten«, sagte Fischer. »Was ist daran seltsam? Ich kenne auch Frauen, die nicht bei der Polizei sind. Polizisten sind nicht nur mit Polizistinnen zusammen.«
    »Gutnacht.« Kare trank und betrachtete sein leeres Glas. »Iss deine Suppe und denk nicht weiter drüber nach.«
    »Du sollst mit mir reden«, sagte Fischer.
    »Ihre Suppe wird kalt«, sagte Krumbholz.
    Weil Fischer nicht zum Tisch ging und Hannes seinem Freund aufmunternd zunickte, setzte Kare eine verschwörerische Miene auf. »Der Kollege von dir hat die Michaela nicht einfach bloß so gekannt, die hatten ein Verhältnis. Und dieser Kollege, Fischer, der hat die dann verhört, aber so, dass nichts, aber null dabei rausgekommen ist. Und der hat den Jockel auch verhört. Verstehst? So gehts zu bei euch. Ich sag dir das, weil, wie der Hardy schon gesagt hat, die Sache vorbei ist und der Jockel eh nie mehr aus der Psychiatrie rauskommt. Dein Kollege damals, der hat das alles eingefädelt, und hinterher ist er befördert worden. Hast du nicht gewusst. Macht nichts. Hat sich dein Besuch doch schon gelohnt. Jetzt iss deine Suppe, sonst wird die Luisa sauer.«
    Fischer setzte sich an den Tisch, mit dem Rücken zum Tresen, und rührte die Fleischstücke um. Die Suppe schmeckte würzig. Unaufgefordert brachte Krumbholz ihm ein frisches Bier und humpelte wortlos an seinen Platz zurück. Fischer tunkte die Semmel ein und glaubte kein Wort von dem, was Kare erzählt hatte.
    Wer sollte der Polizist gewesen sein, der ein Verhältnis mit Michaela Peters hatte? Micha Schell? Er hatte Jockel vernommen, aber er war nicht der Einzige gewesen.
    Fischer wandte sich zum Tresen um. »Weißt du noch, wie der Polizist hieß, Kare?«
    »Beim Essen redet man nicht.«

18
»Für den Jockel war die Scarlett ein Wunder«
    Im Radio spielte Musik, die Spielautomaten blinkten, die Männer redeten nicht mehr.
    Eine Viertelstunde saß Fischer vor seiner halb leer gegessenen Terrine und seinem leer getrunkenen Glas, bevor er aufstand und beides auf die Ablage hinter der Theke stellte. Während des Essens hatte er sich den Blick vorgestellt, den Ann-Kristin und er von den Dünen aus teilten, wenn sie bei Sonnenuntergang auf die Nordsee schauten, manchmal mit einem Weinglas in der Hand, manchmal bloß Hand in Hand, verschönt von Staunen. In diesem Jahr würden sie wieder dort sein, wir werden dort sein, dachte Fischer, bestimmt werden wir dort sein.
    Vornübergebeugt stand Krumbholz an der Zapfanlage,

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