Touchdown
konnte sich Rick kaum satthören.
Ihr Sohn hieß Ivano und war sechs Jahre alt, die Tochter hieß Susanna und war drei. Die Kinder durften noch eine halbe Stunde aufbleiben, bevor sie ins Bett geschickt wurden. Eine Art Kindermädchen lauerte die ganze Zeit im Hintergrund.
Auch Sams Frau Anna war ziemlich attraktiv, und so widmete Rick, während er seinen Prosecco schlürfte, seine Aufmerksamkeit den beiden Damen. Nach der Flucht aus Cleveland hatte er in Florida schnell eine Freundin gefunden, hielt es aber für richtig, ohne ein Wort zu verschwinden, als die Zeit gekommen war, nach Italien zu fliegen. Er hatte wunderschöne Frauen in Parma gesehen, doch sie sprachen alle eine andere Sprache. Es gab keine Cheerleader, wofür er Arnie bereits viele Male verflucht hatte. Rick sehnte sich nach weiblicher Gesellschaft, und sei es die der Ehefrauen von Freunden, die ihn bei einem Aperitif mit ihrem Akzent beglückten. Aber die Ehemänner blieben immer in der Nähe, und mitunter, wenn die anderen vier über eine von Francos Pointen lachten, war Rick gänzlich verloren in der fremden Welt des Italienischen. Eine winzige grauhaarige Frau kam gelegentlich mit einer Platte voller Häppchen vorbei - Wurst und Schinken, Parmigiano, Oliven -, um dann wieder in der schmalen Küche zu verschwinden, wo das Essen zubereitet wurde.
Eine echte Überraschung war der Esstisch, ein Trumm aus schwarzem Marmor, das auf zwei mächtigen Urnen ruhte und auf einer kleinen, von Blumen gesäumten Terrasse mit Blick auf die Altstadt stand. Der Tisch war vollgepackt mit Kerzen, Silber, Blumen, feinem Porzellan und literweise Rotwein. Die Nachtluft war klar und still und höchstens wenn ein leichter Wind aufkam etwas kühl. Aus verborgenen Lautsprechern drang kaum wahrnehmbar Opernmusik.
Rick bekam den besten Platz, den mit einem ungehinderten Blick auf die Spitze des Duomo. Franco schenkte freigebig Rotwein ein, dann trank er auf ihren neuen Freund. »Einen Super Bowl in Parma«, so beendete er, beinahe lüstern, seinen Trinkspruch. Wo bin ich?, fragte sich Rick. Für gewöhnlich machte er im März Ferien in Florida, quartierte sich bei einem Freund ein, spielte Golf, stemmte Gewichte und joggte, um in Form zu bleiben, während Arnie am Telefon saß und verzweifelt nach einem Team suchte, das einen Wurf arm brauchen konnte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Der nächste Anruf konnte den nächsten Vertrag bringen. Mit jedem Frühling erwachte von Neuem der Traum, dass er endlich seinen Platz finden würde - ein Team mit einer großartigen Offensivformation, einem brillanten Offense-Trainer, talentierten Receivern und was sonst noch. Seine Pässe würden ankommen. Die gegnerische Defense zerbröseln. Der Super Bowl. Der Pro Bowl. Dicker Vertrag. Werbeverträge noch und noch. Ruhm. Jede Menge Cheerleader. Alles schien möglich im März.
Wo bin ich?
As ersten Gang, beziehungsweise Antipasto, gab es dick geschnittene Honigmelone, belegt mit dünn geschnittenem Prosciutto. Franco schenkte Wein nach, während er erläuterte, dass dieses Gericht in der Emilia-Romagna sehr verbreitet sei, eine Information, die Rick nicht zum ersten Mal hörte. Aber der beste Schinken komme natürlich aus Parma. Selbst Sam verdrehte die Augen, als er Rick ansah.
Nach einigen herzhaften Bissen fragte Franco: »Sag mal, Rick, magst du Oper?« Ein ehrliches »Um Gottes willen, nein!« wäre von allen Leuten im Umkreis von mindestens hundert Kilometern als Beleidigung aufgefasst worden, also äußerte sich Rick möglichst zurückhaltend: »Bei uns zu Hause hören wir nicht oft Oper.«
»Hier ist sie eine ganz große Sache«, sagte Franco. Antonella lächelte Rick zu, während sie an einem winzigen Stückchen Melone knabberte.
»Irgendwann nehmen wir dich mal mit, ja? Wir haben hier das Teatro Regio, das schönste Opernhaus der Welt«, sagte Franco.
»Die Parmaer sind ganz verrückt nach Oper«, sagte Anna. Sie saß neben Rick, während Antonella genau gegenüber und Franco, der Richter, am Kopfende des Tischs saß. »Und wo kommen Sie her?«, fragte Rick Anna, um rasch das Thema zu wechseln. »Aus Parma. Mein Onkel war ein großer Bariton.«
»Das Teatro Regio ist prächtiger als die Scala in Mailand«, verkündete Franco, an niemand Bestimmtes gerichtet, weshalb Sam beschloss, ein bisschen Kontra zu geben. »Auf keinen Fall«, sagte er. »Die Scala ist das Größte.«
Francos Augen weiteten sich, als würde er gleich zum Angriff schreiten. Die Widerworte ließen ihn
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