Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
nach draußen passte ich gut auf, den Weihnachtsbaum nicht zu streifen.
Freitag, 23. November
Jemand hat ein Stück Girlande über den Bestrahlungsapparat gehängt. Ganz sicher verstößt das gegen irgendwelche Richtlinien des staatlichen Gesundheitswesens.
Sally erzählte mir, dass Anthony ihr zu Weihnachten einen Hund schenken werde.
Ich fragte sie, ob sie gern Hunde möge.
»Nein, aber Anthony«, antwortete sie.
Was für Hunde Anthony denn möge, fragte ich.
»Große. Eigentlich hätte er gern einen Wolf.«
»Nach allem, was Sie mir über Anthony erzählt haben, hat er nicht gerade Leitwolfqualitäten«, wandte ich ein.
»Anthony kann sehr energisch sein«, widersprach Sally. »Er hat seine Eltern dazu gebracht, bei der letzten Wahl die Konservativen zu wählen.«
Ich bat sie inständig, ein Machtwort zu sprechen und Anthony die Wahrheit zu sagen, nämlich, dass sie lieber eine »hübsche Armbanduhr« bekäme.
Danach ging ich nach oben, um Mr. Carlton-Hayes auf seiner Station zu besuchen. Eine Schwester packte gerade seinen kleinen Koffer, er darf heute nach Hause. Leslie, erzählte er mir, habe im Haus Rampen installiert und die Türen im unteren Stockwerk verbreitert, damit der Rollstuhl durchpasst.
Ich fragte ihn, wann die Buchhandlung endgültig schließen würde.
Sehr still sagte er: »Innerhalb der nächsten Wochen, mein Lieber.«
Ich ging in den Laden. Bernard erzählte gerade einem großen Mann mit gebeugter Haltung, dass sämtliche Preisträger des Booker Prize nur gewonnen hätten, weil sie mit den Juroren geschlafen hätten.
Der große Mann sagte: »Aber doch nicht Anita Brookner?«
»Wie sonst soll man sich das erklären«, sagte Bernard. Er steuerte den Mann zu dem Regal mit den preisgekrönten Büchern. »Werfen Sie mal einen Blick drauf, und dann sagen Sie mir, dass die sich den Preis ehrlich verdient haben. Das glaube ich nämlich nicht.«
Ich ging ins Hinterzimmer und sah die Bücher durch, die Bernard bei einer Wohnungsauflösung gekauft hatte, aber schon nach zehn Minuten musste ich mich hinsetzen. Der Gedanke, auf den Bus warten zu müssen, war zu viel, also rief ich ein Taxi. Zu Hause ging ich sofort ins Bett, rief meine Mutter an und bat sie, Gracie vom Kindergarten abzuholen.
Um 15.10 musste ich aus dem Bett springen und auf die Toilette rennen. Schmerzen, Stechen beim Wasserlassen. Ich rief im Krankenhaus an und sprach mit Sally.
»Das sind so gut wie sicher Nebenwirkungen der Bestrahlung«, sagte sie. »Bisher haben Sie Glück gehabt.«
Samstag, 24. November
Daisy fuhr heute Morgen schon früh mit Fairfax-Lycett los. Sie wollen einen Konkurrenzbetrieb auskundschaften, Belvoir Castle, um sich dort Ideen zu holen, wie man mehr Pu blikum anziehen kann. Als ich mich von Daisy verabschiedete und hinzufügte: »Viel Spaß«, entgegnete sie beleidigt: »Das ist keine Spaß veranstaltung, Adrian, ich arbeite.«
Mir fehlte die Energie, um mit ihr zu streiten.
Ich brachte Gracie zu meinen Eltern und versuchte dann, mit dem Fahrrad zur Bestrahlung zu fahren. Nach ein paar Hundert Metern musste ich umdrehen und ein Taxi rufen. Ich kann mir nicht zweimal pro Tag ein Taxi leisten. Wie soll ich in Zukunft ins Krankenhaus kommen?
Auf dem Rückweg kostete das Taxi 14,50 £. Auf meinen Einwand, ich hätte auf dem Hinweg für genau dieselbe Strecke 10,80 £ bezahlt, sagte der Fahrer: »Mein Wagen braucht eben nachmittags mehr Sprit.«
Ich beließ es dabei, überlege aber seitdem, ob das eine wissenschaftliche Tatsache ist. Nachdem ich Gracie abgeholt hatte, zog ich mir meinen Schlafanzug und meinen Morgenmantel an, obwohl es noch hell war. Heute fühle ich mich wirklich krank – hab sogar eine Dose Milchreis gegessen.
Als Gracie alle Kissen vom Sofa holte und sich mit den sauberen Laken aus dem Wäscheschrank ein Spielhaus baute, war ich zu schwach, um einzuschreiten.
Ich war immer noch in Schlafanzug und Morgenmantel, als Daisy zurückkam. Sie drehte durch, als sie sah, in welchem Zustand das Wohnzimmer war, und es wurde noch schlimmer, als sie entdeckte, dass Gracie in ihrem Spielhaus ihr Vintage-Cocktailkleid von Vivienne Westwood trug. Ich wollte ihr beim Aufräumen helfen, Tagebuch, aber mir fehlte die Kraft dazu. Ist das der Anfang meines Verfalls?
Gracie wurde auf ihr Zimmer geschickt, aber das ist kaum eine Strafe. Da drin gibt es mehr Spielzeug als bei Toys »R« Us.
Sonntag, 25. November
Taxi zur Bestrahlung. Taxi zurück. Schlafanzug angezogen. Ins Bett gegangen. Nur
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