Touched
zu mir mied und bei meinen Besuchen auf ihrem Zimmer blieb. Es hockte in Gabriels angespannter Stimme, wenn er mich während des Trainings anschnauzte, mich für meine Schwäche verurteilte, die seine Familie zerstören konnte.
Dann kam Gabriel das Gerücht zu Ohren, dass einige Beschützer vorhatten, zu Besuch zu kommen.
»Zu Besuch? Willst du mich auf den Arm nehmen? Ich quäle mich hier ab, und du lädst sie auf eine Pyjamaparty in die Stadt ein?«
Er hatte es verkündet, nachdem ich einmal mehr zu Boden gegangen war, und er prompt den Fitnessraum verließ, ohne sich im Geringsten darum zu kümmern, wie ich die Ankündigung aufnahm. Asher berührte mich am Arm, damit ich aufhörte, seinen Bruder mit Blicken zu töten.
»Remy, bitte schau mich an. So läuft das nun mal in unserer Welt. Hätten wir sie abgewiesen, hätte es Fragen gegeben.« Er kniete sich neben mich und flehte mich an, ihm zu glauben.
Ich beachtete seine ausgestreckte Hand nicht und stand ohne seine Hilfe auf. »Du hättest mir aber sagen können, dass ihr und die Feinde dicke Kumpels seid!«
Asher richtete sich auf und warf mir ein Handtuch hin. »Remy, ich bin der Feind!«
Ich schlang mir das Handtuch um den Hals und überlegte, ihm einen Schubs zu geben. Er klang ebenso gereizt wie ich.
»Ich hasse es.« Er trat zu mir, wickelte sich jeweils ein Ende meines Handtuchs um jede Hand, um mich näher zu sich heranzuziehen, und streifte dabei mit seinen Lippen meinen Hals. »Ich hasse es, dass ich sie nicht bitten kann, wegzubleiben. Und ich hasse es zu wissen, dass ich dich nicht sehe, solange sie hier sind.«
Er hatte recht. Ich würde meine Familie nicht verlassen. Seufzend wandte ich mich von der Glut in seinen Augen ab. »Warum kommen sie denn her? Wieso jetzt?«
Asher steckte die Hände in seine Taschen. »Daran sind wir schuld. Ich und Gabriel. Unter Beschützern besteht ein starker Zusammenhalt. Wenn man sich nicht rührt, merken sie’s. Wir waren abgelenkt.«
Durch mich, meinte er. »Aber warum kommen sie her? Wieso schnappen sie sich nicht das Telefon und sagen ›Hey‹?«
Asher lächelte. »Spencer und Miranda sind Freunde. Sie haben uns geholfen, nach dem Tod unserer Eltern aus Italien rauszukommen. Wie gesagt, wir halten fest zusammen.«
Es war mir nicht entgangen, dass Spencer und Miranda ebenfalls unsterblich waren, was hieß, dass mindestens zwei Heilerinnen ihr Leben gelassen hatten. Und ich war nicht so naiv zu glauben, dass jeder Beschützer durch ein schicksalhaftes Versehen zur Unsterblichkeit gelangt war.
»Du hast ja recht.« Asher sah mich unverwandt an. »Sie waren verbittert und wütend darüber, wie die Heilerinnen siebehandelt hatten. Es war kein Versehen, aber es herrschte Krieg, Remy. Ich möchte keine Ausflüchte machen, aber es wurden auf beiden Seiten Fehler gemacht.«
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Ich war noch nie einer anderen Heilerin begegnet. Sollte ich ihnen gegenüber automatisch loyal sein, weil ihre Fähigkeiten auch durch meine Adern flossen? Konnte ich über die Dinge hinwegsehen, die sie den Beschützern angetan hatten, und die Ashers Leute dazu getrieben hatten, zurückzuschlagen? Ich wusste nur, was Asher und meine Mutter mir erzählt hatten.
Ich nickte, aber es dauerte lange, ehe ich das Schweigen brach. »Wenn Spencer und Miranda deine Freunde sind, kannst du ihnen dann nicht vertrauen?«
Asher schüttelte den Kopf. »Ich würde ihnen mein Leben anvertrauen, aber nicht deines. Sie jagen Heilerinnen nicht, aber das heißt nicht, dass sie der Versuchung widerstehen könnten, wenn sie mit dir im selben Raum wären.«
»Verstehe. Für Beschützer bin ich der reinste Leckerbissen.« Mit einem gequälten Lächeln nahm ich meine Tasche. »Und was habt ihr für einen Plan?«
Der Plan sah so aus, dass ich mich verkroch, solange die Beschützer in der Stadt waren. Ich hatte Asher versprochen, mich abgesehen von der Schule und zu Hause von allen anderen Orten fernzuhalten, um jede Möglichkeit eines zufälligen Zusammentreffens zu vermeiden. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr ich mich daran gewöhnt hatte, Asher zu sehen – bis ich ein paar Tage ohne ihn verbringen musste.
Um mein Versprechen zu halten, blieb ich zum Lernen in der Schulbibliothek, anstatt mich zu meinen Freunden ins Clover Café zu gesellen, ich hielt meine Abmachung mit Ben und Laura ein und hatte weiterhin gute Noten. Als mein Gehirn zu implodieren drohte, legte ich die Gleichungen, an denen ich
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