Tradingpsychologie
mehr. Dahinter verbirgt sich der Wunsch, etwas wert zu sein. Denn wer weniger wert zu sein scheint als ein anderer, der wird weniger geliebt und hat weniger Vorteile in einer Gruppe. Dieses Programm trägt der Mensch schon seit zigtausend Generationen in sich. Heutzutage braucht der Verstand aktive Entscheidungen, um sich von diesem meist unbewussten Verhaltensmustern zu lösen. Da der Mensch ein soziales Wesen ist, war Zugehörigkeit früher überlebenswichtig. Entwicklungsbiologisch gesehen geht es beim Thema Sich-Vergleichen um Konkurrenz. Die Frage war in der Frühzeit: »Welchen Stellenwert habe ich innerhalb der Gruppe? Bin ich der Ernährer, der Erzeuger, das Oberhaupt?« Bei den Frauen ging es um andere Attribute, sie wollten sicher sein, dass sie und ihre Nachkommen wert sind, versorgt und beschützt zu werden.
Beim Vergleichen ging es damals physisch wie emotional ums Überleben, deshalb ist es auch heute noch ein starkes Bedürfnis des Menschen, sich gegenseitig zu prüfen. Während meiner langjährigen Ausbildung als Trainer für Persönlichkeitsbildung war eines der Hauptthemen das Sich-Vergleichen. Viele seelische Krankheiten finden ihren Ursprung in Vergleichssituationen: Burn-out, Depressionen, Empfinden von Lebensunlust oder gar Sinnlosigkeit. Permanente Vergleiche, seien sie von anderen und von einem selbst, und die damit verbundene Destruktivität können beim Menschen starke Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Wertlosigkeit erzeugen. Der vergleichende oder verglichene Mensch glaubt, nicht anzukommen – weder bei anderen noch bei sich selbst. Er richtet den Fokus zu sehr auf andere und verliert so den Bezug zu seinen Wertvorstellungen. Doch andere sind und bleiben andere und sind daher weder erreichbar noch vergleichbar.
Die Fragen, die man sich stellen sollte, müssen auf einen selbst gerichtet sein: »Was kann ich gut?« »Was sind meine Talente?« »Wo liegen meine Grenzen?« »Was macht mich zufrieden?« »Worum geht es mir?« »Was macht mich glücklich?« »Was sind meine Ziele?« »Was gibt mir Sinn?« »Was fühlt sich für mich leicht an?« »Was brauche ich, um mich gut zu fühlen«. Und für das Trading: »Verbessert es meinen Handelsstil?« »Fühle ich mich damit beim Trading entspannter?«, »Erziele ich damit bessere Ergebnisse?«
Wer einmal erleben möchte, wie gut es sich anfühlt, sich nicht mehr mit anderen vergleichen zu müssen, dem sei folgende Übung ans Herz gelegt: Gehen sie bewusst immer wieder mit dem Satz im Herzen durch den Tag: »So wie ich bin, bin ich absolut gut und liebenswert.« Dem Vergleich werden dadurch Berechtigung und Energie entzogen!
Warum erlauben wir uns eigentlich, uns ständig mit anderen zu vergleichen? Tatsache ist, dass wir gar nicht wirklich wissen, was andere von uns denken, wir befürchten nur, dass sie Schlechtes über uns denken. Meistens ist es unsere eigene Interpretation, es ist unsere eigene Sichtweise auf die Dinge, nicht die der anderen! Fest steht, dass wir beim Vergleich immer schlechter abschneiden als geplant, weil wir den Fokus immer auf das richten, was wir nicht haben oder nicht können. Einem unbekannten Trader ist es aber vollkommen egal, welche Rendite wir erwirtschaften, ob wir eine große Bewegung oder einen Crash vorhergesehen haben oder wissen, wie die Märkte sich aufgrund der technischen Analyse nun weiter entwickeln werden.
Jeder kann wählen: » Worauf schaue ich?! « Als ich einst argentinischen Tango lernte, hatten alle Schüler Angst, sich zu blamieren, wenn sie zu den Tanzabenden mit den Profis kommen sollten. Viele ließen es genau deswegen sein. Mein großartiger Tanzlehrer Alejandro sagte zu uns dann: »Ihr braucht keine Angst zu haben. Die Besseren vergleichen sich immer mit den noch Besseren, nie mit den Schlechten!« Beim nächsten Tanzabend waren alle Schüler anwesend.
Das Suchen am Negativpol – was das Vergleichen nun mal ist – tut immer weh und man ist selbst dabei meistens der Verlierer. Man ist sozusagen Täter und Opfer in einer Person. Aber es sind nur unsere Gedanken. Mehr nicht. Mit unseren Gedanken kreieren wir die Realität. Wichtig ist hierbei, sich immer wieder bewusst zu machen: Es ist nicht die Realität, sondern nur unsere Realität. Jeder hat es in jeder Sekunde seines Lebens selbst in der Hand – unfrei oder frei zu sein. Man muss sich nicht alles glauben, was man denkt!
Zum Abschluss noch ein Satz, der dieses Thema gut auf den Punkt bringt:
Immer wieder gibt der Mensch Geld
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