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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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ich plötzlich, was eigentlich dahinter steckte. Es traf mich wie ein Dolchstoß ins Herz, und ich verließ fluchtartig die Kneipe, damit ich nicht wie ein Idiot vor allen Leuten in Tränen ausbrach.
    Ich stolperte in den grellen Sonnenschein des Spätnachmittags hinaus. Ich stieg in Christinas Wagen und fuhr auf dem Highway 1 Richtung Süden. Kurz vor dem Naturschutzgebiet von Torrey Pines dämmerte mir, dass ich die Promillegrenze längst überschritten hatte. Dafür eingebuchtet zu werden war das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte.
    Ich hielt an und stieg aus. Das Naturschutzgebiet ist ein ausgedehnter Strandabschnitt zwischen Del Mar und La Jolla. So viel Wildnis findet man nirgends in der Küstenregion des San Diego County. Ich zog Schuhe und Socken aus und lief Richtung Süden den Strand entlang. An der Spitze der Landzunge ließ ich mich zwischen zwei Felsblöcke fallen. Ich lehnte mich mit dem Rücken an den bröckligen Stein und sah zu, wie die Wellen an den Strand rollten. Die Sonne ging langsam unter, tauchte aber immer noch alles in das gleißende Licht einer unerbittlichen Wahrheit.
    In einer Woche wurde ich achtunddreißig. So alt war mein Vater bei seinem Tod gewesen. Bis jetzt hatte ich das, was ich erreicht hatte, immer noch an ihm messen können. Doch im Alter von achtunddreißig Jahren und zwei Monaten hatten zwei Schüsse und ein Kanister Benzin für meinen Vater alles beendet. Zurückgeblieben waren lauter unbeantwortete Fragen.
    Vor mir lag, riesig und unerforscht, der Ozean des Lebens, und ich fühlte mich genauso gelähmt wie an jenem Tag, als ich meine Mutter weinend am Küchentisch zurückgelassen hatte, um eine Fahrt in einer 67er Corvette zu unternehmen. Die wahre Ursache der Flashbacks war, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich damit fertig werden sollte, älter als achtunddreißig Jahre und zwei Monate zu werden. Bis zu meinem Unfall in jenem Spiel der Yankees hatte ich immer das Gefühl gehabt, dass mein Vater unter den Zuschauern war und meine Baseball-Karriere mit seiner Liebe zu diesem Sport lenkte. Er war auch sonst immer an meiner Seite gewesen, bei meiner Polizeiarbeit beispielsweise. Jetzt, wo ich betrunken war, fühlte ich mich verlassen. Mir war, als wandere er den Strand hinunter, während ich mich anschickte, in die raue See zu stechen.
    Und mit einem Mal brachen sich die in siebenundzwanzig Jahren aufgestauten Gefühle Bahn, so heftig wie ein Vulkan. Die Eruption kam tief aus meinem Bauch, und ich tat etwas, das ich schon seit der Beerdigung meines Vaters nicht mehr getan hatte: Ich weinte um ihn. Ich weinte um mich. Ich weinte um all die Zeit in meinem Leben, die wir nicht zusammen verbracht hatten. Und ich weinte um all die Zeit im Leben meines Sohnes, die wir nicht miteinander geteilt hatten.
    Es wurde schon dunkel, als ich nach Shelter Island zurückkam. Ich stellte Christinas Volvo auf dem Parkplatz ab und trottete den Kai hinunter. Ich hatte nur noch den Wunsch, einen ganzen Tag, oder besser sogar noch länger, tief und fest zu schlafen. Aber gerade als ich die Nomad’s Chant erreichte, tauchte Brett Tarentino auf. In der einen Hand hielt er einen Notizblock, in der anderen ein Handy, das er gegen sein Ohr presste.
    »Gib mir fünfzehn Minuten. Wann ist endgültig Redaktionsschluss für die Frühausgabe am Sonntag?« Er nickte und sagte: »Reservier mir zwei Spalten. Ich fülle sie.«
    Als der Schreiberling sein Telefon ausschaltete, bemerkte er meine zerzauste und betrunkene Gestalt. Der Zorn stieg ihm ins Gesicht, und ich machte mich auf einen Wortwechsel gefasst. »Na komm schon, Tarentino«, sagte ich. »Du kannst ruhig auf mich einprügeln, so wie alle anderen.«
    »Ich hole die Leute von ihrem hohen Ross, aber ich trete sie nicht, wenn sie im Dreck liegen«, antwortete Tarentino. »Die jüngsten Ereignisse sind weitaus interessanter als deine neuesten Heldentaten. Du bist auf dem Kehrichthaufen der Nachrichten von gestern gelandet. Mehr als eine Randnotiz über die Unfähigkeit der Polizei von San Diego bist du nicht mehr wert. Das soll jemand anderes machen. Ich habe Besseres zu schreiben.«
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Wie schnell man doch aus dem Rennen ist«, sagte er und schritt an mir vorbei den Kai hinauf. »Vor ungefähr einer Stunde hat man eine dritte Leiche gefunden, gefesselt und von einer Schlange gebissen, in einem Hotel im Mission Valley.«

48
    Mission Valley liegt unweit des Zentrums von San Diego. Das Tal, von vier großen Straßen

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