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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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aber ihr Gesicht nicht sehen.
    »Das ist nicht wahr … «, setzte ich an.
    »Doch«, beharrte sie. »Du hast mich in Fay gesehen, wie ich damals versuchte, mit dem Tod deines Vaters fertig zu werden. Diese entsetzlichen Tage.« Tränen rannen ihr über das Gesicht. Sie zog ein Taschentuch hervor.
    Wieder sah ich das Gesicht meiner Mutter in der Kirche vor mir. Wie verzweifelt sie war, als der Sarg an ihr vorüberzog. Dann hatte ich wieder das Bild von Fay und Jimmy vor Augen.
    Ich schüttelte das alles ab. »Ma, sei nicht so streng mit dir. Ich bin für das alles selber verantwortlich.«
    »Hör mich zu Ende an!«, rief sie. »Ich habe viel darüber nachgedacht. Tief in deinem Innern konntest du den Gedanken nicht ertragen, dass Fay und Jimmy eines Tages so leiden könnten, wie wir gelitten haben, deshalb hast du unbewusst deine Frau und deinen Sohn von dir gestoßen. Damit sie dir gegenüber gleichgültig werden. Du hast sie auf Abstand gehalten, damit es ihnen nicht so wehtut, wenn dir im Dienst etwas zustoßen sollte.«
    Wie sie dies so unvermittelt vor mir ausbreitete, hatte ich das Gefühl, die Schüsse würden mich noch einmal treffen. »Ich muss los, Ma. Ich habe einiges mitgemacht heute Nacht, ich kann einfach nicht mehr.«
    Ich stand auf und ging zur Tür.
    »Rikko und Christina haben mir erzählt, dass dir die Erinnerung an den Tod deines Vaters zusetzt. Du bist nie richtig darüber hinweggekommen, Shay. Eigentlich gar nicht. Einmal wirst du dich … «
    Hinter mir fiel die Tür ins Schloss.

47
    In Cardiff fand ich eine heruntergekommene Kneipe namens Silver John’s, die meiner düsteren Stimmung entsprach. Drinnen herrschte Halbdunkel, es war verqualmt, an der Wand klebte ein Poster mit Strandmotiv, und eine Jukebox spielte Hits der achtziger Jahre. Etwa zehn Gestalten saßen an diesem Samstagnachmittag an der Bar. Ich suchte mir einen Fensterplatz mit Blick auf die Straße und trank Stolichnaya mit Soda und Zitrone.
    Im Fernseher über der Bar lief Sport. Es wurde über die gerade begonnene Baseball-Saison berichtet. In einem Beitrag ging es um einen jungen Kerl von der Uni von Oklahoma, der es mit gerade einmal einundzwanzig Jahren in die Starting Rotation der Arizona Diamondbacks geschafft hatte.
    Als ich den Drink zur Hälfte intus hatte und gerade Bob Seger »We’ve Got Tonight« sang, machte sich eine nicht ganz frische Bikerbraut namens Sunshine an mich ran. Sie trug nicht viel mehr als ein trägerloses Ledertop. Erst laberte sie mich mit Erzählungen von Bikertreffen in Sturgis, South Dakota zu, dann vertraute sie mir an, dass sie unter ihrer ausgefransten kurzen Jeanshose nichts weiter trug. Bei anderer Gelegenheit wäre ich vielleicht diesem unmissverständlichen Hinweis gefolgt, hätte sie in ein billiges Hotel abgeschleppt und mir meine Seelenqualen mit einem Abenteuer betäubt.
    Aber ich musste ständig an das denken, was meine Mutter über Fay und Jimmy und meine Flashbacks gesagt hatte. Sunshine gab es irgendwann auf und zog weiter, um sich jemand anderes aufzureißen. Ich bestellte mir noch einen doppelten Wodka. Am liebsten wollte ich gar nicht darüber nachdenken, dass meine Mutter und meine Schwester Recht haben könnten und alles mit dem Tod meines Vaters zusammenhing. Stattdessen versuchte ich mir einzureden, dass diese lebhaften Erinnerungen nur Teil der gewöhnlichen Midlife-Crisis waren.
    Als ich den zweiten Doppelten leerte, dämmerte es mir, dass mein ganzes bisheriges Leben eine einzige Midlife-Crisis gewesen war. Ich hatte Baseball in der Major League gespielt, war Polizist gewesen, fuhr einen Machoschlitten und wohnte auf einem Boot. Und mit meinen Seitensprüngen hatte ich meine Ehe ruiniert. Für meinen Sohn war ich mehr ein mittelprächtiger Freund als eine Leitfigur.
    Bei meinem dritten Stoli kam ich zu der Überzeugung, dass die Flashbacks ein Ergebnis von Überarbeitung waren. Mein Kopf war einfach überladen mit all den scheußlichen Sachen, die Menschen einander antun können, und all diese gewalttätigen Bilder verknüpften sich mit dem Bild vom Tod meines Vaters, weil sich tief im Herz eines Zehnjährigen der verzweifelte Wunsch gebildet hatte zu verstehen, warum ausgerechnet sein Vater erschossen und verbrannt worden war, tausend andere Bostoner Polizisten aber nicht. Es war vielleicht was dran an dieser Theorie, aber auch sie traf nicht den Kern der Sache, und so verwarf ich sie bald wieder.
    Als ich im Begriff war, den vierten Doppelten zu bestellen, verstand

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