Touched
bitter.
»Wozu die Eile, Remy? Eure Eltern sind fort, und wir haben noch die ganze Nacht über Zeit! Sie haben eine wirklich nette Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, dass sie morgen wieder bei euch sind.«
Er hatte auf der Lauer gelegen und auf eine Möglichkeit zum Angriff gewartet.
»Ich habe dich gesehen. Beim Fort Rowden.«
»Mmm. Beinahe hätte ich dich mir da schon vorgeknöpft. Habe überlegt, ob ich deinen Daddy nicht vor deinen Augen kalt mache.«
Wahrscheinlicher war es, dass er angesichts der Größe meines Vaters kalte Füße bekommen und sich verdrückt hatte. »In den letzten Wochen hättest du zig Gelegenheiten gehabt. Worauf hast du gewartet?«
»Darauf.« Er hielt einen Gegenstand hoch, der mir auf dem Tisch gar nicht aufgefallen war. Mein iPod. »Deine Mutter hat mich unterbrochen, bevor ich es mir ganz anhören konnte, und ich glaube, es wird Zeit, dass wir uns besser kennenlernen, Mädel.«
Dean stand auf und machte uns Zeichen mit dem Revolver. »Ins Wohnzimmer. Wir machen eine kleine Vorführung.«
Lucy rührte sich nicht, und ich schüttelte sie, bis sie die Tüte mit dem Eis fallen ließ. Sie sah mich mit entsetzten Augen an.
»Alles wird gut. Ich pass auf, dass dir nichts passiert. Vertrau mir, okay?«
Sie nickte kurz, und ich nahm sie an der Hand und ging mit ihr ins Wohnzimmer, sodass ich zwischen ihr und Dean ging. Mit wachsender Sorge bemerkte ich, dass er absichtlich außer Reichweite blieb. Im Wohnzimmer bedeutete er Lucy und mir, uns auf die Couch zu setzen, während er zu dem Schrank ging, in dem sich Bens Musikanlage befand. Dean schloss den MP3-Player an die Stereoanlage an, fummelte an ein paar Knöpfen herum, dann erfüllte Annas Stimme den Raum.
»Remy. Hi, Baby. Vermutlich hast du dich gewundert, dass ich dir zum Geburtstag einen iPod geschenkt habe.«
Als Nächstes machte Dean Bens Hausbar ausfindig und hielt dann triumphierend eine Flasche Tequila hoch. Eröffnete sie und genehmigte sich einen kräftigen Schluck, während Anna erklärte, sie mache die Aufnahme, um mir die Wahrheit darüber zu erzählen, wer ich sei. Deans Motiv war mir klar. In den Geschichten meiner Mutter wurde enthüllt, wie man mich unter Kontrolle brachte, und ich war plötzlich froh, dass sie nicht alles über mich gewusst hatte.
»Genug. Das ist keine Entschuldigung.«
Dean grinste vor Vergnügen und setzte wieder die Flasche an. »Das muss gesessen haben.«
Ihm war klar, wie verletzt und wütend mich ihre Worte gemacht haben mussten. Als Meister der Manipulation verstand er, was sie mir durch ihr Schweigen angetan hatte. Angesichts seiner Freude an einem weiteren Verrat Annas wurde mir übel.
Sie kam darauf zu sprechen, wie sich meine Fähigkeiten entwickelt hatten und gewann damit wieder Deans Aufmerksamkeit. Lucy drückte mir mit ungläubiger Miene die Hand. Sie hielt Dean und Anna für verrückt, dass sie diesen magischen Quatsch glaubten. Sie hätte alles dafür gegeben, dass es sich bei dem Ganzen hier nur um einen schlechten Traum handelte, doch ich konnte ihr lediglich beruhigend die Hand drücken.
Dean lauschte den Worten meiner Mutter, wie sehr sie Tom geliebt habe, der so beliebt war, und er schüttelte mit spöttischem Lachen den Kopf. »Au weia, deine Mutter war ja damals schon erbärmlich!«
»Und doch hast du sie geheiratet. Was bist dann du?«, sagte ich.
Deans Lippen verzogen sich warnend, so wie sie es taten, bevor er mich schlug. »Schlau. Was meinst du, warum ich sie geheiratet habe, wo sie ein Balg im Schlepptau hatte? Sie hat alles gemacht, was ich wollte, und die großzügigen Schecksdeines Vaters trudelten auch immer hübsch regelmäßig ein, Prinzessin.«
» … in unserer kleinen Stadt verbreiteten sich Gerüchte wie ein Lauffeuer. Es war nur eine Frage der Zeit, bevor die Beschützer davon Wind bekamen und Jagd auf uns machten.«
Dean runzelte die Stirn. Er knurrte beinahe. »Was zum Teufel sind Beschützer?«
Irreführung schien meine einzige Möglichkeit und ich zuckte die Achseln. »Gute Frage. Anscheinend hatte Anna sie nicht mehr alle. Mich hat sie Heilerin genannt!« Zu den letzten Worten malte ich mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft. »Und du bist genauso schlimm. Die Sachen, von denen du behauptest, ich könnte sie, sind unmöglich. Jedem normalen Menschen wäre das klar.«
Dean machte einen drohenden Schritt auf mich zu und verschüttete dabei gelbbraune Flüssigkeit aus der Flasche in seiner Hand. »Ich weiß, dass du
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