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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zusammen seinen Geburtstag feierte. Daisy hatte ihm einen Kuchen gebacken und Gracie erlaubt, ihn mit der Aufschrift »Alles Gute zum 62. Geburtstag« zu dekorieren.
    Zweiundsechzig! Und der Mann trägt seine Haare immer noch als Pferdeschwanz.
    Ich heuchelte Interesse an seinen restlichen Orgobeet-Beständen, und er nahm mich mit in die Garage, um mir die Fässer zu zeigen.
    »Meine einzige Hoffnung ist jetzt«, sagte er, »dass ein Brand stifter die Garage anzündet.« Dabei zog er eine graue, zottige Augenbraue hoch und sah mich vielsagend an. Ich fragte ihn, ob er eine Geschäftsversicherung abgeschlossen habe.
    »Sehe ich aus wie ein Trottel?«, bellte Flowers. »Natürlich hab ich das, kann man in dieser scheußlichen modernen Welt irgendwas ohne Versicherung anstellen? Die Versicherungsgesellschaften haben uns doch längst alle an den Eiern. Doch als ich Schadensersatz für einen gestohlenen Camcorder wollte, haben die miesen Schweine sich geweigert zu zahlen.«
    »Aber das lag daran, dass du noch nie einen Camcorder besessen hast und dementsprechend der Versicherung keine Quittung als Kaufbeleg vorlegen konntest«, wandte ich ein.
    »Es gab mal eine Zeit, als das Wort eines Gentleman noch etwas galt«, donnerte er.
    »Aber du hast den Elektrohändler angelogen«, protestierte ich.
    »Das sollten sie ja nicht erfahren«, versetzte er durch zusammengebissene Zähne.
    Er ist ein unmöglicher Mann.
    Als wir zurück zum Haus liefen, fragte er mich, ob ich meine Steuerangelegenheit geklärt hätte. Ich erzählte ihm, dass ich noch einmal an Gordon Brown geschrieben hätte und täglich mit einer Antwort rechne.
    Er sagte: »Ich hoffe, du hast nicht erwähnt, dass ich dein Schwiegervater bin.«
    Als Daisys Schwester Marigold mit Oberstreber Henderson, ihrem Ehemann, auftauchte, sank meine Laune noch tiefer. Ich komme einfach nicht darüber hinweg, dass ich mal mit Mari gold verlobt war. Damals bin ich wirklich nur mit knapper Not entkommen. Die Hendersons mögen beide keine Kinder, sie ziehen es vor, ihre Freizeit als aktive Mitglieder des Star Trek -Fanclubs zu verbringen. Beide sprechen fließend Klingonisch und wechseln in diese Sprache, wenn sie Witze oder Anspie lungen machen, was ich für den Gipfel der Unhöflichkeit halte.
    Das Geburtstags-Teetrinken war eine düstere Veranstaltung. Daisy sagte: »Nur noch drei Jahre bis zu deiner Pensionierung, Dad.«
    Er lachte höhnisch und gab zurück: »Falls ich überhaupt so lange lebe.«
    »Stirbst du, Dad?«, fragte Daisy beunruhigt.
    Worauf Flowers meinte: »Wir sterben alle, Daisy. Niemand ist unsterblich.«
    Gracie sagte: »Stirbst du bald?«
    Flowers blickte aus dem Fenster und sagte: »Wer weiß?«
    Nach dem Tee unterhielt Gracie die Anwesenden mit ihrer improvisierten One-Woman-Show von High School Musical . Sie »sang« mit grässlichem amerikanischem Akzent in ein rosa Plastikmikrofon, das ihre Stimme verstärkte. Immer wenn einer von uns unkonzentriert wurde, rief Gracie: »Schau mich an! Schau mich an!«
    Während sie in dem großen Erker des Wohnzimmers he rumtobte und die staubigen Samtvorhänge zwischen den Sze nen zog, beneidete ich das Selbstbewusstsein dieses Kindes. Ich weiß noch, wie ich bei Familienfesten aus dem Haus floh, wenn meine Eltern mich drängten, Gedichte vorzutragen.
    Auf dem Heimweg teilte ich Daisy mit, dass sie ihren Vater in Zukunft allein besuchen könne.
    »Das ist unfair«, sagte sie, »ich muss deine Eltern jeden Tag meines Lebens ertragen.«
    Später an diesem Abend stiegen wir schweigend in unser kaltes Ehebett und drehten einander den Rücken zu.
    Montag, 20. August
    Nach der Arbeit traf ich zufällig Dr. Pearce vor dem Buchladen. Sie mühte sich mit einer großen Schachtel ab, in der sich eine Gänsedaunendecke (Wärmegrad 9) befand, weshalb ich ihr anbot, den Karton auf dem Fahrrad zu ihrem Auto zu schieben. Unwillkürlich bemerkte ich, dass ihre Brüste in ihrem tief ausgeschnittenen Sommerkleid ziemlich deutlich zur Geltung kamen, und ich hatte eine Vision von ihr, wie sie nackt unter die Daunendecke schlüpfte. Mein Mund wurde trocken, und meine linke Hand, mit der ich die Schachtel auf dem Fahrradsattel festhielt, fing an zu zittern. Wir liefen zu ihrem Auto, und ich half ihr, die Decke in den Kofferraum zu packen. Jedes Mal, wenn ich zu gehen versuchte, verwickelte sie mich in einen neuen Gesprächsfaden. Sie sagte, sie genieße die langen Sommerferien. Außerdem berichtete sie mir ungefragt, dass sie vier Kinder habe

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