Touched
was ich mir dabei gedacht habe.«
»Du könntest dich selbst um jeden und alles kümmern, das hast du dir gedacht. Aber nicht daran, was wir alle täten, wenn dir was passieren würde. Hast du eine Todessehnsucht?«
»Nein! Ich wusste, du hättest angerufen, wenn ich mich durch deine Freunde hätte bedroht fühlen müssen.«
Ashers Hände hingen schlaff zwischen seinen Knien und er sah mich düster an. »Sie sind nicht die einzige Bedrohung da draußen. Was braucht’s, damit du das endlich verstehst? Wenn dir was zustößt, dann gibt es für mich kein Zurück mehr.«
Tränen stachen mir in die Augen und ich wünschte mir ausnahmsweise einmal, ich könnte weinen. Bei Asher schienen mir immer die Worte zu fehlen. Die Jahre, in denen ich gehört hatte, ich sei nicht gut genug, hatten mich zermürbt, und ich wusste nicht, wie ich ihm sagen sollte, dass ich genauso fühlte. Wir hatten immer am besten kommuniziert, wenn wir unsere Gedanken hörten. Instinktiv rutschte ich näher an ihn heran, setzte mich auf seinen Schoß und drücktemeine Wange an seine. Nach einer Weile umfasste er meine nackten Füße, um sie mit seinen Händen zu wärmen.
Ich fuhr mit den Fingern über die Barthaare, die seine Kinnbacke beschatteten. »Es tut mir leid. Scheinbar kriege ich die Worte nicht raus, um dir zu sagen, was ich für dich empfinde. Ich wünschte, du wüsstet das.«
Er legte sein Kinn auf meinen Kopf und seufzte.
Nach einer Weile sah ich ihn an. »Lass deine Mauern mal unten.«
Er runzelte die Stirn. »Wieso?«
»Bitte!«
Er schwieg und nickte schließlich. Ich umfasste seine Wange und konzentrierte meine ganze Energie auf ihn. Die ganze Zeit über war ich schon von dem Wunsch beseelt, Asher zu heilen. Nun wollte ich etwas ausprobieren. Die Idee war mir gekommen, nachdem ich meine Kräfte erfolgreich bei Lottie eingesetzt hatte und sie Gabriel spüren konnte. An jenem Tag war das ganz ohne Nebenwirkungen abgelaufen, und ich führte das darauf zurück, dass kein echter Heilungsprozess vonstatten ging. Und Lotties Empfindung hatte auch nur so lange angehalten, wie Gabriel meine Hand hielt. Seitdem hatte ich darüber nachgedacht, ob ich mit Asher nicht dasselbe machen könnte. Ich hoffte, so würde es auch ein zweites Mal funktionieren, und konzentrierte mich darauf, wie sehr Asher den Geruch des Meeres und der Welt um ihn herum vermisste.
»Remy? Was tust …« Er hielt abrupt inne und holte tief Luft. »Sag mir, dass ich mir das nicht nur einbilde.«
»Erzähl du mir, was du gerade erlebst.«
Mit geschlossenen Augen bewegte er den Kopf von der einen auf die andere Seite und versuchte, alles auf einmal in sich aufzunehmen. »Blumen. Wildblumen, keine Rosen wie beimir zu Hause. Erde. Meeresluft. Ich kann riechen.« Er schlug die Augen auf und sah sich im Raum um, entdeckte die Blumenvase auf dem Beistelltisch. Ein breites Lächeln erhellte sein Gesicht. »Ich kann riechen!«
Unvermittelt vergrub er seine Nase in meinem Haar. Ich kicherte, weil sein Atem meinen Hals kitzelte, und er schnupperte laut.
»Zitrone und Vanille. Da möchte ich am liebsten reinbeißen!« Er knabberte an meinem Hals, und in mir kribbelte es wohlig. Dann saßen wir schweigend da, und eine friedliche Ruhe legte sich auf Ashers Gesicht.
Er küsste mich und atmete noch einmal tief ein. »Es lässt nach. Plötzlich bin ich derjenige ohne Worte.«
Er drehte abrupt den Kopf, als würde er etwas in der Ferne bemerken. Ich wartete einen Augenblick und hörte es ein paar Sekunden später schließlich auch. Ein Auto bog in die Einfahrt ein. Ben und Laura waren zurück, und Erklärungen wären fällig.
Mit großem Widerstreben stand ich auf und flüsterte einen Gedanken. Ich liebe dich.
Er nahm meine Hand und verflocht seine Finger mit meinen. »Ich hoffe, eines Tages kannst du es auch laut sagen.« Als ich den Mund öffnete, legte er mir einen Finger auf die Lippen. »Nein. Nicht jetzt. Wenn du es sagst, dann solltest du es freiwillig tun und nicht, weil ich es hören möchte. Ich habe so lange auf dich gewartet. Jetzt kann ich auch noch warten, bis du so weit bist.«
Ich hoffte, Asher hatte recht, und ich konnte eines Tages aussprechen, was ich fühlte, ohne dass meine Stimmbänder einfroren. Es war wesentlich einfacher, meinen mentalen Schutzschild herunterzulassen, als die Mauern um mein Herz einzureißen.
25
Am nächsten Morgen brachte mich Ben zur Fahrprüfung. Die Anrufe bei uns hatten sich die ganze Nacht über von verschiedenen
Weitere Kostenlose Bücher