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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zum schmerzhaften Wasserlassen aufgestanden.
    Gracie kam ins Schlafzimmer und erzählte mir, sie habe gerade mit Mami Titanic angesehen. »Mami hat am Ende geweint.«
    Ich sagte: »Es ist ja auch ein trauriger Film, Gracie. Ich bin erstaunt, dass Mami ihn dich hat ansehen lassen.«
    »Sie weint immer noch«, sagte Gracie.
    Widerstrebend stand ich auf, um Daisy zu suchen. Sie war im Badezimmer und schluchzte in ein Handtuch. »Wein doch nicht, Daisy«, sagte ich, »es ist nur ein Film.«
    Daisy schleuderte das Handtuch in die Badewanne und rief: »Glaubst du im Ernst, ich weine wegen eines blöden Films? Ich weine ständig, seit drei Wochen!«
    »Wenn du dir meinetwegen Sorgen machst …«
    »Es geht nicht immer um dich, Adrian«, sagte sie. »Ich habe auch ein Leben, weißt du.«
    Mir fiel auf, dass sie ihren Ehering nicht trug.
    Als ich sie darauf ansprach, sagte sie: »Es ist dir vielleicht nicht aufgefallen, aber ich habe ziemlich viel abgenommen. Er fällt immer runter.«
    Montag, 26. November
    Nach der Bestrahlung wurde ich von meiner Mutter abgeholt. Sie stand mit einem Mazda, dessen grüner Farbton in der Pa lette von Mutter Natur so nicht vorkommt, vor der Onkologie station im Parkverbot. Während sie über die Bremsschwellen auf dem Krankenhausgelände holperte, erzählte sie mir, dass sie sich entschlossen habe, das altmodische Bonbonglas mit dem Kleingeld, das sie seit drei Jahren sammelt, zur Bank zu tragen.
    »Hauptsache, ich hab noch genug übrig, um deinen Vater zu beerdigen, alles andere ist mir egal«, sagte sie und fuhr fort: »Ich kann nicht mit ansehen, wie du dich abmühst, um zu deiner Bestrahlung zu kommen. Von jetzt an fahre ich dich hin und hole dich ab.«
    Ich protestierte – aufrichtig – und meinte: »Mum, das kann ich dir unmöglich zumuten.«
    »Adrian, ich bin deine Mutter, und du bist ein sehr kranker Junge. Ich würde für dich über heiße Kohlen laufen, ich würde für dich durch ein Haifischbecken schwimmen, ich würde mit einem Eisbären kämpfen …«
    Der Gedanke, zweimal pro Tag mit meiner Mutter in einem Auto eingesperrt zu sein, erfüllt mich mit Schaudern. Nach ein paar Minuten stellte sie Radio 2 an, und James Blunts Stimme dröhnte »You’re Beautiful« aus den vier Laut sprechern im Wagen.
    Während ich im Auto saß, rief Pandora mich auf dem Handy an, um mir mitzuteilen, ich müsse sämtliche Aktien verkaufen, die ich besäße.
    »Der ganze Finanzmarkt bricht zusammen«, sagte sie.
    Ich erzählte ihr, dass meine Mutter genau das bereits vor Monaten vorausgesagt hatte.
    Bewundernd sagte Pandora: »Wie hellsichtig! Ich hab schon immer gesagt, dass deine Mutter eine Hexe ist.«
    Meine Mutter nahm mir das Handy weg und sagte, den Wagen mit einer Hand steuernd: »Pan! Wie geht es dir? Hast du gerade einen Freund?«
    Was auch immer Pandora entgegnete, brachte meine Mutter zum Lachen.
    »Es gibt Schlimmeres, als wenn ein Mann einen kleinen Pimmel hat«, sagte sie. »Davon solltest du dich nicht ab schrecken lassen, vor allem nicht, wenn er Kohle hat.«
    Wir hielten an einer roten Ampel, und ein Polizist klopfte an die Scheibe auf der Fahrerseite. Da meiner Mutter der Wagen noch so fremd war, dauerte es ewig, bis sie das Fenster heruntergelassen hatte. Der Polizist bewegte die Lippen, James Blunt heulte, wie schön seine Frau doch sei, und Pandora erzählte meiner Mutter, inzwischen via Lautsprecher, etwas Anzügliches über Peter Mandelson.
    »Sind Sie die Halterin dieses Wagens, Madam?«, fragte der Polizist.
    »Ja, das bin ich«, gab sie zurück. »Ich habe ihn heute Morgen abgeholt.«
    »Dürfte ich mal Ihren Führerschein sehen?«
    Meine Mutter zerrte sich ihre Handtasche auf den Schoß und gab mir mein Handy zurück. Allerdings glitt es mir durch die Finger und fiel zwischen den Schaltknüppel und meinen Sitz. Ich tastete danach, erreichte aber nur, dass es noch weiter nach unten rutschte. Noch lauter als vorher beschwerte sich Pandoras Stimme inzwischen über den Londoner Polizeipräsidenten. Meine Mutter brauchte entsetzlich lange, um ihren Führerschein zu finden. Der Polizist starrte das Foto, dann meine Mutter an.
    Unterdessen brüllte Pandora: »Wir leben ja praktisch in einem Polizeistaat, Pauline.«
    Schließlich fragte der Polizist: »Wissen Sie, warum ich Sie angehalten habe, Madam?«
    Meine Mutter verneinte.
    »Sie sind zickzack gefahren und haben gleichzeitig auf einem Handy telefoniert.«
    »Mein Sohn hier leidet an Krebs, Herr Wachtmeister«, sagte meine

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