Touchdown
war überall. Franco Harris als Ausschneidefigur in Lebensgröße, wie er während eines sehr schlammigen Spiels mit dem Ball läuft. Ein Foto von Franco und anderen Steelers, wie sie die Super-Bowl-Trophäe triumphierend über ihre Köpfe recken. Ein gerahmtes weißes Trikot, Nummer 32, offenbar eigenhändig von dem großen Mann signiert. Auf dem rie sigen Schreibtisch des Richters eine kleine Franco-Harris-Puppe mit überdimensioniertem Kopf. Und dann, auffälligst an der Egowand platziert, zwei große Farbfotografien, die eine von Franco Harris in kompletter Spielkleidung der Steelers, nur ohne Helm, die andere von Franco, dem Richter, auch ohne Helm, aber in Panthers-Spielkleidung mit der Nummer 32 und sichtlich bestrebt, seinen Helden in allen Details zu imitieren.
»Ich liebe Franco Harris, den größten italienischen Footballspieler«, sagte Franco mit praktisch feuchten Augen, die Stimme ein bisschen belegt. »Schau ihn dir an.« Er schwenkte beide Arme triumphierend durchs Büro, das eher eine Stätte der Heiligenverehrung als ein seriöses Amtszimmer war.
»Franco war Italiener?«, fragte Rick langsam. Obwohl er nie ein Fan der Steelers gewesen und auch zu jung war, um sich an die glorreiche Erfolgsära der Pittsburgher zu erinnern, kannte sich Rick doch ziemlich gut in der Geschichte des Football aus. Und so war er sich ziemlich sicher, dass Franco Harris ein Schwarzer war, der zunächst für Penn State gespielt und dann in den Siebzigerjahren die Steelers zu einer Reihe von Super-Bowl-Siegen geführt hatte. Einer, der dem Spiel seinen Stempel aufgedrückt hatte, ein vielfacher Pro Bowler, der später sogar in die Hall of Farne aufgenommen wurde. Jeder Footballfan kannte Franco Harris.
»Seine Mutter war Italienerin. Sein Vater war ein amerikanischer Soldat. Magst du die Steelers? Ich liebe die Steelers.«
»Äh, nein, eigentlich nicht...«
»Warum hast du nicht bei den Steelers gespielt?«
»Bisher haben sie noch nicht angerufen.«
Franco saß auf der Kante seines Sessels, höchstgradig erregt über die Anwesenheit seines neuen Quarterback. »Trinken wir einen Kaffee«, sagte er aufspringend, und bevor Rick antworten konnte,, war er schon an der Tür und bellte einer der Damen Anweisungen zu. Er war elegant gekleidet - schmal geschnittener schwarzer Anzug, lange spitze italienische Halbschuhe, mindestens Größe neunundvierzig. »Wir wollen wirklich gern eine Super-Bowl-Trophäe hier in Parma haben«, sagte er, während er ein kleines, auf dem Schreibtisch liegendes Gerät in die Hand nahm. »Guck mal.« Er richtete die Fernbedienung auf einen in der Ecke stehenden Flachbildfernseher, und plötzlich war noch mehr von Franco zu sehen - wie er durch die Abwehrreihen stürmte und seine Gegner von sich abprallen ließ, wie er über einen Berg von Leibern hinweg zum Touchdown hechtete, wie er sich einen Cleveland-Brown-Mann (jawohl!) mit ausgestrecktem Arm vom Leibe hielt und in die Endzone walzte, wie er einen Handoff von Bradshaw übernahm und zwei kompakte Linemen über den Haufen kegelte. Es waren Francos Greatest Hits, lange mörderische Runs, die vergnüglich anzusehen waren. Der Richter, vollkommen gebannt, zuckte, gestikulierte und ballte die Fäuste bei jeder großartigen Aktion.
Wie oft hat er sich das schon angesehen?, fragte sich Rick.
Die letzte Aktion war die berühmteste - die »Immaculate Reception« -, Francos eher versehentliche Annahme eines abgefälschten Passwurfs und sein wundersamer Galopp in die Endzone in einem Playoff-Spiel gegen Oakland im Jahr 1972. Diese Spielsituation hatte mehr Diskussionen, Kommentare, Analysen und Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen als jede andere in der Geschichte der NFL, und der Richter hatte jedes einzelne Bild in sein Gedächtnis eingebrannt.
Die Sekretärin erschien mit dem Kaffee, worauf Rick ein noch sehr ausbaufähiges »grazie« zustande brachte.
Danach galt die Aufmerksamkeit wieder der Videovorführung. Der zweite Teil war interessant, aber auch ein wenig deprimierend. Franco, der Richter, hatte ebenso seine eigenen Greatest Hits gesammelt, einige schwerfällige Runs durch Abwehrreihen hindurch und um Linebacker herum, die sogar noch langsamer waren als er selbst. Er strahlte übers ganze Gesicht, während sie sich die Panthers in voller Aktion zu Gemüte führten - Ricks erster Ausblick in seine Zukunft.
»Gefällt dir?«, fragte Franco.
»Nett«, sagte Rick, ein Wort, das viele der hier in Parma gestellten Fragen passend zu
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