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Tradingpsychologie

Tradingpsychologie

Titel: Tradingpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Welz
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allem zwei Möglichkeiten, auf eine Bedrohung zu reagieren – Kampf oder Flucht. Eine weitere ist Erstarrung.
    Zur Vorbereitung auf diese Reaktionen nimmt der Körper physische Veränderungen vor: Das Stresshormon Adrenalin wird im verstärktem Maße ausgeschüttet, bestimmte Muskeln spannen sich an und werden vermehrt durchblutet, Herzschlag und Blutdruck erhöhen sich und die Schweißbildung nimmt zu. Der gesamte Körper ist in Alarmbereitschaft und mit entsprechender Energiezufuhr versorgt. Oberstes Prinzip – das eigene Überleben sichern!
    Zu Urzeiten wurden diese körperlichen Stressreaktionen in Form von Kampf oder Flucht aktiv umgesetzt. Die Auslöser dafür konnten der Angriff eines menschlichen Gegners ebenso sein wie die Bedrohung durch ein gefährliches Tier.
    Diese physischen Vorbereitungen auf lebensgefährliche Situationen sind zwar durchaus sinnvoll, aber der zivilisierte Mensch wird kaum noch solcherart bedroht.
    Heute ist die Kampf-Flucht-Reaktion bei der Bewältigung der meisten Stresssituationen nicht mehr hilfreich. Zwar erleben wir in unserem Alltag und auch beim Trading zahlreiche Stressmomente, aber diese tragen wir natürlich nicht kämpferisch aus, indem wir z.B. unseren Chef körperlich angreifen oder bei jedem Minus-Trade unseren Computer zerstören. Sondern wir übertragen diese Stressimpulse unbewusst auf das Börsengeschehen, indem wir einen indirekten Kampf mit dem Markt eingehen.
    Nicht abgebauter Stress in Form von Stresshormonen, Fett und Zucker, die nicht verarbeitet werden, kann unseren Körper durch Langzeitbelastungen schädigen. Denn die Stressreaktion ist von Natur aus nur als kurze Belastung für Gefahrensituationen angelegt. Heutige Stressoren sind aber meist über Stunden, Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre aktiv. Zum Beispiel in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Beruf oder auf existenzieller Ebene. Somit bleibt ein erhöhtes Stressniveau über lange Zeit bestehen, das nicht mit Bewegung, Ruhe oder Entspannung körperlich abgebaut wird. Dadurch bleibt der Körper ständig »unter Strom«. Der Organismus verliert sein natürliches Gleichgewicht und kehrt nur sehr schwer zu seinem normalen Ruheniveau zurück. Die Folge sind Gefäßveränderungen, Muskelanspannungen, Schlafstörungen und seelische Belastungen bis hin zum Burn-out-Syndrom und Depressionen sowie zahlreichen organischen Schäden.
    Beim Trading zeigen sich die drei von Cannon aufgestellten Handlungsmuster wie folgt:
Kampf: Übertrading, Positionserhöhung, Stopps löschen
Flucht: Vorschnell eine Position auflösen, Trades kurz vor Erreichen der Stopps glattstellen
Erstarrung: Handlungsunfähigkeit, Position nicht mehr beobachten, keine Trades mehr machen
    Stress durch Kontrollverlust
    Der Mensch hat das Bedürfnis, die Geschehnisse in seinem Leben zu kontrollieren. Was er nicht unter Kontrolle hat, verursacht ihm ein Gefühl von Unsicherheit.
    Trading ist geprägt von Unsicherheit, da es keinem festen System folgt. Die ständigen Kursbewegungen sind zufällig und werden vor allem durch die Emotionen der Beteiligten stark beeinflusst. Für unerfahrene Teilnehmer ist Trading deshalb oft Stress pur!
    Stress entsteht hier vor allem durch eine der beiden stärksten menschlichen Emotionen. Neben Liebe ist das die Angst. Die größte Angst des Menschen ist der Verlust seiner Existenz. Da dem Geld in der Gesellschaft der westlichen Hemisphäre eine sehr wichtige Bedeutung für die Existenz zukommt, löst Geldverlust bei vielen das Gefühl von Existenzangst aus. Ein weiterer, sehr wichtiger Angstauslöser beim Trading ist der Kontrollverlust.
    Sieht ein Trader zum Beispiel, dass sich ein Kurs negativ zu seinem eingegangenen Trade verhält, bewertet das Angstzentrum im Stammhirn (Reptiliengehirn) diese Situation automatisch als lebensbedrohliche Situation und zwingt den Trader im Zweifelsfall, durch unlogisches Verhalten ins Geschehen einzugreifen. Im Nachhinein bewertet der Trader diese Reaktion als unsinnig und kontraproduktiv zu seiner eigentlichen Absicht, profitabel zu traden.
    Auch andere typische Verhaltensweisen beim Traden werden oft durch Stress verursacht: Mit Spontan-Trades Verluste ausgleichen zu wollen, Stopps wahllos zu versetzen, zu löschen oder gar nicht erst zu platzieren. Gedankliches Einsinken in den Chartverlauf und dadurch den Gesamtüberblick zu verlieren. Umherspringen in den verschiedenen Zeiteinheiten, auf der Suche nach Chancen – statt Chancen auf Grundlage seines Regelwerks zu suchen.

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