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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Laufe der Jahre bin ich immer misstrauischer geworden, was meinen eigenen Erzeuger betrifft. Mit meinen Eltern habe ich absolut nichts gemein.
    Glenn ist mit Finley-Rose für ein paar Tage in ein Hotel in Birmingham gefahren. Er möchte ihr bei Harvey Nichols ein Geschenk kaufen.
    Mittwoch, 21. November
    Bestrahlung.
    Danach fuhr ich nach Hause und erhielt um halb eins einen Anruf aus dem Kindergarten. Die Leiterin wolle mich dringend sprechen. Fuhr mit dem Fahrrad hin und ging ins Büro der Leiterin.
    Mrs. Bull ist absurd jung für eine Kindergartenleiterin. Sie sagte: »Danke, dass Sie kommen konnten, Mr. Mole. Wenn es Ihnen recht ist, komme ich gleich zur Sache. Seit einiger Zeit schon bereitet uns Gracie etwas Sorgen. Wir haben ihr überspanntes Erscheinungsbild lange geduldet. Wir haben uns die größte Mühe gegeben, das, was wir für eine Phase hielten, zu ertragen, aber ich kann meinen Angestellten nicht länger gestatten, einem einzelnen Kind derart viel Aufmerksamkeit zu widmen.«
    »Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen«, fragte ich, »dass Gracie vielleicht ein hochbegabtes Kind sein könnte?«
    »Nein«, entgegnete Mrs. Bull, »der Gedanke ist mir noch kein einziges Mal gekommen. Heute Morgen, als die anderen Kinder schon im Gruppenraum versammelt waren, saß Gracie in diesem Meerjungfrauenkostüm auf der Schuhablage in der Garderobe. Auf meine Bitte, mit mir in den Gruppenraum zu laufen, sagte sie in einem sehr herablassenden Tonfall: ›Fische können nicht laufen.‹ Als ich darauf bestand, dass sie nach drüben ging, weigerte sie sich erneut. Sie sagte, die Schuhablage sei ein großer Fels und der Fußboden der Garderobe der ›Spezifische Ozean‹. Nach einer Weile brachte ich sie dazu, auf dem Bauch in den Gruppenraum zu ›schwimmen‹, was sie allerdings in aufreizend langsamem Tempo tat. Ich habe wohl etwas die Geduld mit ihr verloren, fürchte ich, und sie an Miss Nutt übergeben. Als ich jedoch während der Pause durchs Fenster einen Blick auf den Spielplatz warf, sah ich Miss Nutt, die Gracie auf dem Arm trug. Ihre Tochter rief: ›Fische können nicht laufen‹, und es dauerte nicht lange, bis die anderen Mädchen das nachplapperten und Miss Nutt und die anderen Erzieherinnen anbettelten, sie ebenfalls auf den Arm zu nehmen. Das kann so nicht weitergehen, Mr. Mole. Das hier ist kein Aquarium. Das ist ein Kindergarten.«
    In meinem Kopf entgegnete ich: »Ach, es ist kein Aquarium? Ich bitte vielmals um Verzeihung, da habe ich mich wohl getäuscht, sonst hätte ich ja auch meine Tochter in der passenden Aufmachung losgeschickt.« Was ich aber tatsächlich sagte, war: »Es tut mir leid, Mrs. Bull. Ich werde dafür sorgen, dass Gracie morgen ihre Uniform trägt.«
    Ging zum Postamt, um die Zeitungsrechnung meiner Eltern zu bezahlen. Auf dem Weg nach draußen warf ich den Weihnachtsbaum um, und mehrere Kugeln zerbrachen. Warum können sie keinen Plastikschmuck verwenden wie jeder andere Mensch?
    Wir leben im Jahr 2007.
    Als ich zurück nach Hause kam, brannte bei meinen Eltern Licht. Ich atmete mehrmals tief durch und ging nach nebenan, um mich nach der Jeremy Kyle Show zu erkundigen. Meine Mutter arbeitete an ihren angeblichen Memoiren, mein Vater lag noch im Bett.
    »Ich weiß gar nicht, warum dein Vater schmollt«, sagte meine Mutter. »Er war es doch, auf dessen Seite sich das Pub likum gestellt hat.«
    Ich fragte, warum.
    »Ein schluchzender Mann im Rollstuhl, der herausfindet, dass seine heißgeliebte Tochter von einem anderen Mann gezeugt wurde? Man müsste schon ein Herz aus Stein haben, um da kein Mitleid zu bekommen.«
    »Also ist Lucas tatsächlich Rosies Vater?«, fragte ich.
    »Ja. Als Jeremy Kyle das Resultat des Gentests vorgelesen hat, ist Lucas aufgesprungen, hat die Fäuste in die Luft gerissen, ist auf der Bühne rumgerast, hat Rosie umarmt, Jeremy Kyle den Zettel aus der Hand genommen und das Testergebnis geküsst. Dann hat er sich hingesetzt und ist in Tränen ausgebrochen. Dein Vater hat versucht, zu Lucas rüberzurollen, um ihn ins Gesicht zu boxen, aber er kam nicht nah genug ran. Und dann ist Jeremy Kyle über mich hergefallen und hat gesagt, ich bin ›eine Schande‹. Rosie hat mich auch in die Mangel genommen und behauptet, ihr ganzes Leben wäre eine Lüge gewesen. Und Lucas hat gesagt, er will die verpasste Zeit nachholen, und hat Rosie gefragt, ob sie bei ihm wohnen will. Er hat vor dem Studiopublikum und den Millionen Fernsehzuschauern geprahlt, er würde in

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