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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Rand geschrieben.
    »Professor Weißmann hat sowohl ein psychiatrisches Gutachten als auch eine aussagepsychologische Beurteilung vorgelegt. Insgesamt umfassen seine Analysen fast einhundertsechzig Seiten. Grundlagen seiner Arbeit sind natürlich die Vernehmungsprotokolle, die Videos von der Tatrekonstruktion, die gesamten vierbändigen Ermittlungsakten, dazu Krankenakten, das psychiatrische Gutachten einer Landgerichtsärztin sowie und ganz besonders seine eigenen Gespräche mit dem Tatverdächtigen.
    Ich betone diese Grundlagen deswegen, weil Sie behaupten, die Vernehmungen wären einseitig geführt worden mit der Folge, dass Professor Weißmann sich dann kein objektives Bild von dem Verdächtigen hätte machen können. Kommen wir zur Aussagetüchtigkeit.
    Nach der Überzeugung des Professors konnte der junge Mann klare Aussagen machen, trotz der Hirnhautentzündung,die Jockel Krumbholz im Alter von zwei Jahren erlitten hat. Die Entzündung ist praktisch ausgeheilt. Allerdings war der Junge nicht gerade klug, er ging auf die Behindertenschule, einen Beruf hat er nicht erlernt. Später arbeitete er im Restaurant seiner Eltern. Sein Intelligenzquotient liegt bei achtzig. Man hat eine Reihe von Tests durchgeführt, wobei ein Ergebnis besonders wichtig ist. Sein Gehirn, salopp gesprochen, funktioniert weitestgehend. Sie wissen, worauf ich hinauswill.«
    »Ja«, sagte Fischer.
    »Der junge Mann kann also auf keinen Fall als schwachsinnig gelten. Er hat lediglich eine geringe intellektuelle Begabung. Ein bedeutender Unterschied für die Bewertung seines Geständnisses und seiner Schilderung des Tathergangs. Bei der Tat war er übrigens – auch das hat der Professor nachgewiesen – nicht betrunken oder sonst wie eingeschränkt. Was nun die Glaubhaftigkeit seines Geständnisses betrifft, schreibt Weißmann, so muss man davon ausgehen, dass alles wirklich passiert ist, wie er es in seinem Geständnis ausgesagt hat. Die Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls ziemlich hoch.«
    »Ziemlich hoch ist keine hundertprozentige Sicherheit«, sagte Fischer.
    »Nein. Allerdings hat der Professor auch, das kennen Sie aus anderen Gutachten, die sogenannte Nullhypothese geprüft, also ob Jockel Krumbholz möglicherweise mit seinem Geständnis gelogen hat, um sich wichtig zu machen zum Beispiel, oder ob ihm die Antworten suggeriert wurden, was Sie ja indirekt behaupten.«
    »Ich behaupte es nicht indirekt.«
    »Diese Bemerkung hab ich nicht gehört«, sagte Linhard. »Für Professor Weißmann hatte Jockel kein Motiv, sich selber für schuldig zu erklären. Er ist nicht gefallsüchtig, Medieninteressieren ihn nicht, dazu ist sein gesamtes Interesse an den Vorgängen in der Welt viel zu gering. Auf die Frage des Professors, warum er überhaupt ein Geständnis abgelegt habe, antwortete Jockel, er habe jetzt nicht länger lügen wollen.
    Und, hören Sie gut zu, Jockel Krumbholz hat den Tathergang von sich aus erzählt, ohne Einflüsterungen von außen. Keiner der Beamten und, darf ich hinzufügen, auch nicht Ihr Kollege Schell, dem das Geständnis zu verdanken war und der für seine Verdienste um die Aufklärung des Falles vom Ober- zum Hauptkommissar befördert wurde – keiner von ihnen hatte eine Vorstellung vom Ablauf der Tat. Es gab keine Leiche, es gab keinen Tatort. Wer außer dem Täter konnte also wissen, was genau geschehen ist?
    Im Übrigen, schreibt der Professor, widerspricht Jockel sofort, wenn jemand versucht, ihm was einzureden, an das er sich nicht erinnern kann. Entscheidend aber sind für mich – und das Gericht hat damals eine ähnliche Wertung vorgenommen und das Gutachten vor allem wegen dieser Punkte zur Urteilsbegründung herangezogen –, entscheidend sind jene Ausführungen des Professors, in denen er darlegt, wie Jockel Krumbholz ihm gegenüber noch einmal den genauen Tatablauf wiederholt, mit allen Einzelheiten und Besonderheiten, sehr nüchtern und einfach. Diese Schilderungen, Herr Fischer, stimmen in allen wesentlichen Punkten mit dem Geständnis überein, das Jockel Krumbholz vier Monate zuvor gegenüber dem Kollegen Schell abgelegt hat. Vier Monate zuvor! Angesichts der niedrigen Intelligenz von Jockel Krumbholz sind diese Parallelen ein klarer Hinweis darauf, dass seine Aussagen, wie es hier steht, einen realen Erlebnishintergrund haben. Verstehen Sie, Herr Fischer?«
    »Ja.«
    »Gut. Weißmann erklärt dieses Verhalten anhand einerFülle von Einzelheiten und Beispielen, besonders an den Stellen, an denen Jockel

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