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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sechzigsten Geburtstag habe ich für sie eine Harley-Davidson importiert, und sie wurde zu einer bekannten Persönlichkeit in Bournemouth.«
    Hinterher gingen wir mit den anderen Trauernden zusammen zurück zum Bungalow. Brett hatte einen Catering-Service bezahlt. Der Großteil des Essens bestand aus Bergen von Gemüse, und mein Vater knurrte: »Das ganze Zeug hab ich noch nie gesehen. Gibt’s denn hier kein Stück Schinken oder Schweinepastete, Sohn?«
    Plötzlich begannen die Vorhänge, sich von ganz allein zu öffnen und zu schließen, das Licht ging an und aus, und Musik dröhnte aus den in jedem Zimmer angebrachten Lautsprechern. Die Fernbedienung konnte nicht gefunden werden, obwohl jeder gründlich danach suchte. Meine Mutter versuchte, die Vorhänge mit Gewalt aufzuziehen, doch Brett kreischte: »Lass die Vorhänge in Ruhe, Pauline! Du machst noch die empfindlichen elektronischen Zeitschaltuhren kaputt.«
    Die Rückreise wurde dadurch verkompliziert, dass die jeweiligen Blasen eines jeden Familienmitglieds zu unterschiedlichen Zeiten entleert werden mussten. Insgesamt hielten wir neun Mal an. Am Rastplatz Watford Gap Services stieß Daisy bei der Suche nach einem feuchten Tuch in Gracies Tasche auf Bretts Fernbedienung.
    Gracie bestritt, sie dort versteckt zu haben.
    Meine Mutter sagte: »Wenn du weiter lügst, Gracielein, dann wird deine Nase so lang wie die von Pinocchio.«
    »Ist mir doch egal«, gab Gracie zurück. »Ich wäre gern ein Holzjunge.«
    Mit gedämpfter Stimme sagte ich zu Daisy: »Am Montag rufe ich den schulpsychologischen Dienst an.«
    Es war ein Sonnenstrahl am Ende eines düsteren Tages, als Glenn aus Afghanistan anrief. Er kommt in zehn Tagen nach Hause. Als er mich fragte, ob ich schon bei Dude’s gewesen sei und mit Tiny Curtis gesprochen habe, log ich und sagte ja. Jetzt muss ich nächste Woche gehen.
    Kurz vor dem Einschlafen sagte ich zu Daisy, dass ich Brett um seinen immensen Reichtum beneide.
    Sie sagte: »Er ist innerlich leer, Adrian. Er sagt, dass er dich beneidet.«
    »Mich? Warum?«
    »Weil du mit mir verheiratet bist«, sagte Daisy. Dann drehte sie sich um und schlief fast sofort ein. Ich lag noch lange wach und lauschte dem Husten meiner Mutter durch die Wand. Um 3:10 fing ein einsamer Vogel zu singen an. In der Dunkelheit vor dem Morgengrauen war das Lied irgendwie herzzerreißend.
    Sonntag, 19. August
    Mit dem Fahrrad, Gracie von mir in ihrem kleinen Anhänger gezogen, fuhren wir sechseinhalb Kilometer durch idyllische Landschaft, vorbei an Feldern, auf denen Mähdrescher Getreide zu Heuballen verarbeiteten, nach Beeby on the Wold zu Daisys Vater, um ihm das »Dutzend strapazierfähige weiße Taschentücher« zu schenken, das er sich zum Geburtstag gewünscht hatte. Es ist Monate her, seit ich ihn gesehen habe, und ich war erschrocken, wie alt er plötzlich aussieht. Das Scheitern von Orgobeet hat ihn sehr stark mitgenommen.
    Daisy hatte ihn davor gewarnt, sein letztes Geld in diese Rote-Bete-Zerkleinerungsmaschine zu stecken, aber er war großspurig wie immer und weigerte sich, auf irgendwelche Ratschläge zu hören.
    Als er in die TV-Sendung Drachenhöhle ging und um Unterstützung in Form von 250 000 £ für 10 Prozent des Geschäfts bat, rieten ihm die Fernseh-Drachen, die Verluste abzuschreiben und zur Schadensbegrenzung den Rote-Bete-Saft in den Abfluss zu kippen, doch er brüllte sie an, sie seien kurzsichtige Dummköpfe, und eines Tages würden sie seinen Namen auf der Reichenliste der Sunday Times lesen. Die Folge wurde nie gesendet – offenbar war der schottische Drache mit den Fitnessstudios, Duncan Bannatyne, unangenehm geworden.
    Michael Flowers war am Telefon in seinem Büro und führte ein rührseliges Gespräch mit seiner Exfrau Netta. Neben seinem Ellbogen stand ein Glas Orgobeet. Er sah aus, als trüge er karminroten Lippenstift – ein ziemlich verstörender Anblick. Einer der Nachteile von Orgobeet ist nämlich, dass es die Lippen verfärbt. Gracie weigerte sich, auf seinem Knie zu sitzen, und sagte: »Opa sieht aus wie eine Frau mit Bart.«
    Sein Haus ist zu groß und zu dunkel, um gemütlich zu sein, da er ausschließlich Energiesparbirnen verwendet. Und von Zentralheizungen hält er nichts, weil sie angeblich Mutter Natur ihrer kostbaren Ressourcen berauben. Also saßen wir in der Küche um den alten, mit Holzscheiten befeuerten Herd gedrängt, starrten hinaus in den Regen und warteten darauf, dass Flowers sein Telefonat beendete und mit uns

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