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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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zählte achtzehn Kinder, die barfuß und erhitzt im Mittelgang tanzten. Manche Gemeindemitglieder hoben die Hände und bewegten sich zur Musik. Parnell Jones, der Gerichtsschreiber, schlug das Tamburin. Andere stampften mit den Füßen auf den massiven Dielen und sangen mit unsicherer Stimme:
    Bald kommt der Heiland, des Richters Zeit,
    Da der Sünder heult und die Sünderin schreit;
    Und endlich erntet ihr die Saat,
    Wenn das bleiche Ross und sein Reiter naht.

    Schließlich verstummten die Sänger, und die Menge blickte gespannt in den vorderen Teil der Kirche, in den ich keinen Einblick hatte.
    »Ich betreue diese Holiness-Gemeinde nun seit fast achtundzwanzig Jahren«, verkündete eine tiefe, rauchige, beruhigende Stimme über das Mikrophon.
    Die Gläubigen klatschten, sagten »Amen« und hoben die Hände.
    »Wir waren eine junge Kirche, als ich zu euch kam, eine Kirche, durch Versuchung geprüft. Es war in einer Nacht wie heute. Er hat mit uns sein Spiel getrieben und uns dann einer unsagbaren Niedertracht und Verderbtheit ausgesetzt.«
    Zu meinem Erstaunen brachen plötzlich mehrere Frauen zusammen und schluchzten herzzerreißend. Und gleichzeitig wurde mir klar, dass auch die Musik nun von tiefer Trauer und Reue sprach.
    Vielleicht war es die Müdigkeit, die mich nach meinem Zwanzigstundentag überfiel, jedenfalls fühlte ich mich wie in Trance und konnte dem Drang nicht widerstehen, näher zu treten. Ich stahl mich an der Böschung entlang zu einer Gruppe von Eschen, von der ich das letzte Fenster einsehen konnte. Die Weinenden beruhigten sich, ich kroch die letzten Meter bäuchlings über die glitschige rote Erde, richtete mich auf und spähte durch die Zweige in die Kirche.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Aber der Prediger, der, wie sich später herausstellte, Bruder Neal hieß, war ein schmächtiger Mann Ende fünfzig, das silbergraue Haar zurückgekämmt, mit langen, knochigen Händen und ausgeprägter Körpersprache. Er stand auf einem Podest aus rohen Kiefernbrettern, wippte mit dem Oberkörper und hielt ein Mikrophon in der Hand, dessen schwarzes Kabel zu einer kleinen Verstärkeranlage führte. An der Wand hinter ihm hing ein weiteres schlichtes Kreuz.
    »Still, Schwestern«, sagte er. »Werdet jetzt still. Ich weiß, es tut weh. Aber manchmal muss etwas wehtun, damit es heilen kann.«
    Zu Bruder Neals Füßen stand ein halbes Dutzend Kisten, wie ich sie im Kofferraum meines Wagens hatte. Hinter dem Prediger befand sich die Band, zwölf Musiker, die jede seiner Bewegungen gebannt verfolgten. Und mit seinen beruhigenden Flüsterlauten und Gesten zog er auch alle anderen in den Bann: Sie entspannten sich sichtlich und betrachteten Bruder Neal hingerissen. Tatsächlich war es schwer, den Blick von diesem unscheinbaren Mann zu wenden, der zitternd und bebend jeden Klagelaut der Frauen untermalte.
    Er hob die Hände und schloss die Augen. »Es ist wichtig, dass wir uns erinnern, wie wir in unserer Kirche Jesu in Versuchung geführt wurden, aber durch unseren Glauben den Satan besiegen und seiner Macht entrinnen konnten.«
    »Amen«, entrang es sich zahlreichen Kehlen.
    Schweißperlen standen auf Bruder Neals Stirn, als er fortfuhr: »Es ist wichtig, dass wir uns erinnern, wie wir siebenundzwanzig Jahre mit Gott gelebt haben. Wir haben unsere Schuldigkeit getan. Alles getan, um mit dem Heiligen Geist im Einklang zu sein.«
    »Lobet den Herrn«, intonierte die Gemeinde.
    »Nun ist einer unter uns, der um diese Jahreszeit sehr unter den Wunden leidet, die ihm im Kampf mit dem Satan zugefügt wurden«, sagte Bruder Neal. »Und jetzt, wo er sich grämt und meint, Gott habe ihn vergessen, erfahre ich, dass ein Polizist aus Kalifornien in die Stadt gekommen ist und versucht, schmutzige Geschichten über Lucas Stark auszugraben.«
    Bruder Neal schlug die Augen auf und schenkte den Versammelten einen ernsten Blick. »Täuscht euch nicht: Das ist nicht einfach nur ein Polizist, Brüder und Schwestern. Er ist es – wieder in anderer Gestalt. Er führt uns in Versuchung. Will uns zum Bösen verleiten. Er ist noch nicht fertig mit euch, noch nicht fertig mit mir. Überhaupt noch nicht. Wir haben ihn besiegt, aber er – er will, dass die Geschichte dieser Versuchung erzählt und immer wieder erzählt wird. Täuscht euch nicht, er bekommt, was er will, einfach durch die Schilderung seiner Niedertracht. Er will, dass seine Geschichte erzählt wird, und daran dürfen wir nicht teilhaben, denn wer die Geschichte

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