Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
mich auf das Sofa fallen.
»Da hast du’s«, meinte sie und hob mahnend den Finger. »Hättest du vor dreißig Jahren auf mich gehört und dein Versprechen gehalten, niemals Polizist zu werden, dann hättest du dieses Problem jetzt nicht. Du würdest deine Mutter öfter sehen, und Rikko würde nicht auf Leben und Tod im Krankenhaus liegen.«
»Die Ärzte sagen, er ist über den Berg.«
»Christina hat mir erzählt, du bist vom Dienst suspendiert.«
Ich nickte und warf den Kopf zurück. »Das ist eine irre Geschichte, einiges ist schief gelaufen. Ich blick selbst nicht mehr durch, Ma. Ich weiß einfach nicht mehr weiter.«
Sie antwortete nichts darauf, sondern ging in die Küche zurück. Ich hörte, wie sie den Mädchen sagte, dass mit ihrem Vater alles gut werden würde und sie ihn am nächsten Tag besuchen könnten. Sie schickte sie fernsehen und kam wieder zu mir zurück.
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Ich weiß, wie viel dir deine Arbeit … «
»Fay heiratet wieder, Ma.«
»Auch das hat mir deine Schwester erzählt«, antwortete sie mit schmerzlichem Gesichtsausdruck. »Wann denn?«
»Keine Ahnung. Was spielt das für eine Rolle? Sie hat ihre Entscheidung getroffen.«
Meine Mutter sah mich mit ihren dunkelbraunen Augen an. »Du wirst eine andere finden, Shay.«
»Keine Chance. Es geht immer schief mit mir und den Frauen.«
»Aber mit mir doch nicht.«
»Ja, aber du bist meine Mutter.«
»Schon«, sagte sie. »Aber es ist auch sonst nicht immer schief gegangen mit dir und den Frauen. Mit Fay nicht. Jedenfalls nicht, bevor du angeschossen wurdest.«
Ich stöhnte auf. Daran wurde ich nicht gerne erinnert. Jimmy war damals drei gewesen, Fay Assistenzärztin. Ich war gerade zum Detective befördert worden und jagte eine Bande von Autoknackern. Die Spur der Wagen, die am Flughafen Lindbergh Field gestohlen worden waren, führte zu einer illegalen Autowerkstatt in einem Lagerhaus in Normal Heights. Unterstützt von einer Spezialeinheit nahmen wir den Laden an einem heißen Julinachmittag hoch.
Wir stürmten gleichzeitig durch die Vorder- und die Hintertür. Ein paar Männer, die mit einem weißen Acura Integra beschäftigt waren, hoben brav die Hände. Doch die Watson-Brüder, die an einem zweiten, roten Integra werkelten, waren nicht so kooperativ. Clete, der ältere, war kein unbeschriebenes Blatt. Bei einer weiteren Verurteilung konnte er nicht mit Nachsicht rechnen. Als er aus einem Seitenfenster sprang, drehte sein jüngerer Bruder Royalton, dessen IQ knapp über schwachsinnig angesiedelt war, durch. Er hatte plötzlich eine Ruger Blackwark.357 Magnum in der Hand und zielte auf den Erstbesten. Auf mich.
Ich hatte Royalton nicht im Blick, da ich meine Pistole auf einen der Männer gerichtet hatte, die an dem weißen Acura arbeiteten. Bevor die Leute von der Spezialeinheit Royalton außer Gefecht gesetzt hatten, war ich schon zweimal getroffen. Die erste Kugel durchschlug meinen linken Oberschenkel und verletzte die Arterie. Der zweite Schuss, Royaltons letzte Tat auf Erden, traf mich im Rücken, als ich zu Boden ging. Die Schussweste rettete mir – wie Champion – das Leben. Aber die Wucht der Kugel so nahe am Rückgrat ließ mich für einen ganzen Tag das Bewusstsein verlieren.
Ich sah meine Mutter an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie hatte nie Nachsicht für meine Schwächen gezeigt, und ich machte mich auf eine Gardinenpredigt gefasst. Doch stattdessen verzog sie ihr liebenswertes Gesicht, rang die Hände, und Tränen traten ihr in die Augen. »Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass ich es bin, die an der ganzen Sache mit Fay schuld ist.«
»Was redest du da?«, erwiderte ich. »Ich weiß besser, wer schuld war, du bestimmt zuallerletzt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich werde vielleicht langsam alt, aber meine Gedächtnis ist noch tadellos. Es ist mir nicht entgangen, welchen Einfluss meine Anwesenheit auf dich hatte, als du nach der Operation an deinem Bein erwacht bist. Zuerst hast du mich gar nicht wahrgenommen. Du hast die Augen aufgeschlagen und hast nur Fay gesehen, die Jimmy auf dem Arm hatte. Beide sahen völlig verstört aus, vom Kummer ganz überwältigt. Und du hast darauf reagiert wie damals auf der Beerdigung deines Vaters.«
Das Bild von Christina stand mir wieder vor Augen, wie sie verloren den Sargträgern hinterherblickte. Dann sah ich mich selbst als kleinen Jungen, wie im Film. Ich schaute zu meiner Mutter auf, konnte
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